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War da noch was - Roman

War da noch was - Roman

Titel: War da noch was - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Alliott
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diesem ersten flüchtigen Kuss im Flur, zum ersten Mal richtig.

30
    D as Haus, das ich besichtigte, war nach allgemeinem Maßstab geräumig, aber für meine Verhältnisse war es geradezu gigantisch. Es lag in Notting Hill, einer Gegend, die ich nicht allzu gut kannte, an die ich mich aber rasch gewöhnen würde, wie ich beschloss, während ich mich über das schmiedeeiserne Balkongeländer im ersten Stock beugte und auf den umzäunten Garten hinabblickte. Ein kühles Refugium voller zartgelber Platanen und üppiger herbstlich gefärbter Pflanzen leuchtete mir entgegen: eine geschmackvolle Oase zwischen angesagten Bars und Läden, die nur einen kurzen Fußmarsch entfernt lagen. Ich sog die Luft in mich ein und genoss die vornehme Atmosphäre, während ich zu der Reihe identischer mit weißem Stuck verzierten Häuser hinüberblickte. Vier Stockwerke, ein paar Stufen, die zu dem Eingangsbereich hinaufführten, dessen Vordach von Säulen getragen wurde. Unter dem Vordach befand sich die Haustür mit glänzendem Türklopfer aus Messing, es gab drei hohe Fenster im ersten Stock, die auf einen Balkon mit reich verziertem Geländer hinausführten, genau wie der, auf dem ich gerade stand. Ähnlich, doch bei genauerem Hinsehen waren die Häuser auf unglaublich subtile und feine Weise alle unterschiedlich. Je nachdem, wie die Buchsbaumhecke im Vorgarten gepflanzt war, welche teuren Rankpflanzen aus den Blumenkästen vor
den Fenstern sprossen oder welche Farbe die Eingangstür hatte. Drinnen waren die Räume sicher auch unterschiedlich geschnitten. Hinter mir hob Torquil, der Makler, die besonderen Vorzüge dieses speziellen Hauses hervor.
    »Funktionsfähige Kamine im Speisezimmer und auch hier im Wohnzimmer natürlich sowie bodentiefe Fenster in allen Räumen, die nach Süden gehen. Dieser Raum hier ist übrigens fünfundvierzig Quadratmeter groß, falls Sie das interessiert. Oben gibt es fünf Schlafzimmer, was zusammen mit der Küche und dem Esszimmer unten eine Wohnfläche von insgesamt dreihundertundzehn Quadratmetern ergibt. Ein rundherum beeindruckendes Objekt, wie Sie mir sicher zustimmen werden.«
    Das war es in der Tat. Beeindruckend. Ganz besonders im Vergleich zu meinem eigenen kleinen Objekt in Fulham. Und noch dazu so viele Quadratmeter Luftraum, dachte ich, als ich wieder nach drinnen trat und den Kopf in den Nacken legte, um die reich verzierte Stuckrosette in der Mitte der Decke zu betrachten, hoch droben, meilenweit entfernt in der Stratosphäre. Ich dachte an meine mickrigen Deckenbalken zu Hause. Aber Hal hatte gesagt, ich sollte mich nach etwas mit großzügigen Proportionen umsehen. Und genau das hatte ich getan.
    Hal war in Zürich oder nein, in Genf, glaube ich. Am letzten Punkt einer längeren Geschäftsreise, wo er millionenschwere Verträge unter Dach und Fach brachte, während ich, die teuer gekleidete Freundin, den Immobilienmarkt sondierte. Ich schaute mich mal ganz unverbindlich um, wie man so schön sagt. Was natürlich alles ziemlich überstürzt war, wenn man bedachte, dass er mich vor – wie vielen? – zehn Tagen überhaupt das erste Mal richtig geküsst hatte. Klar, war seitdem auch noch einiges
mehr gelaufen als nur Küssen, aber dennoch: dass ich hier stand in dem neuen Marc-Jacobs - Mantel, den er mir gekauft hatte, und in meinen spitzen, schwarzen Lackstiefeln, und mir protzige Londoner Häuser anschaute, war zweifellos schnell. Aber ich möchte ganz klar hinzufügen, dass es auf Hals Bestreben hin geschah, nicht auf meins. Er war es, der nichts anbrennen ließ. Er war voller Elan und Tatendrang, während ich ja eher zu Abwarten und Tee trinken neigte.
    Aber ich kam mir ein bisschen unecht vor, wie ich so als teuer gekleidetes Luxus-Frauchen Häuser besichtigte, die ich mir nicht in meinen wildesten Träumen vorgestellt hätte. Es hatte etwas Unwirkliches an sich, als würde ich durch eine Wand aus Glas schauen.
    Ich persönlich fand ja, dass sein Haus in Holland Park, in dem ich mich schon ganz zu Hause fühlte, nachdem ich bereits eine Reihe von Nächten dort verbracht hatte, völlig ausreichend gewesen wäre. In den letzten Tagen war ich morgens erhitzt und verblüfft in seinem schicken hölzernen Gondelbett aufgewacht und hatte das riesige moderne Gemälde an der Wand gegenüber bestaunt. Ein angenehmes Gefühl von Luxus und Großzügigkeit hatte mich eingehüllt. Aber, wie Hal sagte, hatte das Haus eine Geschichte. Ich muss zugeben, dass ich mich ein bisschen schuldig fühlte,

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