Was sich kusst das liebt sich
dann sind da noch die Kosten fürs Fitnessstudio und für Gustav… Und hast du eine Ahnung, wie viel ich wöchentlich für Bio-Obst und Biogemüse ausgebe? Von mir kriegst du nichts mehr. Du zahlst es mir ohnehin nie zurück.«
Das stimmte. Celia schuldete ihr geschätzte tausend Pfund, eine Tatsache, die sie normalerweise beide nicht erwähnten. Aber jetzt war Neve schlecht drauf, und Celia war die Einzige, an der sie ihre Laune ungestraft auslassen konnte.
» Was ist dir denn für eine Laus über die Leber gelaufen?« Celia schlüpfte aus dem Peeptoe-Boot und schaffte es, eine ganze Menge Pathos in ihre Worte zu legen, obwohl sie auf einem plateaubesohlten Fuß balancierte. » Wenn du mir schon kein Geld leihen willst, wäre es echt hilfreich, wenn du mit Max Schluss machen würdest. Dann muss ich nur einen Zwanziger für sein Geschenk springen lassen.«
Daran hatte Neve noch gar nicht gedacht. Wenn sie die Sache mit Max beendete, wäre zumindest eines ihrer zahlreichen Probleme gelöst. » Ich denk darüber nach«, versprach sie, und es war absolut ernst gemeint, doch Celia grinste und tat, als würde sie ihren iPhone-Kalender konsultieren.
» Wie war das, du wolltest zwei Monate mit ihm zusammenbleiben? Da fehlen aber noch vier Wochen, Neve!« Sie musterte ihre Schwester streng. » Hätte nicht gedacht, dass du so schnell aufgibst.«
Kapitel 18
Rose hatte für die Jahreshauptversammlung bei Pret A Manger mehrere große Platten mit Sandwiches bestellt, die neben einer Schüssel mit nicht mehr gerade taufrisch aussehendem Obst auf dem großen Tisch im Lesesaal standen. Das Archiv war heute für den Publikumsverkehr geschlossen. Neve hielt auf der Schwelle inne und betrachtete die Sandwiches bekümmert. Rose wusste doch, dass sie nur Wraps essen konnte, weil die weniger Kohlehydrate enthielten, aber das war ihr ganz offensichtlich egal gewesen. Wahrscheinlich betrachtete sie Neve bereits als ihre Exkollegin.
» Steh hier nicht rum, Neve«, brummte Chloe hinter ihr. » Beweg dich.«
Die fünf Kuratoren saßen stets auf der Fensterseite, die Archivangestellten drängten sich auf den Plätzen ihnen gegenüber. Das Hauptproblem bestand darin, dass keiner neben Mr Freemont sitzen wollte, was nicht nur an seiner chronischen Unleidlichkeit lag, sondern auch an dem Geruch, den er verströmte. Das wiederum war zweifellos darauf zurückzuführen, dass er nie die Kleidung wechselte. Tagein, tagaus erschien er in demselben Outfit (graue Hose, graues Hemd, braune Strickjacke); in der schlimmsten Hitzewelle genauso wie wenn es draußen regnete oder ein Schneesturm tobte. Jedenfalls hatte Neve ihn in den drei Jahren, die sie nun hier arbeitete, kein einziges Mal in anderen Klamotten gesehen.
Vor jedem Meeting, bei dem Mr Freemont anwesend war, wurde daher eine Art Reise nach Jerusalem veranstaltet. Da gab es ein Gerempel und Gerenne, und im Falle von Chloe regelrechte Bodychecks, während jeder versuchte, sich einen Platz in möglichst großer Entfernung ihres Chefs zu sichern. Im Augenblick standen sie noch alle am Empfang und warteten nervös darauf, dass Mr Freemont eintrat und sich setzte.
Pünktlich um fünf vor eins kam er angehastet, hielt einen spannenden Augenblick lang inne und stellte sich dann entschlossen hinter den Stuhl in der Mitte, nahm jedoch nicht Platz.
» Worauf wartet ihr noch?«, bellte er seine Untergebenen an. » Setzt euch hin!«
Keiner rührte sich, bis Neve einen Schritt nach vorn wagte.
» Tu’s nicht!«, zischte ihr Philip ins Ohr, doch sie ignorierte es einfach, denn sie war sauer auf ihn, und da sie sich auf diese Weise eine gute Startposition gesichert hatte, konnte sie ans andere Ende des Tisches galoppieren, sobald sich Mr Freemont, wie schon im Vorjahr, auf dem Platz direkt vor den Sandwiches niedergelassen hatte.
Neve gestattete sich ein kleines, triumphierendes Lächeln, als Rose von einem der Doktoranden unsanft zur Seite geschubst wurde, wodurch sie kostbare Sekunden verlor und sich schließlich neben Mr Freemont setzen musste, den Kopf angewidert zur Seite gewandt.
Nach fünfzehn Minuten ungezwungenen Geplauders, in denen sie sich an den Sandwiches gütlich taten (aber nur an denen, die Mr Freemont nicht berührt hatte, denn es war bekannt, dass er sich nach dem Pinkeln nie die Hände wusch), gesellten sich die fünf Mitglieder des Kuratoriums zu ihnen.
Als Erstes trat der ältere Herr ein, der stets binnen fünf Minuten einnickte, gefolgt von einem bärbeißigen
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