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Was habe ich getan?

Was habe ich getan?

Titel: Was habe ich getan? Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Prowse
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andere bestand darin, jeden Tag Jeans zu tragen.
    Sie ging den steilen Weg zum Strand hinunter und breitete ihre Decke auf dem Sand aus. Als sie Die Teufelin aufklappte, kam ihr Lesezeichen zum Vorschein. Jedes Mal, wenn sie das leuchtend pinkfarbene, von Glitter überzogene Kaninchen sah, stockte ihr der Atem.
    Kate fuhr mit der Kuppe des Zeigefingers über den handgeschriebenen Text auf der Innenseite der Karte: Happpy birday, Mummy. Ihr Herz schwoll gleichermaßen vor Stolz und Trauer an. Wie hatte sie es geliebt, Mummy genannt zu werden! Wie sehr vermisste sie das! Lydias Unterschrift war von einem Oval aus Kussmündern umrahmt, eine durchgehende Kette, die ihre Tochter in einer Zeit gestaltet hatte, in der ihre Welt vollkommen gewesen war. In einer Zeit, in der ihr kleines Mädchen sich nicht bewusst gewesen war, dass der Wolf vor der Tür heulte. In einer Zeit, bevor Kate alles kaputt gemacht hatte.
    Das Telefongespräch, an dessen Wortlaut sie sich jederzeit erinnerte, kam ihr in den Sinn. Und manchmal, Mum, tue ich so, als wärt ihr beide tot, und das macht es irgendwie leichter. Ich tue so, als wärt ihr beide bei einem Unfall ums Leben gekommen, und dann brauche ich nicht mehr daran zu denken, dass du Dad etwas so Furchtbares angetan hast oder an die schrecklichen Dinge, die Dad dir angetan hat. Daran denke ich gar nicht gern, Mummy.
    Sie richtete den Blick auf den Horizont und betrachtete die Sonnendiamanten, die auf dem Wasser glitzerten, eingerahmt von den Felsklippen zu beiden Seiten der Bucht. Diese war so schön wie jede Bucht irgendwo auf der Welt. Vielleicht nicht so atemberaubend wie ihr hufeisenförmiges Paradies auf Saint Lucia, aber in gewisser Weise doch besser, weil es ihr Strand war, ihr besonderer Ort. Ein Ort zum Nachdenken. Und niemand würde ihn ihr unter den Füßen wegkaufen können.
    In Bristol ging es hektisch und betriebsam zu – vielleicht übertrug Kate aber einfach ihre Aufregung und Energie auf die Stadt, in der sie sich befand. Das Leben in Penmarin verlief ruhig und gelassen, genau wie sie es mochte. Bristol war etwas ganz anderes. Sie genoss es, die Studenten zu beobachten, die sich auf eine Weise in den Gebäudeeingängen drängten, wie es nur junge und sorglose Menschen gern tun. Kate fand es lustig, dass sie die Schule verlassen und ihre Uniformen abgelegt hatten, nur um sich alle gleich zu kleiden. Und bald würden sie sich wieder wandeln, sich vielleicht der Gruppe der glamourösen Frauen anschließen, die über das Pflaster stolzierten, steife Papiertüten in der Hand, in denen die Beute des Tages steckte.
    Die drei Freundinnen hatten vereinbart, sich im Browns Restaurant zu treffen, einem berühmten Wahrzeichen von Bristol. Sie saßen im Freien an einem Tisch oben an der Treppe. Mit Schürzen bekleidete Kellner brachten ihnen einen Krug gekühlten Pimm’s, servierten Lachspasteten und die dazu bestellten dünnen goldbraunen Pommes frites.
    Doch nichts konnte Kate von dem ablenken, was vor ihr lag. Mindestens zweimal setzte ihr Herz beim Anblick einer dunkelhaarigen jungen Frau auf der anderen Straßenseite einen Schlag aus – einen Sekundenbruchteil lang sahen sie wie Lydia aus, und Kate musste der Versuchung widerstehen, laut zu rufen. Sie hatte es eilig, das Mittagessen zu beenden und zur Galerie zu gehen, weil sie die Werke ihrer Tochter betrachten und das Ganze bald hinter sich bringen wollte.
    »Wie fühlst du dich, meine Liebe?« Wie gewöhnlich konnte Janeece die Angst ihrer Freundin sehr gut nachempfinden.
    Kate zögerte. Wie fühlte sie sich?
    »Ich bin nervös, aufgeregt, verängstigt und dann wieder nervös.«
    Natasha legte die Hand auf den Arm ihrer Freundin. »Du schaffst das schon, wir sind ja bei dir.«
    Kate nickte, aber Natashas Versicherung konnte ihre Angst kaum zerstreuen.
    »Sie könnte in diesem Augenblick ganz in der Nähe sein. Ich könnte nur ein paar Schritte von ihr entfernt sein …«, flüsterte Kate mehr sich selbst als den anderen zu.
    Janeece ging voraus, um nachzuschauen, ob die Luft rein war. Sie ließ Kate und Natasha auf der Straße ein Stück zurück, wo sie auf das Zeichen warteten, dass sie kommen konnten. Es fühlte sich wie eine Ewigkeit an, aber in Wahrheit dauerte es nur wenige Minuten, bis sie wieder erschien.
    »Also, ich habe mit einer aufgetakelten Mrs Soundso am Empfang geredet, die mir berichtet hat, dass die Künstlerin am Mittwochabend bei der Vernissage anwesend sein wird und dann nur noch einmal am Donnerstag.

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