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Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Was du nicht weißt: Roman (German Edition)

Titel: Was du nicht weißt: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Beling
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für einige Minuten bei Frank Guiton vorbei, zweimal huschte sie auch abends zu ihm. Die Krankenschwestern der Tag- und Nachtschicht kannten sie inzwischen und ließen die beiden schmunzelnd allein.
    Die private Annäherung zwischen der Polizistin und dem Mann, den sie ursprünglich nur verhören sollte, geschah mit einer Selbstverständlichkeit, die beide überraschte, auch wenn sie immer noch vermieden, sich beim Vornamen zu nennen. Nach wie vor war Frank Guiton nicht in der Lage, sich aus seinem Krankenbett zu erheben. Doch wenigstens hatte man ihm ein paar seiner lästigen Verbände abgenommen. Auch seine Arme waren jetzt frei. Die Haut zwischen Handgelenk und Ellenbogen zeigte hässliche genähte und verfärbte Stellen, die von den Schlägen des brutalen Täters stammten und die ihm große Schmerzen bereiteten, sodass er oft die Zähne zusammenbeißen musste.
    Sandra saß geduldig lächelnd neben seinem Bett und machte ihm Mut, schon allein durch ihre Anwesenheit. Instinktiv hatte sie in ihm den Typ Mann erkannt, dem es die Frauen immer leichtmachten, der aber gerade deshalb ein Zweifler blieb. Hinter der Fassade des unkomplizierten, sportlichen Naturburschen entdeckte sie eine interessante Seite an ihm, die geprägt war von Humor, klugen Gedanken und reifer Zärtlichkeit.
    Seine Liebe zu Debbie Farrow war offenbar echt und tief gewesen, das hatte er Sandra schon am ersten Abend gestanden. Dass er sie mit diesem Geständnis unausgesprochen um Geduld bat, verstand Sandra. Ihr wäre auch so klar gewesen, dass sie in nächster Zeit nicht zu viel von ihm erwarten durfte. Vorerst genügte es ihr, die markanten Linien seines männlichen Gesichtes auf dem weißen Krankenhauskopfkissen betrachten zu dürfen, während sie sich gegenseitig ihr Leben erzählten.
    Als sie an diesem Tag ihre Mittagspause dazu benutzte, schnell noch einmal bei ihm vorbeizuschauen, wurde sie von der kräftigen Oberschwester im Flur abgefangen.
    »Nur damit Sie keinen Schreck bekommen: Mr. Guiton kriegt heute seinen Schnabel nicht auf«, sagte sie warnend. »Machen Sie es also kurz.«
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Sandra irritiert.
    »Es hat sich herausgestellt, dass man ihm auch das Kiefergelenk neu richten musste. Das war heute Morgen fällig.«
    Noch bevor Sandra etwas sagen konnte, stand plötzlich John Willingham neben ihr.
    »Was höre ich da?«, fragte er mit seiner kräftigen Stimme. »Man hat Frank schon wieder malträtiert?«
    Die Oberschwester schien von Willinghams Auftreten und von seiner teuer aussehenden Kleidung beeindruckt zu sein. Jedenfalls wurde sie sofort eine Spur höflicher. »Ja, aber es geht ihm gut, und Sie können auch ruhig zu ihm. Er darf nur nicht sprechen.«
    Gemeinsam betraten sie das Krankenzimmer.
    Zu ihrer Erleichterung sah Frank Guiton nicht so schlecht aus, wie sie es befürchtet hatten. Er schien seine Situation sogar mit Humor zu nehmen, denn noch bevor Sandra und Willingham etwas sagen konnten, zog er einen großen Schreibblock und einen Kugelschreiber aus seinem Nachttisch hervor und kritzelte auf das Papier:
    REDEVERBOT! ABER ICH KANN ZUHÖREN.
    Sandra schaute ihn mitfühlend an. Auf dem Nachttisch lagen starke Schmerzmittel. »War es sehr schlimm?«
    Er nickte. Am liebsten hätte Sandra über seine nackten Arme gestreichelt, die wie wehrlos auf der Bettdecke ruhten. Doch in Willinghams Gegenwart hätte sie sich das nie getraut.
    »Bald haben Sie es ja hinter sich, Frank«, sagte Willingham aufmunternd. »Und bis dahin gibt’s hoffentlich noch ein paar gute Nachrichten.« Er blickte zu Sandra, die sich ihm gegenüber auf die andere Seite des Bettes gesetzt hatte. »Soll ich loslegen?«
    Sandra nickte. »Wenn Sie mögen.«
    Ihnen war beiden klar, dass sie sich in einer problematischen Situation befanden, sie als Polizistin und Willingham als Verteidiger. Doch da Sandra offiziell gar nicht hier war und sie einander vertrauten, setzten sie sich einfach über diese Bedenken hinweg.
    Willingham griff in seine Aktentasche und zog die Internetfotos der beiden Männer hervor, die als Zeugen gegen Frank Guiton ausgesagt hatten. »Hier habe ich sie, Ihre beiden Quälgeister«, sagte er und hielt Frank die Fotos hin. »Alan Fonteau, Gemüsehändler aus St. Ouen, und Andrew Poll, Versicherungsvertreter aus St. Peter. Kennen Sie die Jungs?«
    Frank Guiton schüttelte den Kopf.
    »Das habe ich mir schon gedacht«, meinte Willingham. »Wer auch immer die ganze Sache eingefädelt hat – er hätte nie irgendwelche

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