War da noch was - Roman
kurzzeitig sogar von meinen eigenen Sorgen abgelenkt.
Seffy zuckte mit den Schultern. »Schon okay. Kommt ein bisschen sehr selbstzufrieden rüber, aber wenn man sich mit ihm unterhält, ist er ganz in Ordnung.«
»Na ja, ihr scheint euch jedenfalls gut genug zu verstehen, um zusammen Tennis zu spielen.«
»Laura hat mich darum gebeten. Ich glaube, sie hat es ganz gerne, wenn er mal aus dem Haus ist. Da konnte ich ja schlecht nein sagen, oder? Und ich hatte sowieso nichts anderes zu tun.«
Er schlug mit dem Schlägerkopf auf den Boden und mir kam der Gedanke, dass es vielleicht gar nicht so lustig war, wie es sich anhörte, wenn man von der Schule nach Hause geschickt wurde. Was natürlich genau der Grund war, warum sie es taten. Um das Nachdenken zu fördern.
»Es tut mir echt leid, Mum«, sagte er ziemlich kleinlaut. »Es war eine ziemlich bescheuerte Idee von mir. Tut mir leid, dass ich so ein Loser bin.«
Erleichterung, Liebe, Freude ließen mir das Herz aufgehen. Mehr brauchte es nicht, um mich zu bremsen, mich weich zu machen, sodass ich ihn in die Arme nahm und fest an mich drückte. Eine Umarmung, bei der Seffy mich bereits weit überragte. Er hielt den dunklen Haarschopf gesenkt und ich konnte sein Herz schlagen hören.
»Du bist kein Loser«, sagte ich mit Nachdruck. »Du hast nur die Zeit vergessen, das ist alles.« Ich war sofort
auf seiner Seite. »Und ich bin entsetzt, dass sie nicht anständig durchgezählt und sich nicht auf die Suche nach dir gemacht haben. Es ist vollkommen unverantwortlich, dass der zuständige Lehrer ohne dich abgefahren ist. Unverzeihlich – und das werde ich ihnen auch sagen.«
Er zuckte wieder mit den Schultern, und wir gingen weiter. »Tja, der hat jetzt auch ein Problem. Aber jeder macht mal einen Fehler. Mir wäre es lieber, du würdest da keinen Aufstand machen, Mum.«
»Nein. Nein, du hast recht.« Ich stimmte ihm zu. »Wenn du das nicht willst, dann werde ich es auch nicht tun. Schließlich ist es ja nichts wirklich Ernstes, oder?« Ich musterte ihn besorgt. »Du bist ja nur für ein Paar Tage nach Hause geschickt worden.«
»Bis zum Ende der Woche, aber dieses Wochenende ist ein Heimfahrwochenende, deswegen sind es insgesamt zehn Tage.«
Natürlich, das kommende Wochenende war ein Heimfahrwochenende. Das war gut, denn so würden alle zusammen in die Schule zurückkommen, und umso leichter würde Gras über die Sache wachsen. Seffy würde nicht plötzlich wieder im Unterricht auftauchen. Ivan hatte recht, es hätte viel schlimmer kommen können. Erleichtert atmete ich aus, und langsam entspannte ich mich wieder.
»Und das Mädchen? Hat sie großen Ärger gekriegt?«
»Ein bisschen, aber sie war natürlich nicht so weit von zu Hause entfernt wie ich. Sie ist nur ungefähr eine Stunde zu spät zurückgekommen und konnte sich hineinschleichen, ohne dass sie gesehen wurde.«
»Okay. Kenne ich sie?«
»Du hast sie schon mal getroffen, glaube ich. Cassie Forbes?«
Ich blieb stehen. »Cassie Forbes? Cassie Forbes? « Mein Kopf fuhr herum. Ich starrte ihn an. Seine Augen waren undurchsichtig. Undurchdringlich. Aber zugleich war da etwas Scharfes, etwas Wissendes. Ich spürte, wie Wut in mir hochstieg.
»Oh, was bist du nur für ein Dummkopf. Warum musst du denn ausgerechnet mit der rummachen?« Die hässlichen, bösen Worte sprudelten aus mir heraus, bevor ich sie stoppen konnte. Sofort gingen bei Seffy die Klappen runter.
»Wir haben nicht rumgemacht, wir haben geredet. Und überhaupt, was hast du eigentlich gegen sie? Sie ist ein nettes Mädchen, das hast du selbst gesagt.«
»Ja, ja.« Ich atmete schwer und fuhr mir rasch mit den Fingern durchs Haar. »Sie ist ein nettes Mädchen. Ich weiß nicht, warum …« Aber ich wusste es genau. Ich wusste, warum. Das Kind von Dominic und Letty. Ich wollte nicht, dass er … »Tut mir leid. Vergiss es, Seffy«, sagte ich kurz angebunden. Aber mein Sohn war noch nicht fertig.
»Wo liegt das Problem, Mum? Warum reagierst du so heftig?«
»Kein Grund, gar kein Grund, du hast völlig recht. Es ist lächerlich. Und ihr seid ja nur Freunde, das ist alles wunderbar. Lass uns jetzt reingehen. Sieh mal, da ist Laura. « Ich hatte sie durch das Küchenfenster entdeckt.
»Na ja, im Moment sind wir nur Freunde, aber ich mag sie wirklich gern. Sie ist echt nett. Und sieht gut aus.«
Ruhig bleiben, ganz ruhig bleiben. Irgendwie war mir klar, dass er den Köder auswarf, ihn direkt vor meiner Nase baumeln ließ, um mich
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