Warm Bodies
Zeilen sind unpassend, nicht im Takt, und werden von Kratzern unterbrochen, als risse Bindegewebe, aber der Klang ist einwandfrei. Franks butterweicher Bariton sagt es besser als mein Krächzen es je vermöchte, selbst wenn ich das Rednertalent eines Kennedy hätte. Ich stehe über der Platte, schneide und klebe aus dem Inneren meines Herzens eine Collage, die die Luft weiterträgt.
I don’t care if you are called- kratz -when people say you’re- kratz -wicked witchcraft- kratz -don’t change a hair for me, not if you- kratz -’cause you’re sensational- kratz -you just the way you are- kratz -you’re sensational … sensational … That’s all …
Ich lasse die Platte jetzt einfach weiterlaufen und hocke mich wieder vor Julie. Sie starrt mich mit feuchten, rotgeränderten Augen an. Ich presse meine Hand gegen ihre Brust und spüre das zarte Klopfen drinnen. Eine leise Stimme, die verschlüsselt spricht.
Julie schnieft. Sie reibt sich die Nase. »Was bist du?«, fragt sie mich zum zweiten Mal.
Ich lächele ein bisschen. Dann stehe ich auf und steige aus dem Flugzeug, lasse ihre Frage im Raum schweben, nach wie vor unbeantwortbar. In meiner Hand kann ich immer noch das Echo ihres Pulses spüren, und er tritt an die Stelle von dem, was mir fehlt.
In dieser Nacht, als ich auf dem Boden von Gate 12 liege, schlafe ich ein. Der neue Schlaf ist anders, klar. Unsere Körper sind nicht »müde«, wir »ruhen« nicht. Hin und wieder jedoch, nach Tagen oder Wochen erbarmungslosen Bewusstseins, können unsere Gedanken die Last einfach nicht mehr tragen und wir brechen zusammen. Wir gestehen uns zu, zu sterben, abzuschalten und Stunden, Tage, Wochen an nichts mehr zu denken. Wie lange es halt dauert, die Elektronen unseres Es neu aufzuladen, uns selbst ein bisschen länger intakt zu halten. Es ist nichts Friedliches oder Schönes daran; es ist hässlich und unausweichlich, eine eiserne Lunge für die röchelnden Hüllen unserer Seelen, doch heute Nacht … geschieht etwas anderes.
Ich träume.
Unterentwickelt, finster, zu Sepia verblasst wie ein jahrhundertealter Film flackern Szenen aus meinem alten Leben in die Leere meines Schlafs. Amorphe Gestalten gehen durch zerfließende Türen in schattenhafte Räume. Stimmen kriechen durch meinen Kopf, sie sind dunkel und verwischt wie von trunkenen Riesen. Ich treibe allen möglichen Sport, ich schaue zusammenhangslose Filme, ich rede und lache mit anonymen Schattengestalten. Zwischen diesenunscharfen Schnappschüssen eines ungeprüften Lebens scheinen Fetzen eines Zeitvertreibs auf, irgendeiner Leidenschaft, die vor langer Zeit auf dem blutdurchtränkten Altar des Pragmatismus geopfert wurde. Gitarre? Tanzen? Motocross? Was immer es war, es gelingt ihm nicht, den dichten Nebel zu durchdringen, der meine Erinnerungen erstickt. Alles bleibt dunkel. Leer. Namenlos.
Mittlerweile frage ich mich, woher ich komme. Die Person, die ich jetzt bin, dieser linkische, stolpernde Bittsteller … wurde ich auf den Grundmauern meines alten Lebens errichtet oder bin ich etwa dem Grab wie eine unbeschriebene Tafel entstiegen? Wie viel ist Erbe und wie viel meine eigene Schöpfung? Fragen, die einmal bloß müßige Grübeleien waren, werden plötzlich seltsam drängend. Bin ich dem verhaftet, was einmal war? Oder habe ich die Wahl? Kann ich abweichen?
Ich wache auf und starre an die hohe Decke. Die Erinnerungen, leer, wie sie ohnehin waren, lösen sich gänzlich auf. Es ist immer noch Nacht, und ich kann hören, wie meine Frau und ihr neuer Liebhaber es hinter der Tür eines Mannschaftsraums treiben. Ich versuche, sie zu ignorieren. Einmal bin ich schon reingeplatzt. Ich hatte Geräusche gehört, die Tür stand sperrangelweit offen, also bin ich rein. Sie waren nackt, rammten ihre Körper unbeholfen gegeneinander, ächzten und grapschten nach dem fahlen Fleisch des anderen. Er war schlaff. Sie war trocken. Sie musterten einander so verwirrt, als hätte eine unbekannte Macht sie in dieses feuchte Durcheinander aus Gliedern gestoßen. ›Wer zum Teufel bist du?‹, schienen ihre Blicke zu fragen, während sie zappelten und zuckten wie Marionetten aus Fleisch.
Sie hörten nicht auf, sie reagierten nicht mal, als sie mich dort stehen sahen. Sie glotzten mich einfach an und rieben sich weiter. Ich nickte und ging zurück zum Gate,und das war der Tropfen, der meinen Kopf zum Überlaufen brachte. Ich rollte mich auf dem Boden zusammen und schlief.
Ich weiß nicht, warum ich nach nur ein
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