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Was sich kusst das liebt sich

Was sich kusst das liebt sich

Titel: Was sich kusst das liebt sich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manning Sarra
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statt sie in Ruhe heilen zu lassen, aber Neve zwang sich trotzdem dazu. Sie sah sich mit zugekniffenen Augen und jener gequälten Miene daliegen, die sie laut ihrer Familie zur Schau trug, wenn es mal wieder Räucherhering gab.
    » … wenn sich die Frau, die unter mir liegt, ganz offensichtlich wünscht, sie wäre irgendwo anders.«
    Max hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte, und er hatte aufgehört. Und sauer war er erst geworden, als sie angefangen hatte, sich wie eine Verrückte aufzuführen. Herrje, sie schaffte es noch nicht einmal, sich den richtigen Kerl für einen One-Night-Stand auszusuchen. Celia hatte gesagt, Max sei ein gewissenloser Schürzenjäger, und er war seinem Ruf zweifellos gerecht geworden, aber hatte Neve nicht auch den Eindruck vermittelt, dass sie gewillt war, sich verführen zu lassen?
    Statt sich weiter zu echauffieren und als Opfer der unzüchtigen Ereignisse der letzten Nacht zu betrachten, musste sich Neve plötzlich einer unerfreulichen Wahrheit stellen: Max war derjenige, dem Unrecht widerfahren war.
    Verdammter Mist!
    Nachdem sie auf der Heimfahrt fast von einem Taxifahrer umgemäht worden war, der ohne zu blinken auf die Busspur gewechselt hatte, öffnete Neve die Haustür und wappnete sich für das, was sie unweigerlich dahinter erwartete.
    Kaum hatte sie ihr Rad an die Wand gelehnt und die Aktentasche aus dem Fahrradkorb genommen, da schwang auch schon die Wohnungstür ihres Bruders Douglas auf und das unausbleibliche Gezeter begann, noch ehe Charlottes Kopf über dem Treppengeländer zu sehen war.
    » Gestern hab ich mal wieder kein Auge zugetan«, kreischte Charlotte in ohrenbetäubender Lautstärke. In einer Sekunde von null auf hundert, wie immer. » Was zum Geier hast du getrieben?«
    Neve wusste, dass sie, Neve Slater, ein erwachsener Mensch war– sie ging wählen, aß Gemüse, ließ alte Leute zuerst in den Bus einsteigen, hatte einen Job und bezahlte pünktlich ihre Rechnungen. In Charlottes Gegenwart jedoch verwandelte sie sich jäh wieder in die schüchterne, linkische, stotternde Fünfzehnjährige, die sie einmal gewesen war.
    » Tut mir echt leid, Charlotte«, wimmerte sie. » Es wird nie wieder vorkommen.«
    » Dass du mal einen Mann mit nach Hause nimmst, passiert vermutlich ohnehin nur alle zehn Jahre einmal«, fauchte Charlotte. Ihr Gesicht war verzerrt vor Wut, wie immer, wenn Neve in ihre Nähe kam, was ihrem ausnehmend attraktiven Aussehen erstaunlicherweise keinen Abbruch tat.
    Ohne die Solariumbräune, die falschen Wimpern und die blonden Strähnchen in ihrem mausbraunen Haar hätte man Charlotte durchaus als natürliche Schönheit bezeichnen können. Sie war groß und gut gebaut, und ganz egal, ob sie einen ihrer geliebten Trainingsanzüge von Juicy Couture oder ein kleines Schwarzes und hochhackige Schuhe trug, sie wirkte wie aus dem Ei gepellt. Selbst in Jeans und mit Pferdeschwanz sah sie aus, als käme sie gerade von einem Topstylisten.
    Neve musste sich von ihrer Mutter, die leider keine Ahnung hatte, ständig anhören, sie solle sich doch etwas mehr Mühe geben, mit Charlotte auszukommen. Aber Neve dachte nicht im Traum daran, irgendwelche Anstrengungen zu unternehmen, um sich ausgerechnet mit jener Zicke anzufreunden, die ihr die vergangenen zehn Jahre das Leben zur Hölle gemacht hatte, selbst wenn sie mittlerweile ihre Schwägerin war. Anfangs, gleich nach Charlottes Einzug, war es gerade noch auszuhalten gewesen, denn da waren sie einander aus dem Weg gegangen. Doch dann war jenes schicksalshafte Wochenende gekommen, an dem Douglas nach Sheffield gefahren war und Charlotte ihre fiesen Freundinnen eingeladen hatte. Dieselben fiesen Freundinnen, die Neve schon in der Schule gepiesackt hatten, von der fünften bis zur zwölften Klasse.
    Sie waren gerade in ihren sexy Stöckelschuhen die Treppe hinunterstolziert, eingehüllt in eine widerliche Parfümwolke, als Neve ihnen begegnet war. Und da war der gemeine Namen gefallen, der sie die gesamte Schulzeit hindurch begleitet hatte. Schlimmer noch: Eine von ihnen hatte sie mit der Schulter angerempelt und an die Wand gedrängt. Gegen drei Uhr früh waren sie dann betrunken nach Hause gekommen waren, um weiter zu trinken und SingStar zu gucken, so laut, dass sogar Celia (nicht Neve, sondern Celia ) an ihre Tür gehämmert und gebrüllt hatte, sie sollten verdammt noch mal leiser sein. Daraufhin war es richtig losgegangen. Sie hatten Nellie the Elephant gesungen, gefolgt von Hey, Fattie Bum Bum und sogar

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