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Warum so scheu, MyLady

Warum so scheu, MyLady

Titel: Warum so scheu, MyLady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Elizabeth Cree
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Familie brachte ihm immer nur Unglück. Ein leises Klopfen an der Tür unterbrach ihre trüben Gedanken, dann trat eine sichtlich verblüffte Amelia ein.
    “Soeben hat Großvater mir erklärt, die Hochzeit würde trotz allem stattfinden. John holte gerade Mr. Tuttle aus dem Pfarrhaus, und ein Bote ist nach Henslowe Hall unterwegs. Sobald du bereit bist, müssen wir in die Kapelle gehen.”
    Sarah stand auf, von dem dumpfen Gefühl erfasst, sie würde ihre eigene Hinrichtung mit ansehen.
    “Bitte, schau nicht so drein!” Amelia eilte zu ihr und ergriff ihre Hände. “Glaub mir, alles wird gut. Lord Huntington mag etwas schwierig sein. Aber er ist nicht unfreundlich.”
    So etwas Ähnliches hatte Großvater auch behauptet. “Ja, ich weiß. Alles in Ordnung.” Zumindest hoffte sie das.
    Amelia umschloss ihre Hände noch fester, ließ sie los und trat einen Schritt zurück. Prüfend musterte sie Sarahs cremefarbenes Musselinkleid. “Das kannst du anbehalten. Dazu trägst du deine Perlen und deinen schönsten Fächer.”
    Halb benommen wartete Sarah, während ihre Kusine die Perlenkette aus dem Schmuckkästchen nahm und ihr um den Hals legte. Dann drückte Amelia ihr einen Fächer in die Hand. “Wie schön du aussiehst! Lord Huntington wird entzückt sein. Komm, meine Liebe.” Sanft, aber entschieden umfasste sie Sarahs Arm. “Nun sollten wir aufbrechen. Sonst denkt dein Bräutigam womöglich, du hättest dich anders besonnen.”
    Die Kapelle lag im Nordflügel des Hauses. An diesem bewölkten Vormittag drang nur schwaches Licht durch die hohen schmalen Fenster, um den Marmorboden und den geschnitzten Altar zu beleuchten.
    Sarah blieb auf der Schwelle stehen und ließ ihren Blick über die kleine Versammlung wandern. Vor dem Altar standen Huntington, Lord Pennington und Mr. Tuttle, der spindeldürre gebeugte Vikar. Als sie den dunklen Augen ihres Bräutigams begegnete, senkte sie hastig den Kopf. O Gott, gab es denn wirklich kein Entrinnen?
    “Da bist du ja, Sarah, dem Himmel sei Dank!” Lady Omberley eilte zu ihr und ergriff ihre Hand. “Komm, meine Liebe, ich fürchte, Lord Huntington kann sich nicht mehr allzu lange auf den Beinen halten.”
    An ihrer anderen Seite erschien der Earl. “Bist du bereit, mein Kind?” Ohne eine Antwort abzuwarten, führte er sie den kurzen Mittelgang entlang zum Altar.
    Bestürzt starrte sie in Huntingtons bleiches Gesicht mit den zahlreichen Schürfwunden.
    Mr. Tuttle räusperte sich. “Sollen wir beginnen?”
    “Ja”, erwiderte Huntington. Unverwandt schaute er Sarah an.
    Was der Pfarrer sagte, verstand sie nicht. Offenbar gab sie die richtigen Antworten, denn ihr Bräutigam steckte ihr einen schlichten goldenen Ring an den Finger, und Mr. Tuttle erklärte sie zu Mann und Frau.
    “Sarah …”, flüsterte Huntington und neigte sich zu ihr, um sie zu küssen. Plötzlich schwankte er, und als er zusammenbrach, sprang Lord Pennington hinzu, um ihn aufzufangen.
    Sarah stand vor Lord Huntingtons Schlafzimmer und zwang sich, an die Tür zu klopfen. Als sie sein knappes “Herein” hörte, betrat sie den Raum mit den hellgrünen Wänden. Von mehreren Kissen gestützt, saß er auf seinem Bett mit dem hohen Baldachin und starrte aus dem Fenster. Langsam wandte er sich zu ihr und musterte sie, wie üblich mit unergründlichen Augen. “Komm doch näher, Sarah. Ich werde dich nicht auffressen.”
    “Natürlich nicht.” Sie ging zum Bett und versuchte ihre Nervosität zu verbergen. Seit der kurzen Zeremonie vor ein paar Stunden, bei der ihm die Sinne geschwunden waren, hatte sie ihn nicht mehr gesehen. Pennington und der Kammerdiener ihres Großvaters hatten ihn zu Bett gebracht. Dann war Sarah nach unten gegangen, um am Hochzeitsempfang teilzunehmen. Vor einigen Minuten hatten sich die letzten Gäste verabschiedet. Lady Jessica war soeben aus Huntingtons Zimmer gekommen und hatte ihr zugeflüstert, er würde sie gern sehen.
    Nun betrachtete sie den Mann, den sie an diesem Tag geheiratet hatte. Unter seinem dünnen weißen Hemd, zu dem er dunkle Kniehosen trug, sah sie die Umrisse einer Bandage. Seine Rippenprellung musste ihm immer noch starke Schmerzen bereiten. “Wie fühlst du dich?”, fragte sie leise.
    “Etwas besser.”
    “Tut mir so leid …”
    “Nicht nötig. Du bist nicht schuld an meinem Zustand.” Nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: “Morgen fahren wir nach Ravensheed.”
    “Morgen?”, wiederholte sie verwirrt. “Unmöglich!”
    “Warum?” Er

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