Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wanted

Wanted

Titel: Wanted Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
befreien, darauf mochte ich wetten. Fraglich blieb, was sie bei der Gelegenheit mit mir machen würden.
    Vielleicht, wenn ich mich mit Aisha anfreundete . In aller Formvollendung, versteht sich.
    Der Vorhang aus Decken wies bei näherer Betrachtung zwei Löcher auf, wahrscheinlich Brandlöcher von nachlässig gehandhabten Zigarren. Eins in Hüft-, eins in Augenhöhe. Leise trat ich ans Gitter und riskierte einen Blick durch das obere. Und ein Finger mit scharfem Nagel stach mir heftig ins Auge.
    »Aaaahuuu!«, jaulte ich, »aaah, mein Auge, o Gott! Mein Auge! Es läuft aus!« Zählte bis drei und piekste dann meinerseits mit steifem Finger durch das Loch.
    »Bist du verrückt geworden?«, raunte Shits und knuffte Toller Hund in die Seite. »Ausgerechnet in Anwesenheit von einem von denen -«, Shits deutete mit dem Kinn auf Mandoneys schwankende, schwer auf Bro Hos breite Schultern gestützte Gestalt, »- davon anzufangen, vom Fremden und dem Kreis aus Eisen zu fantasieren? Willst du, dass wir alle auf dem Stiefelhügel enden?«
    Sie querten die Hauptstraße vom Saloon in Richtung Büro des Sheriffs, wo der Doc die Operation durchführen sollte.
    Toller Hund half beim Tragen eines wichtigen Teils der Ausrüstung und murmelte eine Entschuldigung.
    Die Sonne versank in rotem Glühen, und die Tiere der Nacht wetzten ihre Klauen und ölten ihre Sechsschüsser. Ein paar hoben die Stimme, und wer immer sie vernahm, wünschte, sie hätten es sein lassen.
    »Da, hör dir das an«, meinte Shits. »So ähnlich hast du auch geklungen, letzte Nacht. Nur . schauerlicher.«
    »Still«, hauchte Toller Hund und stoppte, lauschend.
    Irgendwo in der rasch fallenden Dunkelheit, die direkt vor den letzten Bretterwänden der Stadt begann, irgendwo da draußen, nur so eben, nur einen Schritt außerhalb der Reichweite auch des besten Gewehres, machte ein Tier der Nacht seinem Herzen Luft, und sein Ruf klang hohl wie die Trauer und die Einsamkeit und gleichzeitig schrill wie der Schrei nach Vergeltung.
    »So heult nur einer«, flüsterte Toller Hund. »El Lobo!«
    »Ahuuiii!«, heulte ich, als sich zwei kräftige Zahnreihen blitzartig in meinen ausgestreckten Finger gruben. Ich musste mich mit einem Fuß gegen das Gitter stemmen, um ihn zurückzubekommen, meinen Finger, und hatte noch Glück, dass er an einem Stück geblieben war.
    Dies, sagte ich mir, eine Hand unter die Achsel geklemmt, Ballen der anderen auf mein schmerzendes Auge gepresst, fühlt sich nicht an wie der Beginn einer formvollendeten Freundschaft. Und nach dem Loch in Hüfthöhe mochte ich nicht mal mehr aus der Entfernung schielen. War eh nur so ein Gedanke gewesen. Vergiss es, sagte ich mir und hockte mich auf meine Pritsche. Vergiss es ganz schnell, sagte ich mir, als die Türe mit dem üblichen Krachen aufflog und eine kleine Prozession hereinschneite.
    Zuallererst kam Mandoney, blass, den rechten Arm in einem dicken Verband und einen Ausdruck in den grauen Augen, der mich zweifeln ließ, ob ich wirklich seine Genesung wünschte, gefolgt vom Sheriff, der einen Mann mit grünlicher, von Bändern gehaltener Pickelhaube hereinführte. Ihm folgte Bro Ho mit einem Arztköfferchen in der einen und einer großen Flasche ohne Etikett und einem Trichter in der anderen Hand. Schließlich betrat noch Shits den Raum und machte die Türe hinter sich zu. Seinen Kopf zierte ein schwarzer Zylinder, seine weiß behandschuhten Finger kneteten ein Maßband. Taxierend sah er mich an.
    Ich wartete auf ein Zeichen von ihm, irgendeinen Hinweis, dass er und die Jungs etwas zu meiner Befreiung geplant hatten, doch er schien an mir nur als angehender Kundschaft interessiert, also wandte ich den Blick von ihm ab. Mein ganzes Augenmerk galt nun, und von nun an nur noch, dem Mann mit der Pickelhaube.
    »Doc Tatters«, stellte ihn der Sheriff vor. »Unsere medizinsche Kapazität. Und das hier ist Shits, der gerne ein paar Angaben zu Größe und Gewicht von dir hätte.«
    Shits trat näher. Ich konnte meinen Blick einfach nicht mehr von dem Doc lösen.
    »Sechs Fuß groß, hundertsechzig Pfund schwer«, sagte ich, ungefragt. Denn mein Leben war verwirkt.
    »Ist schon zweimal vom Blitz getroffen worden, der Doc«, vertraute Shits mir an, ungefragt.
    »Ah«, sagte ich. Das erklärte einiges. Zum Beispiel dieses wilde Zucken, das in Abständen durch sämtliche Gliedmaßen des Doktors fuhr.
    »Trägt den komischen Hut zum Schutz vor weiteren Blitzen.«
    »So«, sagte ich. Das erklärte das andere.
    »Leg

Weitere Kostenlose Bücher