Was sich liebt, das trennt sich: Roman (German Edition)
ähnlich.« Jeremy ließ sich sein Carpaccio schmecken. Zumindest aß er keinen tiefgefrorenen Fleischauflauf mit Erbsen aus der Dose. Peggy beschloss, ihm seinen Essenspunkt zurückzugeben.
Als das Essen vorbei war, begleitete Jeremy sie bis zur Ecke und sagte ihr, dass er sie gerne wiedersehen würde. Er kam näher. Sie blieb stehen und versuchte zu entscheiden, ob sie sich etwas vorbeugen sollte, damit er sie küsste, oder ein Stück zurückweichen sollte, damit er ihr die Hand gab.
Ein Auto donnerte auf der Straße hinter ihr vorbei. Sie fing Gesprächsfetzen vom Bürgersteig auf: Eine Frau fasste eine Kolumne aus der Times von heute zusammen, zwei Teenager stritten lachend darüber, ob sie nun zu dieser Party oder in jenen Film gehen sollten.
Sie lehnte sich nach vorn.
Es war ein schöner Kuss. Angemessen zurückhaltend mit genau richtigem Druck - genug, um zu zeigen, dass er Interesse hatte, aber nicht aufdringlich. Es war gut, nach so langer Zeit wieder geküsst zu werden, und ihr Körper reagierte darauf, selbst wenn ihr Herz stur auf Distanz ging; sie verschränkte die Arme in seinem Nacken - rasiert, wie sich herausstellte.
Als der Kuss zu Ende war, fragte Jeremy: »Was machst du nächstes Wochenende?«
Peggy war verstört. Warum schmolz sie nicht vor Verlangen dahin?
»Die Band meines Freundes hat am Samstag einen Auftritt. Möchtest du mitkommen?«
»Okay«, hörte sie sich selbst zustimmen, dann fiel es ihr wieder ein. Sie konnte dieses Wochenende nirgendwohin gehen, und nächstes nicht und auch an keinem anderen Wochenende während der kommenden zehn Monate und jetzt noch vierzehn Tage. »Habe ich ganz vergessen. Ich kann nicht. Ich ...« Sie verkniff sich den Rest des Satzes. Wie sollte sie das erklären?
»Wie wäre es mit ...« Er zog den Apparat von seinem Gürtel, berührte den Bildschirm und blickte darauf. »Nächstem Donnerstag?«
»Okay.« War es okay? Sie nahm es an. Jeremy und sie hatten so viel gemeinsam. Sie hielt ein Taxi an und ließ sich von Jeremy auf die Wange küssen, bevor sie allein einstieg und spürte, wie sie sich entspannt in die aufgeplatzten Kunststoffpolster zurücksinken ließ.
11
Bex fühlte sich komisch.
»Wie, komisch?«, fragte Peggy.
»Anders. Ich kann es nicht erklären. Es bedeutet vielleicht ... du weißt schon.« Selbst durch das Handy mit dem in New Nineveh wie immer schlechten Empfang, der durch den draußen heulenden Novemberwind noch schlechter wurde, konnte Peggy die Stimme ihrer Freundin vor Aufregung zittern hören.
Sie zog sich ihr altes, löchriges New-York-University-Sweatshirt über den Kopf. »Dass du ...« Sie wollte es auch nicht aussprechen. Das war vielleicht kein gutes Omen.
Es klopfte an Peggys Tür. »Fertig?«
»In einer Minute.« Peggy zog das Sweatshirt ganz herunter. »Das war Luke«, erklärte sie Bex.
»Was macht ihr beiden Verrückten denn?«
»Wir bekämpfen den Schimmel im Keller. Hier ist immer nur Party angesagt.« Peggy hielt inne. »Du hältst mich doch auf dem Laufenden, nicht wahr?«
»Darauf kannst du dich verlassen«, meinte Bex.
Peggy kannte den Keller nur sehr flüchtig. Sie hatte mal während ihrer Erkundungsphase an den ersten Wochenenden hineingesehen. Aber er war noch dunkler und unheimlicher als der Rest des Hauses, und normalerweise war ein Keller für Peggy wie die Milz: Man wusste, dass sie da war, man wusste, dass sie eine wichtige Funktion hatte, aber man hatte keine Lust, sie zu sehen. »In Kalifornien gibt es keine Keller«, sagte sie zu Luke. In einer Gummihandschuh-Hand trug sie einen Plastikeimer, in dem vor langer Zeit mal zehn Liter Farbe gewesen waren. Mit der anderen umklammerte sie das wackelige Geländer und folgte Luke die enge, steile Holztreppe hinunter, auf der man sich vermutlich gut das Genick brechen konnte. »Sie bauen die Häuser auf Betonplatten, direkt auf den Boden.«
»Kein Keller?« Luke, der einen Besen, eine Schaufel und eine Taschenlampe trug, griff über seinen Kopf und zog an einer Glühbirnenschnur, von deren Existenz Peggy nichts geahnt hatte. »Und wo lagern Kalifornier dann ihr Radon und giftige Substanzen?«
Sie gingen tiefer in den Keller, durch die renovierten Bereiche mit gestrichenen Wänden und rissigem Betonboden. Danach waren die Wände aus Stein und mit Spinnweben bedeckt und der Boden nur plattgedrückte Erde, und der feuchte, muffige Geruch, den sie im Haus vage wahrgenommen hatte, umgab sie hier. Sie bedeckte Mund und Nase mit der Hand.
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