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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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Alter Hut, aber immer noch sein Lieblingssong. Orangenbaumblätter.
    Hundert Enkel.
    Kaum erwarten.
    * * *
    Weißt du noch, unser erster Kuss. Wir kamen aus dem Kino, wir waren ganz weich gespült von dem Film, der vorweggenommen hatte, was wir noch vor uns hatten. Wir waren aufgelöst vom stundenlangen Händchenhalten mit feuchten, vom Popcorn klebrigen Fingern. Vom Kopf-auf-die-Schulter-Lehnen. Vom Flüstern, vom Atem-im-Ohr-Spüren, vom Tauschen des Strohhalms und viel zu viel Cola. Unsere Herzen schlugen wie verrückt.
    Es war noch hell, als wir das Kino verließen. Wir standen da wie Gestrandete, konnten mit all der Realität für einen Moment nichts anfangen.
    Â»Hunger?«, fragtest du.
    Â»Negativ, nach einem ganzen Eimer Popcorn.«
    Â»Sollen wir einfach ein bisschen rumspazieren?«
    Â»Ja.«
    Es zog uns raus aus der Innenstadt. Ohne es abzusprechen, übernahmst mal du, mal ich die Führung, beide mit demselben Ziel. Als wir am Stadtpark ankamen, verließen wir die Hauptwege, suchten die wenigen Trampelpfade in der geordneten Natur. Wir fanden von Unkraut überwucherte stillgelegte Schienen und setzten uns auf eine der Schwellen.
    Â»Frierst du?«, fragtest du.
    Â»Nein«, sagte ich.
    Und du: »Schade.«
    Du strichst eine Strähne aus meiner Stirn, legtest den Kopf schief. »Stimmt was nicht?«, fragte ich.
    Â»Alles stimmt.« Dein Zeigefinger fuhr meine Gesichtszüge nach. Die Augenbrauen. Den Nasenrücken. Die Lippen. »Du bist wunderschön. Du bist perfekt. Für mich bist du perfekt.«
    Ich verdrehte die Augen, aber du wolltest dich nicht beirren lassen.
    Â»Dass deine Brauen ein bisschen zusammengewachsen sind und du sie nicht ausreißt. Das ist perfekt. Dass dein eines Nasenloch viel schmaler ist als das andere. Perfekt. Diese kleine Narbe an der Oberlippe. Perfektes kleines Ding. Wo hast du die her?«
    Â»Weiß nicht mehr«, sagte ich.
    Du glaubtest mir nicht, oder? Aber du wolltest den Moment nicht zerstören. »Darf ich sie mal küssen?«, fragtest du. Und weil ich nichts sagte, nicht Nein, nicht Ja, tatest du es einfach. Ganz sanft legten sich deine Lippen auf meine Oberlippe. Als wollten sie wirklich nur die Narbe treffen.
    Ich weiß nicht, wieso, aber ich musste an die anderen Küsse denken. Die aus Berlin. Die gesammelten. Wilde, nasse, harte Küsse aus rauchigen Mündern. Sie verdeckten mir die Sicht auf dich, bis ich sie abschüttelte. Dann konnte ich ihn spüren. Deinen Kuss. Einen, der nicht mehr will, als was er tut. Einen, der nicht gebremst werden muss. Einen, den ich genauso zart erwidern wollte, wie er kam. Er dauerte lange, unser erster Kuss, weißt du noch?
    Â»Das war schön«, sagtest du, als er vorbei war.
    Â»Ja.«
    Â»Das machen wir jetzt immer.«
    Â»Ja.« Immer, habe ich gedacht, was er damit wohl meint?
    * * *
    Sie schluchzt vor der Tür. Ich höre, dass sie es ist. Ich kenne ihr Schluchzen. Sie hat vor mir geschluchzt, viele Male. Sie ist eine, die schluchzt. Als sie hereinkommt, sind die Tränen weg. Sie hat sie weggewischt. Sie will nicht, dass sie auf ihn tropfen. Sehen kann er sie schließlich nicht.
    Die Eltern flankieren sie, schieben sie näher. Ich schalte die Musik aus und ziehe meine Hand unter Ricos hervor. Ich will sie zu irgendwas gebrauchen, weiß aber nicht zu was.
    Â»Hallo«, sage ich, aber Isabella sieht mich gar nicht, hört mich nicht. Sieht nur ihn.
    Â»Oh mein Gott!«, sagt sie. »Wie konnte das nur passieren?«
    Sie ist die Erste, die fragt.
    Ich bin die Einzige, die antworten kann.
    Ich antworte nicht.
    Â»Ich meine, man rennt doch nicht einfach so über die Straße.«
    Nein!
    Nein, das tut man nicht.
    Das hat er nicht getan.
    Nicht einfach so.
    Frag noch einmal, dann sage ich es.
    Sie fragt nicht.
    Sie wischt sich Tränen aus dem Gesicht. Jetzt weint sie doch wieder.
    Meine Hand will etwas, sie hebt sich. Als wollte sie aufzeigen. Wie in der Schule. Keiner nimmt mich dran. Da senkt sie sich wieder.
    Isabella beugt sich über Rico. »Bruderherz. Ich bin’s. Ich bin sofort hergeflogen, um dir die Leviten zu lesen. Du musst aufwachen, hörst du. Mit wem soll ich mich bitte schön am Telefon fetzen, wenn du da rumliegst und pennst?« Sie nimmt die Hand, die ich losgelassen habe. Nimmt sie von oben. Falsch.
    Â»Ich habe ihm Musik vorgespielt. Und aus einem Buch vorgelesen«, sage

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