Was dein Herz dir sagt
schützten - warum angesichts ihrer Lebensumstände ihre Tugend so wachsam beschützt werden musste, musste er erst noch herausfinden -, waren sie unüberwindbar. Und erst recht nicht waren sie in Gesellschaft zu nehmen. Sie waren geschmiedet, erprobt und vervollkommnet worden, und zwar in einer Arena, die höchste Standards forderte.
Sich wieder seiner Unterhaltung mit dem Diplomaten aus Polen widmend, vergewisserte er sich, dass Mr. Kosminsky an Caros Ball teilnehmen wollte und willens war, dabei behilflich zu sein, dass besagter Ball nicht von irgendwelchen unseligen Zwischenfällen beeinträchtigt wurde.
Der kleine Pole warf sich in die Brust. »Es wird mir eine Ehre sein, zu Diensten zu sein, um Mrs. Sutcliffes Seelenfrieden zu bewahren.«
Als sie ihren Namen hörte, ergriff Caro die günstige Gelegenheit, sich an Kosminsky zu wenden. Sie lächelte, und der Pole strahlte. »Danke. Ich weiß, es ist fast zu viel verlangt, aber ...«
Binnen kürzester Zeit war Kosminsky ihr williger Sklave, wenigstens wenn es darum ging, ihren Ball von Unbill frei zu halten.
Michael, der zwischen ihnen stand, zollte ihr innerlich höchste Bewunderung, dann sah er zu Ferdinand und bemerkte wieder Anzeichen von Ärger. Er erkannte, dass Leponte, der ihn als Rivalen um Caros Gunst ansah, sich nicht die Mühe machte, seinen Verdruss über ihre abweisende Haltung vor ihm zu verbergen.
Allerdings war er bemüht, es Caro nicht deutlich zu zeigen.
Die Einsicht führte dazu, dass Michael ihn noch genauer beobachtete. Aus dem Augenwinkel sah er, wie Ferdinand Caro abschätzend musterte. Diese Einschätzung war so eindringlich, dass sie für einen ausländischen Diplomaten, der in der Sommerfrische auf dem Lande ein wenig Abwechslung suchte, irgendwie unpassend, fast übertrieben wirkte.
Caro warf ihm eine Bemerkung zu; lächelnd nahm er seinen Teil der Unterhaltung wieder auf.
Dennoch blieb ein Teil seiner Aufmerksamkeit wachsam auf Ferdinand gerichtet.
Es wurde zum Dinner gerufen. Die Gäste schlenderten paarweise in den großen Speisesaal. Michaels Platz befand sich in der Nähe des Herzogs und des Grafen; Portugal war jahrhundertelang einer der engsten Verbündeten Englands gewesen -das Interesse dieser Herren daran, seine Ansichten zu verschiedenen Angelegenheiten zu erfahren und ihn über ihre Meinung dazu zu unterrichten, war vollkommen verständlich.
Weniger verständlich war Caros Platzierung - am anderen Ende des Tisches, von der Herzogin durch Ferdinand getrennt und mit einem steinalten portugiesischen General auf ihrer anderen Seite, die Gräfin ihr gegenüber. Obwohl mindestens ein Drittel der Anwesenden Engländer waren, hatte man keine Landsleute in ihre Nähe gesetzt.
Nicht dass sie das störte.
Aber es störte ihn.
Caro war sich der Tatsache bewusst, dass ihr Sitzplatz ungewöhnlich war. Wenn Camden noch lebte und sie mit ihm zusammen gekommen wäre, dann wäre es so richtig, dass sie bei den anderen Ehefrauen der erfahrenen Diplomaten saß. Allerdings ...
Flüchtig kam ihr der Gedanke, ob ihr Auftauchen an Michaels Arm und die Tatsache, dass sie im Salon an seiner Seite geblieben war, einen falschen Eindruck erweckt haben könnten; aber wenn sie die Erfahrung der Herzogin und der Gräfin in Betracht zog, schied diese Möglichkeit aus. Hätten sie irgendeine bevorstehende Verbindung zwischen Michael und ihr vermutet, hätte eine von beiden sich unauffällig erkundigt. Keine von ihnen hatte das getan, was bedeutete, dass sie aus einem anderen Grund hier saß; während sie lächelte und höflich Konversation machte und die Gänge kamen und gingen, begann sie sich zu fragen, was das wohl sein könnte.
Zu ihrer Rechten war Ferdinand ganz charmante Aufmerksamkeit. Zu ihrer Linken war Admiral Pilocet eingenickt und wachte immer nur kurz auf, wenn ein neuer Gang serviert wurde, den er dann aus zusammengekniffenen Augen kurz betrachtete, ehe er wieder einschlief.
»Meine liebste Caro, Sie müssen einfach von den Muscheln probieren.«
Sich wieder Ferdinand zuwendend, ließ sie sich eine Portion Muscheln mit Schalotten in einer Kräuterbrühe servieren.
»Es sind natürlich englische Muscheln«, erklärte Ferdinand, »aber das Rezept für das Gericht stammt aus Albufeira - meiner Heimat.«
Fast widerwillig fasziniert von seiner Hartnäckigkeit, entschied sie, darauf einzugehen. »Wirklich?« Sie spießte eine Muschel auf, betrachtete sie, dann sah sie zu Ferdinand. »Habe ich Sie richtig verstanden, dass Sie in der
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