Warum aendert sich alles
StraÃen und HochstraÃen zu lösen. Die Zwischenräume werden durch Parkplätze beansprucht â alles hoffnungslos für uns Urbanisten. Die einzige Möglichkeit für die Menschen liegt auÃerhalb unserer eigentlichen Zuständigkeit als Stadttechniker, sie liegt, bitte lachen Sie nicht, auÃerhalb der Wirklichkeit, im Ikonischen. Die Imperative der Ãkonomie, ihrer Produktion und ihrer Zirkulation und ihres Konsums, sie sind von eiserner Härte, niemand soll noch seine Gedanken darauf verschwenden, wie aus dem Pflaster der StraÃen und dem Beton der Häuser Blumen wachsen können. Aber in den Bildern, meine Damen und Herren, gibt es keine Pflastersteine und keinen festen Beton mehr, sondern nur noch die unendliche Macht der Einbildungskraft â »imagination au pouvoir«, Bilder, Bilder, Bilder. Geben Sie den desolaten Existenzen in den Städten und Vorstädten einen nie endenden Fluà von Bildern, 10, 100, 1000 Fernsehprogramme, gewaltige Kinopaläste und neue Museen, und sie werden die aufzüngelnden Unruhen ohne Polizei einfach aus dem Inneren, aus der Psyche der Menschen selbst, niederhalten und beschwichtigen. Täglich neue Bilderfluten aus dem Okzident und Orient, Gewalt und Sex, Berge, Tiere, die sich bekämpfen und begatten, das Meer und die Korallen und Quallen, schleusen Sie alles in das BewuÃtsein unserer Bevölkerung, und es wird Ruhe einkehren, und die Ruhe ist, wie Sie wissen, das höchste Gut der Menschheit und der Städte. Um die Medien in Film und Fernsehen brauchen wir unsnicht zu sorgen, die private Industrie erfüllt ihre Pflichten vorbildlich. Was tun mit den Fremden, die in die Stadt kommen und sehen, daà sie nur sehen, was ihren Sehsinn verletzt und nicht fotografierbar ist? Baut Häuser für unbewegte Bilder und lenkt sie dort hinein. Man sollte nicht nur in den Zentren der berühmten Städte neue Museen eröffnen, sondern auch in der Peripherie, selbst in Unstädten ohne Zentrum. Es genügt die Investition in einen Museumsbau der letzten Mode, sodann drei, vier Werke von Picasso oder van Gogh und ein Rembrandt, daneben hundert sekundäre und fünfhundert lokale GröÃen, schon ist die internationale Aufmerksamkeit und damit auch die lokale gesichert, die Bilder erhöhen das SelbstbewuÃtsein, die Touristenströme werden hergelenkt, und das Elend der gesichtslosen Existenz wird für ein, zwei Stunden vergessen.«
»Vielen Dank für diesen Vorschlag! Gibt es Gegenstimmen? Das ist nicht der Fall. Also haben wir eine ikonische Wende in unserer Stadtplanung beschlossen und finanzieren ein Museum von weltweiter Ausstrahlung. Die Sitzung, meine Damen und Herren, ist hiermit geschlossen.«
Feines Deutschtum
Hans-Georg Gadamer offenbarte 1942 bei einem Vortrag im besetzten Paris folgende Unwahrheit: Die politische Verspätung des deutschen Volkes sei, so belehrte er die Franzosen in einer nach 1945 gestrichenen Passage, »die Voraussetzung dafür, daà der deutsche Begriff des Volkes im Unterschied zu den demokratischen Parolen [ ein Begriff, viele Parolen, RB] des Westens in einer veränderten Gegenwart die Kraft zu neuer politischer und sozialer Ordnung erweist. [...] was es von allen anderen Völkern Europas abhebt und vor ihnen auszeichnet: die Tiefe und Weite seines geschichtlichen SelbstbewuÃtseins. [...] Es lebt aus der ganzen Weite seiner weltgeschichtlichen Herkunft: aus der Leidenschaft der griechischen Polis so gut wie aus der Treue der germanischenFrühzeit, aus dem Reichsgedanken des deutschen Mittelalters so gut wie aus den groÃen Augenblicken seiner politisch-nationalen Einheit in der neueren Geschichte.« Friedrich Nietzsche hatte schon 1872 (Sedan 1870!) zeitgemäà geäuÃert: »Jetzt endlich darf der deutsche Geist, nach seiner Heimkehr zum Urquell seines Wesens, vor allen Völkern kühn und frei, ohne das Gängelband einer romanischen Zivilisation, einher- zuschreiten wagen: wenn er nur von einem Volke unentwegt zu lernen versteht, von dem überhaupt lernen zu können schon ein hoher Ruhm und eine auszeichnende Seltenheit ist, von den Griechen.«
Gadamer entwickelte in Wahrheit und Methode eine allgemein ersehnte und auÃerordentlich erfolgreiche Hermeneutik, die beide Versionen, den ursprünglichen Text und seine Streichung, aus dem wechselnden Horizont der Zeit begreifen und rechtfertigen lieÃ. So steht es mit der
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