Was ist koscher - Jüdischer Glaube
zu sitzen bedeutet nur selten, sich dem »strömenden Regen« ausset-zen zu müssen. Die Regenzeit beginnt zwar allmählich – man biĴ et an Sukkot auch inständig um Regen –, doch im frühen Herbst herrschen noch Temperaturen, die wir uns in unseren Breitengraden für so manchen Hochsommer wünschen würden.
Wir sitzen aber auch in Düsseldorf, in Berlin oder in München in HüĴ en, weil wir in unserem Glauben stets die Verbindung zum Land der Verheißung bewahrt haben. GoĴ , Land, Volk – dieses Dreieck ist unaufl öslich.
Sukkot war einst, ähnlich wie Schawuot, ein Erntedankfest. Und viele Riten, die wir heute noch zelebrieren, wie das SchüĴ eln der »Vier Arten« (»Prächtige Baumfrucht, Palmenzweige und Zweige von dichtbelaubten Bäumen und Bachweiden«), über das noch zu sprechen sein wird, erinnern an den landwirtschaĞ lichen Hintergrund des Festes.
Zu Zeiten des Tempels war Sukkot ein Wallfahrtsfest, genauso übrigens wie Pessach und Schawuot. Dreimal im Jahr pilgerte das Volk hinauf nach Jerusalem, zum Heiligtum. An Sukkot feierte es im Tempel und in den Sukkot, den Laubhütten, die in unmiĴ elbarer Umgebung des Heiligtums aufgebaut worden waren. Man tanzte und sang, es wurde die Zeremonie des Wasserschöpfens gefeiert als Dank für alle Gaben, man schöpĞ e aus der Quelle des Schiloach Wasser, das im Tempel dargebracht wurde, zusammen mit dem Weinopfer.
Die Priester führten feierliche Prozessionen durch, in denen sie die »Vier Arten« trugen und in alle Erdrichtungen schüt-244
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telten und auf den Boden schlugen als Zeichen für den Regen, den man unbedingt brauchte. Von diesen Bräuchen sind einige im heutigen Sukkot-GoĴ esdienst erhalten geblieben, auch wenn sich das Fest sehr gewandelt hat.
Heute stehen im Zentrum des Feiertages die Sukka, die LaubhüĴ en, und die »Vier Arten«. Das Gebot, in HüĴ en zu sitzen, ist verbunden mit sehr genauen rabbinischen Anweisungen, wie eine LaubhüĴ e zu bauen ist. Besonders wichtig ist das Dach, das mit Zweigen bedeckt wird. Es muss ein gewisses Maß an SchaĴ en spenden und dicht sein, gleichzeitig muss es aber den Blick auf Himmel und Sterne ermöglichen.
Im Idealfall soll man als Jude die ganze Woche in der Sukka wohnen. Man soll darin gemeinsam essen (das auf jeden Fall!), aber sich auch sonst in jeder freien Minute dort auĢ alten und, wenn es die WiĴ erung erlaubt, sogar dort schlafen.
In den Stetls Osteuropas baute sich jeder Jude gleich nach Ausklang von Jom Kippur eine eigene Sukka. In den modernen Großstädten werden Sukkot auf dem Balkon gebaut, was in Ordnung ist, solange die BauvorschriĞ en der Thora genau eingehalten werden. In den meisten Gemeinden wird auf dem Anwesen der Synagoge eine große Sukka gebaut, damit auch all die, denen es nicht möglich ist, eine eigene LaubhüĴ e zu machen, das Gebot GoĴ es erfüllen können.
Jede Sukka wird innen festlich geschmückt. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Von Girlanden bis zu Bildern und Zeichnungen mit biblischen Motiven, von Obstgestecken bis zu schönen Kerzenarrangements: Je aufwändiger, desto besser. Für Kinder die ideale Spielwiese, sich kreativ auszuto-ben!
Die Sukka ist nicht nur ein Symbol der WanderschaĞ durch die Wüste Sinai. Da Sukkot vier Tage nach Jom Kippur ge-245
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feiert wird, also unmiĴ elbar nach Schließung der himmlischen Gerichtstore, will Sukkot auch daran erinnern, dass der Mensch auf die Hilfe und Unterstützung GoĴ es angewiesen ist. Immer und besonders dann, wenn er meint, »sicher« zu sein, in einem sicheren Haus zu leben.
Denn das Leben ist wie die Sukka: Der Schutz, den die HüĴ e bietet, ist relativ. So ist das Leben. Ohne GoĴ gibt es kein Vertrauen. Man kann sich nur auf den Einen und Einzigen verlassen, man kann nur ihm vertrauen. Und was bleibt jetzt, nach Jom Kippur, dem Menschen auch anderes übrig?
Das Urteil für das kommende Jahr ist gesprochen. Lebe und vertraue, freue dich am Leben, Sukkot ist schließlich ein Freudenfest. Nur durch Freude und ein Leben mit Erfüllung der Mitzwot bist du auf dem richtigen Weg.
Und die »Vier Arten«? Die waren in biblischen Zeiten natürlich auch das Symbol für die Erntezeit, die Rabbinen haben sie aber inzwischen mit neuer Symbolik aufgeladen.
Der Strauß, den man während des Gebets an Sukkot in Händen hält und in bestimmten Augenblicken in alle Him-melsrichtungen, nach
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