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Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition)

Titel: Warum französische Kinder keine Nervensägen sind: Erziehungsgeheimnisse aus Paris (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pamela Druckerman
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in Becher oder Tassen schütten. Die Kinder dürfen ihre Schokolade bei Tisch selbst süßen.
    Schnelle Frühstücksschokolade
    In einem großen Becher vermische ich 1 TL Kakaopulver und etwas Milch zu einer Paste. Den Becher zwei Minuten in die Mikrowelle stellen oder so lange, bis die Schokolade sehr heiß ist. 1 TL Zucker unterrühren. Etwas von diesem Kakaokonzentrat auf mehrere Becher verteilen, mit kalter oder zimmerwarmer Milch aufgießen. Mit knusprigem Baguette oder Toastbrot servieren.

»Ich entscheide!«
    Leo, der dunkle Zwilling, ist von der ganz schnellen Truppe. Damit meine ich nicht, dass er hochbegabt ist, sondern nur, dass er sich doppelt so schnell bewegt wie Normalsterbliche. Schon im Alter von zwei Jahren hat er eine richtige Sprinterfigur und saust von Zimmer zu Zimmer. Er spricht auch schnell. Als Bean Geburtstag hat, beginnt er zu singen: »Hayppybirthdaytoya!«, schrill und quietschend. Das ganze Lied ist in wenigen Sekunden vorbei.
    Es ist sehr schwer, diesen kleinen Tornado in den Griff zu bekommen. Schon jetzt läuft er mir mehr oder weniger davon. Wenn ich mit ihm in den Park gehe, bin auch ich ständig in Bewegung. Er scheint Spielplatzumzäunungen als Einladung zu betrachten, sie zu überwinden.
    Das mit am Beeindruckendste und wahrscheinlich Schwierigste an der französischen Erziehung ist Autorität. Viele französische Eltern aus meinem Bekanntenkreis besitzen eine natürliche Autorität gegenüber ihren Kindern, um die ich sie nur beneiden kann. Die Kinder hören tatsächlich auf sie. Französische Eltern müssen nicht ständig hinter ihren Kindern herrennen, auf sie einreden oder lange mit ihnen verhandeln. Aber wie genau stellen sie das an? Und wie kann ich mir diese magische Autorität ebenfalls aneignen?
    Eines Sonntagvormittags bekommt meine Nachbarin Frédérique mit, wie ich versuche, Leo bei einem gemeinsamen Parkbesuch mit unseren Kindern zu bändigen. Frédérique ist eine Reisebürokauffrau aus dem Burgund. Sie ist Mitte vierzig, hat eine heisere Stimme und eine pragmatische Art. Nachdem ihr jahrelang alle möglichen bürokratischen Hürden in den Weg gelegt wurden, hat sie Tina, eine wunderhübsche rothaarige Dreijährige aus einem russischen Waisenhaus, adoptiert. Als wir unseren gemeinsamen Ausflug machen, ist sie gerade mal seit drei Monaten Mutter.
    Doch schon unterweist mich Frédérique in éducation . Allein, weil sie Französin ist, hat sie eine ganz andere Auffassung davon, was possible und was pas possible ist. Das zeigt sich am Sandkasten. Frédérique und ich sitzen auf der Sandkasteneinfassung und versuchen, uns zu unterhalten. Aber Leo saust immer wieder durch das Tor der Spielplatzumzäunung. Bei jedem Mal stehe ich auf, um ihn einzufangen, und schleife ihn schimpfend zurück, während er lauthals schreit. Das ist nervig und anstrengend.
    Frédérique beobachtet dieses kleine Ritual schweigend und sagt dann irgendwann kein bisschen herablassend, dass wir hier nicht gemütlich sitzen und plaudern können, wenn ich ständig hinter Leo herrenne.
    »Stimmt«, sage ich. »Aber was bleibt mir anderes übrig?«
    Frédérique sagt, ich solle strenger mit Leo sein, damit er begreift, dass er den Sandkasten nicht verlassen darf. »Sonst musst du ihm die ganze Zeit hinterherrennen, und das geht doch nicht!« Aus meiner Sicht ist das unvermeidbar, aus ihrer pas possible .
    Frédériques Strategie hört sich in meinen Ohren nicht sehr vielversprechend an. Ich wende ein, dass ich ja schon seit zwanzig Minuten mit Leo schimpfe. Frédérique lächelt. Sie sagt, ich müsse klarer Nein sagen und wirklich daran glauben.
    Als Leo das nächste Mal die Umzäunung verlässt, sage ich schärfer Nein als sonst. Er läuft trotzdem davon. Ich folge ihm und schleife ihn zurück.
    »Siehst du?«, sage ich zu Frédérique. »Es geht nicht.«
    Frédérique lächelt erneut und sagt, mein Nein müsse überzeugender werden. Mir fehle der Glaube, dass er auf mich hört. Sie rät mir, nicht zu schreien, sondern mehr Überzeugung in meine Stimme zu legen.
    Ich habe Angst, ihn zu verängstigen.
    »Mach dir deswegen keine Sorgen!«, drängt mich Frédérique.
    Beim nächsten Mal hört Leo auch nicht auf mich. Aber ich spüre, dass meine Neins langsam überzeugender klingen. Sie sind nicht laut, aber selbstbewusst. Ich habe das Gefühl, einen ganz anderen Elterntypus zu verkörpern.
    Beim vierten Versuch, als ich nur so strotze vor Überzeugungskraft, geht Leo auf das Tor zu, macht es aber

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