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Was die Toten wissen

Was die Toten wissen

Titel: Was die Toten wissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Lippman
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zu hören, gab vor, sie in Ruhe dort oben weinen zu lassen.
    Dave zerriss den Brief in kleine Stücke, schloss das Geschäft und ging die Straße runter zu Monaghan’s Tavern, noch so ein Laden in Woodlawn, der am Ostersamstag nur so brummte.

Kapitel 10
    »Du solltest mich doch in Ruhe lassen«, zischte Sunny Heather an, nachdem sie beide vom Platzanweiser nach draußen befördert worden waren mit dem Hinweis, dass er sie heute hier nicht mehr sehen wolle. »Du hast’s versprochen .«
    »Ich habe mir Sorgen gemacht, als du nicht mehr von der Toilette zurückgekommen bist. Ich wollte nur sichergehen, dass mit dir alles in Ordnung ist.«
    Das war keine Lüge gewesen. Heather hatte sich bestimmt gewundert, warum Sunny eine Viertelstunde nach Beginn von Die Flucht zum Hexenberg hinausgegangen und nicht zurückgekehrt war. Und außerdem hatte sie Schiss gehabt, dass Sunny sie einfach sitzen lassen könnte, deshalb war sie ebenfalls rausgegangen, hatte in der Toilette nachgesehen und sich dann in den anderen Saal reingeschlichen, wo Chinatown , freigegeben ab 16, lief. Heather vermutete, dass Sunny wahrscheinlich schon eine ganze Weile diesen Trick anwandte. Sie kaufte sich ein Ticket für den Film, der frei ab 6 war, ging zur Toilette und schlich sich dann in den anderen Kinosaal.
    Sie setzte sich zwei Reihen hinter Sunny, so wie bei Die Flucht zum Hexenberg (»Dies ist ein freies Land«, verkündete sie dreist, als Sunny ihr einen finsteren Blick zuwarf). Niemand fiel auf, dass sie in dem Film war, bis zu jener Szene, als der kleine Mann sein Messer in die Nase seines Gegenübers steckte. Da hatte sie so laut Luft geholt, dass Sunny sich zu ihr umdrehte.

    Heather hatte angenommen, dass Sunny sie einfach ignorieren würde. Doch Sunny stand auf, setzte sich neben sie und gab ihr zischelnd zu verstehen, dass sie sofort gehen müsse. Heather schüttelte den Kopf und wies sie darauf hin, dass sie die Regeln einhielt, die Sunny aufgestellt hatte. Sie ließ Sunny in Ruhe und war nur rein zufällig im selben Film wie ihre Schwester. Dies sei schließlich ein freies Land, betonte sie nochmals. Eine ältere Frau holte den Platzanweiser, und als sie nicht die entsprechenden Eintrittskarten vorweisen konnten, warf er sie beide hochkant raus. Heather hatte gelogen und behauptet, sie hätte ihre verloren, aber die langsamere Sunny hatte die Karte für Kino Eins vorgezeigt, wo Die Flucht zum Hexenberg lief. Was für eine Schande, denn so weit entwickelt, wie Sunnys Brüste schon waren, hätte sie glatt für sechzehn durchgehen können. Wäre ihre Geburtsfolge umgekehrt, Heather also die Ältere gewesen, hätte sie sie da rausgepaukt, dem Platzanweiser etwas von ihrer verlorenen Karte erzählt, sich als sechzehn ausgegeben und den Standpunkt vertreten, dass eine große Schwester als erwachsene Aufsichtsperson völlig ausreiche. Was war denn das Tolle an einer großen Schwester, wenn sie sich nicht wie eine benahm? Und da stand Sunny, den Tränen nahe, wegen so eines blöden Films. Heather fand es regelrecht bescheuert, so viel kostbare Zeit im Dunkeln zu vergeuden, wo es draußen in der Mall so viele Dinge zu sehen, zu riechen und zu schmecken gab.
    »Der Film war sowieso langweilig«, sagte Heather, »obwohl es auch ein bisschen gruselig war, als diesem Typen die Nase aufgeschlitzt wurde.«
    »Du hast absolut keine Ahnung«, entgegnete Sunny. »Der Mann mit dem Messer ist der Regisseur des Films, Roman Polanski. Dessen Frau wurde von Charles Manson umgebracht. Er ist einfach genial.«
    »Lass uns zu Hoschild’s. Oder zum Pants Corral. Ich will mir dort die Hosen mit der Bügelfalte ansehen.«

    »Wozu denn eine Bügelfalte?«, sagte Sunny immer noch ein wenig beleidigt. »Das ist doch doof.«
    »So was tragen jetzt alle Mädchen, wo Hosen in der Schule erlaubt sind.«
    »Du solltest nicht etwas wollen, nur weil alle anderen es haben. Du willst dich doch nicht der Masse anpassen.« Das war die Stimme ihres Vaters, die aus Sunnys Mund drang, und Heather wusste genau, dass Sunny kein Wort davon glaubte.
    »Also gut, dann lass uns zum Harmony Hut gehen oder zum Buchladen.« Das letzte Mal hatte Heather ein Buch in der Hand gehabt, dessen Inhalt etwas schmutzig war. Von den Brüsten der Heldin war da die Rede gewesen, über denen sich der dünne Stoff ihres Kleides spannte – normalerweise ein gutes Zeichen, dass noch mehr Details folgen würden. Sie versuchte all ihren Mut zusammenzunehmen, um das Buch mit dem Reißverschluss zu

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