Was sich kusst das liebt sich
Fat Bottomed Girls, bis ihnen die Bacardi Breezers ausgegangen waren.
Neve hatte sich den ganzen darauffolgenden Tag an Celias Schulter ausgeweint. Celia hatte ihrer Mutter von dem Vorfall berichtet, die hatte es Mr Slater erzählt. Ihr Dad musste dann ein Wort mit Dougie gewechselt haben, und der wiederum hatte zweifellos etwas zu Charlotte gesagt, denn von da an hatte sie mit harten Bandagen gekämpft. Seither herrschte Krieg. Celia und Charlotte hatten sich mitten auf der Stroud Green Road ein Schreiduell geliefert, woraufhin Mrs Slater sich kaum mehr dazu überwinden konnte, einigermaßen höflich zu Charlotte zu sein, und Charlotte ließ ihren Zorn darüber dann an Neve aus. Plus ça change, plus c’est la même chose, wie die Franzosen so schön sagen. Alles merde.
» Es tut mir leid«, wiederholte Neve, weil es nicht das Geringste nützte, irgendwelche Erklärungen zu liefern oder sich– Gott bewahre– auf irgendwelche Diskussionen mit Charlotte einzulassen. Charlotte zahlte einem alles hundertmal so schlimm zurück, und sie wurde immer persönlich. Deshalb hatte Neve vor langer Zeit beschlossen, auf Wiederholung statt auf logische Argumentation zu setzen. » Es tut mir echt leid.«
» Was soll das?«, bellte Charlotte, als Neve einen Schritt nach vorne machte. » Wie oft muss ich es dir noch sagen? Schuhe aus!«
Mit der Grazie eines Elefantenbabys balancierte Neve auf einem Fuß, während sie versuchte, ihre Stiefel auszuziehen, was damit endete, dass sie das Gleichgewicht verlor und äußerst unsanft an ihr Fahrrad stieß.
Prompt explodierte Charlotte erneut. » Dein dämliches Rad hat im Flur überhaupt nichts zu suchen!«, fauchte sie, während Neve behutsam ihre schmerzende Hüfte abtastete, um festzustellen, ob sie sich etwas gebrochen hatte. » Du bist so verdammt egoistisch. Neulich habe ich mir daran eine nagelneue Strumpfhose zerrissen. Die solltest du mir eigentlich bezahlen.«
Der Eingangsbereich des großen viktorianischen Gebäudes war so breit, dass man darin locker drei Räder nebeneinander abstellen hätte können, und es wäre immer noch genügend Platz gewesen, um ungehindert daran vorbeizugehen. Aber Neve hütete sich wohlweislich, Charlotte darauf hinzuweisen. » Ich könnte versuchen, es mit zwei großen Haken an der Wand aufzuhängen, aber ich weiß nicht, ob das der Putz aushält.«
» Ist mir doch scheißegal! Lass es gefälligst draußen stehen! Figurmäßig bringt das Radfahren bei dir ohnehin nicht viel, oder?«, ätzte Charlotte. Wenn sie derart boshaft grinste, wirkte sie wenigstens nicht mehr ganz so hübsch.
Es waren immer dieselben alten, abgelutschten Beleidigungen, die sie Neve an den Kopf warf, und sie entsprachen nicht einmal mehr den Tatsachen. Trotzdem blickte Neve an sich hinunter, um sich zu vergewissern, dass ihr Körper nicht auf das Doppelte angewachsen war, seit ihre Schwägerin angefangen hatte, sie anzuschreien.
» Entschuldige«, murmelte Neve erneut. Sie stand einfach nur da und ließ Kopf, Schultern und Arme hängen, bis Charlotte ein letztes Mal unterdrückt fluchte, in ihrer Wohnung verschwand und die Tür hinter sich zuschlug.
Auf alles gefasst Neve schlich hinauf in die erste Etage, denn es war schon vorgekommen, dass Charlotte eine kleine Zusatzvorstellung eingeschoben hatte, damit Neve auch ja nicht auf die Idee kam, sich in Sicherheit zu wiegen.
In ihren eigenen vier Wänden angekommen, bereitete sich Neve ganz leise ein Omelette zu und achtete dabei sorgfältig darauf, Teller und Küchenutensilien auf den Plastikmatten abzustellen, die sie sich eigens dafür angeschafft hatte. Sie hatte sogar schalldämpfende Gumminoppen an den Innenseiten ihrer Schranktüren angebracht; bei der Besteckschublade war allerdings Hopfen und Malz verloren. Sie setzte sich mit ihrem Abendessen an den Küchentisch. Mittlerweile war es halb acht und somit eher unwahrscheinlich, dass Charlotte von unten an die Decke hämmerte, denn um diese Zeit machte sie es sich für gewöhnlich vor dem Fernseher gemütlich, um EastEnders zu schauen. Wenn man Charlotte Slater hieß und die abscheulichste, gemeinste, boshafteste Hexe war, die jemals auf Erden gelebt hatte, konnte man nämlich selbst das leise Klappern der Computertastatur oder sogar das Umblättern einer Buchseite als Lärmbelästigung bezeichnen.
Beim Geschirrspülen dachte Neve an Max. Eigentlich hatte sie schon den ganzen Nachmittag an ihn gedacht. Wenn sie doch nur zu den Mädchen gehören würde, die im
Weitere Kostenlose Bücher