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Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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sonst was in der Richtung.« Wieder schüttelte sie den Kopf. »Nein. Ich habe einfach Angst. Warte...« Sie hob ihre gespreizte rechte Hand und zählte an den Fingern ab: »Angst davor, daß mir neun Monate übel ist. Angst, daß mir die Vagina auseinanderreißt. Angst, mit dem Kind sitzenzubleiben, wenn der Vater beschließt, sich mit einer anderen aus dem Staub machen, die nicht so aussieht, als wär sie durch die Mangel gedreht.« Emma nickte, mühte sich, einfühlsam dreinzuschauen, aber es machte ihr zu schaffen, wie knallhart Tess war, wie direkt sie den Dingen immer ins Gesicht sehen mußte. Emma wurde schwindlig dabei, so, als stocke ihr der Atem. »Sonst noch was? O jaah! Angst davor, ein Mongo zu kriegen.« Sie kratzte sich an der Nase. »Immer ein Risiko, wenn man erst mal über fünfunddreißig ist.«
    »Tja...«, sagte Emma leicht trotzig, »den Kinderwunsch vor jemandem zu verteidigen, der solche Ansichten hat wie du, ist immer schwer. Da landet man unweigerlich dabei, daß man Dinge sagt, die wie Klischees klingen. Selbst wenn sie stimmen.« Jacksons Gesicht kräuselte sich, glättete sich kurz und verzog sich dann wieder. »Wie... du fühlst dich anders, wenn du eins hast. Oder...«, und hier schlich sich eine winzige Spur Boshaftigkeit in ihre Augen, die sie schnell niederschlug, »... vielleicht hast du einfach noch nicht den richtigen Mann gefunden .«
    Wie auf ein Stichwort kamen Vic und joe lachend aus der Küche. Vic reichte Emma eine Tasse Tee. Sie sah zu ihm auf und lächelte ihn an, gab aber nichts preis hinter dem Schutzschild ihrer Zähne.
    »Im Gegenteil«, sagte Tess munter, »wenn ich bedenke, wie ich übers Kinderkriegen denke, dann habe ich genau den richtigen Mann gefunden.«
    Vic warf ihr einen fragenden Blick zu und wollte gerade um eine Erklärung bitten, als Jackon mit einem krächzigen und gewaltigen Rülpser, der eher zu einem sechsundsiebzigjährigen Starkbiertrinker gepaßt hätte, einen Schwall hellroter Flüssigkeit auf Tess’ Levi’s 501-Schoß ausspuckte.
    »Oh, das tut mir leid...«
    »Macht wirklich nichts«, sagte Tess grinsend. »Wahrscheinlich hat er jedes Wort verstanden.«
    »Joe, hast du ein Tempo oder so was?«
    »Warte, ich hab welche.«
    Tess holte ein Päckchen aus ihrer Hosentasche, zog eins heraus, und wischte sich die Babykotze — so weich, ohne das kleinste Bröckchen — vom Schoß.
    »Joe«, sagte Emma und sah sich um, wo sie ihren Tee abstellen konnte, »könntest du was holen, damit ich seinen Mund abwischen kann?«
    »Keine Sorge, das mach ich«, sagte Tess. Sie holte ein neues Taschentuch aus dem Päckchen, und dann hatte sie einen Blackout. Keine wirkliche Ohnmacht von der Sorte wie Sie-muß-sofort-an-den-Wiederbelebungsapparat, eher ein kurzer, umnachteter Moment, in dem ihre normale Einschätzung der unmittelbaren Realität, und damit ihr Urteilsvermögen, leicht, aber auf fatale Weise verrutschte. Im ersten Moment merkte sie es nicht. Tess glaubte tatsächlich, sie vollbrächte eine gute Tat, mit der sie vielleicht die Schroffheit ihrer Antikindertirade von vorhin ein wenig wiedergutmachen könnte. Erst als sie von Jackson aufblickte, den fassungslosen Ausdruck in Vics Gesicht sah und das schiere Entsetzen in dem von Emma und Joe, wurde ihr klar, daß sie die ganze Zeit wie wild gerieben hatte, aber nicht an dem Mundwinkel Jacksons, von dem ihm in hübscher, gerader Linie eine Spur von Erbrochenem zum Kinn herablief, sondern an der durch das lila Muttermal entstellten Seite.

VIC

    S eit Tess wieder zurück war und deshalb regelmäßig (aber unvorhersehbar) bei ihm in der Wohnung auftauchen würde, hatten Vic und Emma natürlich eine Affäre. Solange Tess in Frankreich gewesen war, hatte ihre Liaison keinen Namen gehabt — keiner von beiden hätte von einer Affäre gesprochen, aber jetzt wurde es unausweichlich zu einer durch die bloße Tatsache, daß sie mit Tess’ Rückkehr keinen Ort mehr hatten, wo sie sich treffen konnten. Nichts bringt einem die Wirklichkeit, daß man eine Affäre hat, deutlicher zu Bewußtsein als Geographie.
    Vic hatte noch nie eine Affäre gehabt. Beliebige Untreue war ihm lieber — zufällige Treffen, unvorhergesehene Glücksfälle. In gewisser Weise wären Affären vielleicht genau das Richtige für ihn gewesen — vor allem in der Sexuelle-Vielfalt-Hinsicht —, aber eine Affäre erfordert ein hohes Maß an Organisation, im Gegensatz zur beliebigen Untreue, die einfach passiert. Bei einer Affäre, das war Vic

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