Was die Nacht verheißt
beschädigen ... absichtlich gesunde Männer krank zu machen -«
»Es gibt keinen Grund zu einer solchen Annahme. Die Männer haben sich vielleicht einfach nur mit irgendeiner Krankheit angesteckt. Das kommt gelegentlich vor. Das Wichtigste ist, sie zu isolieren, falls sich heraussteilen sollte, dass die Krankheit tatsächlich ansteckend ist.«
»Und wer wird sie versorgen?«
»Dafür ist Mr. Lamb zuständig. Wenn wir keinen Arzt an
Bord haben, fällt die Verantwortung entweder an ihn oder an Hamish.«
Ihre Finger schlossen sich um die Kanten des Buches, in dem sie gelesen hatte. »Lasst mich helfen. Wie ich schon sagte, ich kenne mich etwas mit Krankenpflege aus. Abgesehen davon erfordert es nicht viel Geschick, Spucknäpfe zu leeren und Männern kalte Kompressen auf die Stirn zu legen.«
Marcus schüttelte den Kopf. »Das Krankenbett eines Matrosen ist wohl kaum der rechte Platz für ein unschuldiges junges Mädchen. Die Seehabicht kommt schon allein zurecht.«
Brandy wollte ihm widersprechen, überlegte es sich dann aber anders. Bisher waren nur drei Männer krank geworden. Vielleicht würde sich keiner mehr anstecken, und ihre Hilfe würde nicht gebraucht werden. Mein Gott, das hoffte sie wirklich. Auf der anderen Seite des Raums zog sich Marcus seine marineblaue Jacke an und machte sich auf den Weg zur Tür.
»Ich fürchte, Ihr müsst uns entschuldigen«, sagte er. »Hamish, ich möchte mir die drei Männer selbst ansehen.«
»Jawoll, Käpt’n.« Sie verließen die Kajüte, sodass sie allein zurückblieb - wieder einmal. Heilige Jungfrau, vielleicht hätte sie doch Einwände erheben sollen. Sie war stark und ohne weiteres fähig zu helfen - und wurde beinah verrückt vor Langeweile. Sie konnte diesen Männern helfen, wenn Marcus es nur zuließ.
Sie bekam drei Tage später die Gelegenheit. Sie hatten vor den winzigen Inselchen der Spanish Keys geankert, nicht zur Quarantäne, sondern weil Marcus darauf bestand. Die halbe Mannschaft hatte heftiges Fieber, die andere Hälfte war voller Angst, sich auch anzustecken, und sicher, dass es Cholera oder Typhus war und viele von ihnen dabei den Tod finden würden.
Entschlossen zu helfen, ging Brandy in der Kajüte auf und ab, während sie auf Marcus’ Rückkehr wartete. Jetzt, wo so viele Männer krank waren, arbeitete er rund um die Uhr. Es war schon Mitternacht, als er die Kajüte betrat, und es schien so, dass er nicht vorhatte zu bleiben.
Er schloss die Tür und hob eine Augenbraue, als er sie sah. »Was macht Ihr denn noch hier? Ihr wollt es Euch wohl zur Gewohnheit machen, mich spät abends zu bedrängen - das finde ich ziemlich ärgerlich.«
Sie achtete nicht auf seinen finsteren Blick. »Hamish sagt, dass noch mehr von den Männern krank geworden sind. Ich will ihnen helfen - das sollt Ihr mir erlauben.«
Marcus schüttelte den Kopf. »Ich habe Euch schon einmal gesagt: Ich will nicht, dass Ihr auch krank werdet. Und das ist das Einzige, was geschehen wird, wenn Ihr hinuntergeht und Euch auch der Krankheit aussetzt.«
»Beim letzten Mal bin ich auch nicht krank geworden. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass es diesmal anders sein wird.«
»Und es gibt auch keinen Grund, anzunehmen, Ihr könntet Euch nicht anstecken. Wir haben bisher noch keinen einzigen Mann verloren, aber trotzdem wissen wir nicht, wie gefährlich diese Seuche wirklich ist.«
»Dann lasst mich helfen. Vielleicht können wir sie aufhalten, bevor sie sich noch weiter ausbreitet.«
Marcus fuhr sich mit einer Hand durch sein welliges schwarzes Haar. Die Geste war ganz offensichtlich von solcher Erschöpfung geprägt, dass es ihr das Herz brach. Sein Gesicht wirkte angespannt und etwas zu hager. Schwache violette Schatten lagen unter seinen Augen, und zum ersten Mal wirkte er unsicher.
»Hamish sagt, dass die Männer sich heftig übergeben müssen«, drängte ihn Brandy »Das könnte die Kopfkrankheit sein, oder vielleicht auch ein anderes ansteckendes Fieber. Da wir keinen Arzt an Bord haben, könnte Mr. Lamb meine Hilfe sicher gebrauchen.«
Marcus schüttelte langsam den Kopf. »Die Mannschaftskabine ist wohl kaum ein geeigneter Ort für eine Dame.«
»Das ist doch jetzt wirklich nicht wichtig. Lasst mich hinuntergehen und schauen, ob ich erkennen kann, was es für eine Krankheit ist. Vielleicht kann ich irgendetwas tun.«
Seine Augen schlossen sich, und er seufzte tief. »Also gut. Morgen früh gehen wir als Erstes hinunter, und Ihr könnt Euch einen der Männer ansehen.
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