Was ist Gott?: Das Buch der 24 Philosophen (German Edition)
est gratia cuius dicitur quodammodo omnia. [ 47 ] Ipse illuminat animam. Sed post abiectionem omnium istarum formarum contemplatur divinitatem. Abnegando et removendo omnes rerum species ab ipsa, convertit se supra se et vult videre causam primam.
Et obtenebratur intellectus animae, quia non est aptus ad illam lucem increatam. Unde cum ad se convertit, dicit: Hic mihi tenebrae sunt.
Die Erkenntnisbilder aller Dinge sind in der Seele, weshalb von ihr mit Recht behauptet wird, sie sei gewissermaßen alle Dinge. Gott ist Licht. Er ist auch Licht in der Seele; er ist gewissermaßen die Seele. Aber er ist unbestimmtes Licht. Die Seele, die sich ihm zuwendet, muss alles Bestimmte vergessen. Dann steht sie im Dunkel.
Alles andere ist Licht, mit Schatten gemischt, oft mehr Schatten. Das sagten Platon und die Bibel. Die Sonne als Bild Gottes, das war alte Tradition. Gott als das unbestimmbare Licht ist Finsternis. Licht oder im Licht, das sind die einzelnen Gegenstände, die wir scharf erfassen. Die Weltdinge sind hier Licht, Gott ist dunkel.
Licht ist demnach reichlich, aber vorläufig. Das Licht leuchtet etwas Bestimmtes, etwas Einzelnes an, nie die unendliche Kugel. Wer diese denkt, tritt in die Finsternis ein, ins Unbestimmte, nicht Festzulegende. Denn er muss Vokabeln ablegen, auf Prädikate verzichten. Er muss alle Einzelbestimmungen fernhalten. Wir bewegen uns gewöhnlich im Hellen, zwischen Einzelnem, Bestimmtem. Wenn wir alles negieren, finden wir uns in der Finsternis, die das einzige wahre Licht ist.
XXII. Gott ist das,
aus dem alles ist, was ist, ohne dass er aufgeteilt würde,
durch den es ist, ohne dass er sich verändern würde,
in dem es ist, ohne dass er sich mit ihm vermischen würde.
DEVS EST
EX QVO EST QVICQVID EST NON PARTITIONE,
PER QVEM EST NON VARIATIONE,
IN QVO EST QVOD EST NON COMMIXTIONE.
Durch Anwendung seines dreigestaltigen Wesens auf das Nichts führt er die Dinge, die sind, zum Sein, so dass sie
aus dem Erzeugenden den Anfang ihres Daseins empfangen,
durch den Erzeugten Stand fassen in ihrem Wesen und
im Allbelebenden Dauer erhalten.
Aber sie gehen aus dem Erzeugenden nicht auf die Weise hervor, dass er geteilt würde, nicht so, dass er etwas den Dingen Anhaftendes aus seinem Wesen zuteilen würde,
auch nicht so, dass die göttliche Wesensnatur, die den Dingen deren Wesensnatur gibt, und zwar durch sich, nicht durch ein anderes, sich dabei verändern würde,
und auch nicht so, dass der Allbelebende, der alles in sich enthält, durch das Aufgenommenwerden Vermischung oder Verunreinigung erlitte.
Applicatione vero suae triformis essentiae ad nihil iuxta illas res quae sunt ad esse producit, ut
ex generante initium suae existentiae perciperent,
per genitum in esse starent,
in vivificatore permanerent.
Sed sic ex generante – quod ipse non dividitur – aliquid de sua essentia eis adhaerentiam tribueret, nec species divina, rebus speciem dans per se, non per alium, se ipsam variaret, nec vivificator, ipsa in se colligens, commixtionem ex interceptione aut impuritatem contraheret.
Die göttliche Einheit tritt in der Welt dreiförmig auf; dies wird markiert durch die drei Schlüsselworte:
Ex quo – aus dem
Per quem – durch den
In quo – in dem.
Das heißt:
Sie ist der Erzeuger, aus dem alles ist, ohne dass der Spender des Seins dabei etwas verliert; er teilt das Sein zu, ohne einen Teil von sich abzugeben.
Sie ist der Erzeugte, der allen Dingen ihre spezifische Natur stabilisiert; sie ist Inbegriff der Wesensgestalten und hält die Dinge als Gestaltete im Sein. Durch sie ist alles geworden, ohne dass sie sich dabei verändert hätte.
Sie ist Lebensquell, der in allem wirkt, der alles durch die Tätigkeit der Dinge zur Einheit zusammenführt, wie es in ihr immer schon vereint ist. Alles ist in ihr, ohne mit ihr vermischt zu sein.
Gott ist als dreigestaltiges Wesen der Grund der Dinge in der Welt, ohne mit ihnen vermischt zu sein, ohne von ihnen Grenzen oder Mängel anzunehmen. Diese trinitarische Metaphysik gleicht Immanenz und Transzendenz Gottes aus, nur: Sie ist Metaphysik, keine Bibeltheologie.
Der Kommentar hat ein klares Konzept der Erschaffung; er benutzt dafür sonst den Ausdruck creatio . Aber hier spricht er mit einer eigenwilligen Wendung von der ‹Anwendung des dreiförmigen Wesens auf das Nichts›. Er geht dabei der Frage nicht weiter nach, was triformis (dreiförmig, dreigestaltig) genau bedeutet. Er will offenbar nicht von drei Personen
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