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Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love

Titel: Was du liebst, gehört dir nicht - Doughty, L: Was du liebst, gehört dir nicht - Whatever You Love Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Louise Doughty
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bringen, und Julie hat gesagt, es macht ihr nichts aus, ihn mit abzuholen, so wie immer. Chloe nimmt ihn gern an den anderen Nachmittagen. Sie hat sowieso viel Hilfe von ihrer Mutter. Wenn dir das nicht recht ist, kann ich auch vorübergehend meine Arbeitszeit reduzieren. Zurzeit kann ich es mir aussuchen.«
    Also das hat ihm so unter den Nägeln gebrannt. »Natürlich«, sage ich und wende das Gesicht ab. »Natürlich kannst du Rees eine Zeit lang behalten.« Ich brauche ihn nicht anzusehen, um seine Erleichterung zu spüren. Sie strahlt von ihm aus wie Körperwärme.
    »Und was ist mit dir?«, fragt er sanft, nimmt seine Hand von der Armlehne und legt sie auf meine. »Ich bin so besorgt um dich. Wir alle.«
    Wir? Was für ein »wir« mag das wohl sein? Ungemein verzweifelt hört er sich in meinen Ohren nicht an. Nur erleichtert. Er hat bekommen, weswegen er herkam: das Sorgerecht für Rees. »Ach, Toni passt doch ganz gut auf mich auf.«
    Er kneift den Mund zusammen. »Die ist gut, was? Ich hab nicht gewusst, dass sie so was können.«
    »Vertrauensbeamte heißt es.«
    »Wie auch immer.«
    »Tja, wird hier in der Gegend wahrscheinlich nicht allzu oft gebraucht.«
    David schüttelt den Kopf und redet mit, wie es mir vorkommt, ungerechtfertigter Bitterkeit in der Stimme weiter: »Du lieber Himmel, wie kannst du so etwas nur sagen bei all dem, was hier in letzter Zeit passiert ist.«
    Du hast bekommen, was du wolltest. Du kannst jetzt gehen, denke ich, während ich aufstehe, sage jedoch: »Ich sollte wohl besser meinen Schrank ausräumen.« Der alte Mann in der Ecke ist jetzt verstummt, blickt zum Fenster. Seine Lippen bewegen sich mechanisch, aber lautlos.
    Zu Hause angekommen, lasse ich meine Handtasche und eine Plastiktüte mit Kleidern auf die unterste Treppenstufe fallen und laufe nach oben, um mich umzuziehen und zu duschen. David hatte angeboten, mich zurückzufahren, aber ich sollte erst noch eine Untersuchung abwarten, bevor ich entlassen werden konnte, und er musste schließlich los, deshalb habe ich für den Heimweg ein Taxi genommen.
    In letzter Zeit war ich sehr viel allein, aber dies ist das erste Mal, dass ich nicht an Rees’ baldige Rückkehr denken und mich darauf vorbereiten muss. Ich merke, was für eine Belastung es war, mich vor ihm zusammenreißen zu müssen. Während ich unterwegs zu meinem Zimmer an seiner Tür vorbeigehe, noch nass und in ein Handtuch gewickelt, werde ich kurz von Gewissensbissen geplagt, als ich einen Trupp Spielzeuglaster auf dem Boden aufgereiht sehe. Rees hat immer gern alle seine Nutzfahrzeuge zur Hand, um jederzeit damit losfahren zu können. Dann fährt er eins nach dem anderen, schiebt sie systematisch durchs Zimmer, ehe jedes an seinen Platz zurückkommt. Ich habe ihn belauscht, wie er mit ihnen redet, ihnen erklärt, warum sie immer abwechselnd drankommen. Werde ich ihm fehlen? Wird er durcheinander sein? Noch nicht, denke ich; es ist erst zwei Tage her, und überhaupt, er ist robust. Wenn ich etwas seit dem Verlust Bettys gelernt habe, dann, wie robust Rees ist. Eines Tages mache ich es bei ihm wieder gut, denke ich vage. Wenn ich jetzt spüre, dass er mir fehlt, werde ich vielleicht umso eher dazu fähig sein. Während ich mir etwas Frisches anziehe, versuche ich, meiner Forschheit auf den Grund zu kommen. Ist mir wirklich so einerlei, wie mein Sohn ohne mich zurechtkommt? Nein, ich weiß nur ganz einfach, dass David und Chloe sich zurzeit besser um ihn kümmern können als ich; und ich habe mir etwas vorgenommen.
    Ich klappere die Treppe runter, pfeffere die Plastiktüte Richtung Küche und überprüfe meine Handtasche auf Schlüssel, Portemonnaie, Handy. Dann nehme ich den Autoschlüssel vom Haken neben dem Spiegel. Im Gehen knalle ich die Tür hinter mir zu.
    Ich stelle den Wagen auf dem Parkplatz hinter der High Street ab, bleibe eine Weile im Auto sitzen und spüre, wie mich meine Energie, mein Mut allmählich verlassen. Ich brauche Kaffee, bevor ich reingehe, hole mir einen zum Mitnehmen von Gregg’s an der High Street und gehe dann langsam über den Parkplatz zurück in das Foyer des modernen Gebäudes, in dem das Rathaus untergebracht ist, schlürfe den Kaffee durch das winzige Loch im Deckel, wodurch er brühheiß ist und nach Plastik schmeckt. Die Bücherei liegt im ersten Stock des Rathauses, und ich nehme den Edelstahl-Aufzug, genau wie früher, wenn ich mit Rees im Buggy herkam. Weil sich die Lifttüren unmittelbar gegenüber den Glastüren zur

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