Warum Machst Du Mich Nicht Gluecklich
Sie brauchen. Na gut, irgendwie ist das ja auch eine Form von Gerechtigkeit: Wenn Sie selbst schon nicht das Verständnis erhalten, nach dem Sie sich sehnen, kriegt es der anderewenigstens auch nicht!« Die beiden stutzen und grinsen sich dann an. Doch es dauert noch viele Sitzungen, bis es ihnen mögli ch ist, zu spüren, was sie brau chen, ohne sofort den anderen für die Erfüllung dieses Bedürfnisses verantwortlich zu machen.
Antonia und Tobias wünschen sic h nichts sehnlicher als das Ver ständnis des anderen. Nur leider können sie sich genau das nicht geben nicht, weil sie den anderen nicht verstehen würden, das ist gar nicht das Problem. Sondern weil sie in dem Irrglauben gefangen sind, dass sie verpflichtet sind, das Bedürfnis des anderen zu erfüllen, sobald sie es verstehen . Antonia glaubt, sie müsse ihren Wunsch nach Tobias' Aufmerksamkeit aufgeben, sobald sie Verständnis dafür hat, dass er müde und erschöpft ist. Dann dürfe sie ihn auch in der Beratung nicht noch mit schwierigen und anstrengend en Themen behelligen. Aber genau deshalb ist sie doch hier, damit sie endlich mit ihm über diese Probleme sprechen kann. Also ärgert sie sich über seine geschlossenen Augen. Und Tobias glaubt, dass es ihn verpflichten würde, frisch, wach und aufmerksam zuzuhören, wenn er Antonias Bedürfnis nach ungeteilter Aufmerksamkeit akzeptiert. Weil er in diesem Moment zwar zuhören, aber nicht so tun kann, als ob er keine Kopfschmerzen hätte, kann Antonia aber von ihm lei der kein Verständnis für ihr Be dürfnis erwarten. Im Gegenteil. Wenn er sie daran erinnert, dass sie ja mit an seinem Zustand schuld ist, wird sie wohl hoffentlich diesen unverschämten Anspruch aufgeben ... Was eigentlich wie eine gute Idee klingt, nämlich dem anderen unmissverständlich zu zeigen, wie sehr man unter einem unerfüllten Bedürfnis leidet, und davon auszugehen, dass er es dann sofort befriedigen muss, das hat in der Praxis viele Tucken. Sie können natürlich gern einwenden, dass ich als Beraterin die Paare gar nicht kennenlerne, bei denen das gut funktioniert. Dennoch, aufgrund der Erfahrungen von Menschen, die mir glaubhaft versichert ha ben, dass sie einander früher erfolgreich glücklich machen konnten, habe ich meine Zweifel an dem langfristigen Erfolg dieser Strategie. Zu groß ist die Gefahr, einander irgendwann einmal als Gegner gegen ü berzustehen! Oder das Risiko, miteinander um die größere Bedurftigkeit zu konkurrieren mit dem Erfolg, dass auch Sie beide, wie Antonia und Tobias, am Ende nicht bekommen werden, was sie brauchen.
Der Vorschlag
W enn das mit Ihrem Mann wirk lich so schlimm ist, wie Sie sa gen«, sagt der Anwalt zu seiner Mandantin, »dann reichen wir am besten sofort die Scheidung ein.« »Sind Sie verrückt?«, protestiert die Ehefrau. »Das kommt überhaupt nicht in Frage! Zwanzig Jahre habe ich unter ihm gelitten. Wie komme ich dazu, ihn jetzt auf einmal glücklich zu machen?«
Aktiv werden: Schritt sieben
Sind auch Sie der Überzeugung, da ss die Not des einen sein Gegen über zur Rettung verpflichtet? Ab er im Ernst, würden Sie tatsäch lich dem Menschen, der Sie gerade vor dem Ertrinken gerettet hat, sagen, dass es ja wohl das Mindes te war? Eine Selbstverständlich keit, zu der er moralisch verpflich tet ist? Vermutlich nicht. Über prüfen Sie deshalb sorgfältig Ihre Vorstellungen von Liebe und Be ziehung. Natürlich ist es schön, wenn zwei Menschen füreinander einstehen und ihnen das Leid des anderen nicht gleichgültig ist. Doch verpflichtet es automatisch, die Wünsche des anderen zu erfüllen? Weil sein Glück unsere Verantwortung ist? Wenn Sie auf diese Frage mit Ja antworten, möchte ich Ihnen wenigstens eine Warnung mit auf Ihren harten Weg geben: Sie werden oft enttäuscht werden und an sich selbst zweifeln. Denn Si e haben sich eine unlösbare Auf gabe gestellt, wenn Sie einen anderen Menschen auf Dauer glücklich machen wollen. Doch wenn Sie sich nach reiflichem Überlegen entschlossen haben, den von mir vorgeschlagenen Weg zumindest einmal auszuprobieren, können Sie nun den nächsten Schritt in Angriff nehmen.
S chritt 7: überprüfen sie s elbstkritisch ihre eigenen Strategien , mit denen sie in ihrer Beziehung versuchen zu bekomen, was sie brauchen. Nehmen Sie wieder ein Blatt Papier und notieren Sie die Situationen, in denen Sie in den vergangenen zwei Monaten etwas von Ihrem Partner wollten. Schreiben Sie daneben, mit welchen Worten Sie
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