Was habe ich getan?
Eifer, die unter seiner Obhut stehenden Kinder gut zu ernähren.
»Du hast dir da eine große Familie angelacht, Fabian. Du müsstest sehr st… st… stolz sein.« Kate stammelte, so sehr bibberte sie.
»Ich bin auf alle stolz, aber schau dich an – du frierst ja, so durchnässt wie du bist. Und so amüsant es auch anzuschauen ist, dein Gesicht ist voll mit grüner Farbe. Ich vermute, da hat jemand nasse Federn bekommen.« Fabian hatte die Hände in die Hüfte gestemmt und schüttelte den Kopf, als hätte er es mit einem der Kinder zu tun.
»Das hab ich wirklich«, lachte Kate und wischte sich über Stirn und Wangen.
»Warum gehst du nicht unter die Dusche und legst deine Kleider in die Sonne? Es sollte nicht allzu lange dauern, bis sie trocken sind. Ich kann dir etwas zum Anziehen holen, was meinst du dazu?«
Obwohl ihr die Zähne klapperten, grinste Kate und nickte. Eine heiße Dusche klang himmlisch. Das Badezimmer war größer, als sie erwartet hatte, aber es enthielt nicht mehr als ein Wasserrohr, das aus der Wand ragte, ein kleines Gitter im Zementboden und einen Duschvorhang aus Plastik, der quer durch den Raum gespannt war. Nachdem sie ihr Handtuch an den Haken gehängt und den Riegel an der Tür vorgelegt hatte, betrachtete sie das braune Wasser, das stoßweise aus dem Rohr spritzte. Es sah zwar nicht allzu verlockend aus, aber es war immerhin warm, und das war schließlich das Wichtigste.
Kate beobachtete, wie die Gänsehaut verschwand, als ihr allmählich wieder warm wurde. Sie seifte sich das Gesicht ein und sah, wie die grüne Farbe in das Abflussgitter rann. Das war ein herrlicher Tag gewesen.
Langsam schob sie den Vorhang zur Seite und drehte den Wasserhahn zu. Sie stand mit dem Rücken zur Tür und fuhr sich mit den Händen durch die Haare, versuchte, sie trocken zu reiben und mit den Fingerspitzen zu stylen. Weil noch immer Wasser aus dem Hahn auf den Zementboden tropfte und weil sie ihre melodielose Version von One Love vor sich hin summte, hörte Kate Simons Klopfen nicht.
Die Tür knarrte, als der Riegel angehoben wurde. Es war, als würde die Zeit für einen kurzen Moment stillstehen. Keiner rührte sich, beide waren unsicher, wie sie reagieren sollten.
Simon war davon ausgegangen, dass er saubere, trockene Handtücher an die Haken hängen und sich wieder zurückziehen könnte, so wie er es in dem endlosen Wäschezyklus häufig tat, um sicherzustellen, dass für die Kinder genügend Handtücher da waren.
Es war nicht ihre nackte Gestalt, die Simons Blick auf sich zog, sondern die Gitternetze aus Narben, die kreuz und quer über ihren Po und die Rückseite ihrer Oberschenkel verliefen. Sie sahen aus wie bewusst gezeichnete, strukturierte Spuren, die nicht durch Zufall entstanden sein konnten.
Simon kniff die Augen zusammen, als könnte er dadurch, dass er seinen Fokus wechselte, den sich ihm bietenden Anblick verändern. Schnell bedeckte Kate ihre Brüste mit den Händen, obwohl sie seinem Blick ja bereits verborgen waren. Schamesröte breitete sich auf ihrem Hals und ihrer Brust aus, und ihr stockte der Atem. Sie war mehr als verlegen – sie war zutiefst beschämt.
Niemand bekam Kates Narben je zu Gesicht. Dadurch dass sie diese stets verbarg, konnte sie so tun, als hätte sie all das nicht zu ertragen gehabt, und konnte es vermeiden, mit dem Urteil und dem Mitleid anderer umgehen zu müssen. Ihre Gedanken wanderten zu dem letzten und einzigen Menschen zurück, der außer dem Täter ihren Körper gesehen hatte. Der Polizeiarzt hatte sich die Hand vor den Mund gehalten, um gegen den Drang anzukämpfen, sich zu übergeben. Das würde sie niemals vergessen.
Kate wollte Simon keine ähnliche Reaktion entlocken. Sie konnte sich nicht entschließen, ob sie nach dem Handtuch greifen und den Beweis ihres beschämenden Daseins verdecken, oder ob sie ruhig stehen bleiben und hoffen sollte, dass er einfach wieder verschwand. Ihre Unentschlossenheit lähmte sie. Sie sah aus wie ein Kaninchen, das in die Scheinwerfer des näher kommenden Zuges starrt, und sie fühlte sich genauso verängstigt. Die Situation war für beide entsetzlich.
Es herrschte Schweigen zwischen ihnen, während sie sich fragten, was sie tun sollten, wie sie den Anschein von Würde am ehesten wahren konnten.
Simon stürzte geradezu nach vorn, schnappte das Handtuch vom Haken, wickelte es Kate um den Rücken und half ihr damit aus ihrer Verlegenheit. Er zog sie rückwärts an sich, schlang die Arme um ihre Brust und hielt
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