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Was Soll Ich Tun

Was Soll Ich Tun

Titel: Was Soll Ich Tun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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der andere nicht versöhnungsbereit ist. Wir sollen aber nicht über ihn urteilen, sondern betrauern, dass er so ist. Wie verletzt muss er sein, dass er an seiner Wunde so festhält? Wovor hat er Angst? Hat er Angst, sich selbst und seine Lebensgrundsätze in Frage zu stellen? Hat er Angst, sich selbst dabeizu verlieren? Jetzt geht es darum, zu respektieren, dass er noch nicht bereit ist, sich zu versöhnen. Aber ich soll die Hoffnung nie aufgeben. Ich soll ihn selbst nie aufgeben. Ich lasse immer eine Tür offen. Aber ich muss ihn nicht täglich drängen, durch die offene Tür zu gehen. Es ist seine Entscheidung, ob er das Angebot der offenen Tür eines Tages annimmt oder ob er für immer draußen bleiben möchte. Auch das muss ich respektieren, selbst wenn es mir schwer fällt. Doch auch wenn der andere nicht bereit ist, sich mit mir zu versöhnen, ist es meine Aufgabe, mich innerlich mit ihm zu versöhnen, d. h. ihm keine Vorwürfe mehr zu machen, ihn sein zu lassen, wie er ist, und ihm trotzdem die Hand zur Gemeinschaft hinzuhalten. Ich bin mit dem andern versöhnt, wenn ich nichts mehr gegen ihn habe. Das ist immer auch eine Wohltat für mich. Denn solange ich nicht versöhnt bin, bin ich noch an den andern gebunden, gebe ich ihm noch Macht. Seine negative Energie strömt noch in mir. Die Versöhnung befreit mich von dieser negativen Energie. Sie heilt die Wunde, die noch in mir ist und schenkt mir inneren Frieden.
    Ich habe Angst vor Menschen, die massiv auftreten, mir rhetorisch überlegen sind und auch noch eine Position haben, die sie mir „von oben herab“ entgegentreten lässt.
    Was kann ich gegen diese
    innere Lähmung tun?
    Zunächst wäre es gut, wenn Sie sich fragen, an wen Sie solche Menschen erinnern, denen Sie sich unterlegen fühlen. Vermutlich ist es der Vater, der Sie eingeschüchtert hat. Oder aber Sie haben in Ihrer Kindheit zu wenig Selbstwert entwickelt. Sie lassen sich von diesen Menschen zu sehr in die Rolle des Unterlegenen hinein drängen. Sie sollen jetzt keinen Machtkampf führen. Der erste Weg ist, dass Sie gut bei sich selbst, also mit sich selber in Berührung sind. Wenn Sie mit sich in Berührung sind, dann hat der andere nicht soviel Macht über Sie. Sie können sich vorstellen: Ich bin ganz eins mit mir, ich befinde mich im Frieden mit mir. Ich spüre mich in meiner Einmaligkeit. Ich darf so sein, wie ich bin. Ich muss gar nicht so stark im Reden sein. Aber ich bin ich.
    Und dann stellen Sie sich vor: wenn ich so im Einklang bin mit mir, kommt nun dieser Mensch, vor dem ich oft wie gelähmt bin, auf mich zu und fängt an, mich von seinen Argumenten zu überzeugen. Ich muss ihm gar nicht erwidern. Ich bleibe einfach bei mir, beobachte, was im anderen abläuft. Warum muss er so massiv auftreten? Warum muss er seine Argumente mit einerso großen Rhetorik untermauern? Glaubt er selbst nicht daran? Muss er so viele Gründe finden, weil er keinen inneren Grund hat, auf dem er steht? Und was würde ich ihm antworten, wenn ich ganz bei mir bleibe? Oder würde ich lieber schweigen, weil es sich gar nicht lohnt, darauf zu antworten? Würde ihn vielleicht gerade mein Schweigen verunsichern?
    Stellen Sie sich vor, dass
    der andere auch nur ein
    Mensch ist, einer,
    der hinter seiner Fassade
    manches verstecken muss.
    Wenn Sie sich in der Vorstellung das Gespräch ausmalen, wird es Ihnen auch helfen, in der Realität anders mit diesen Personen zu sprechen und anders auf sie zu reagieren. Wenn Sie dann wirklich im Gespräch sind, werden Sie nicht mehr gelähmt erstarren. Der andere wird Sie dann vielmehr in Berührung bringen mit Ihrer eigenen Kraft und Ihrer eigenen Fähigkeit. Aber das braucht Zeit. Sie haben zu mächtige Bilder vom anderen in sich gespeichert. Stellen Sie sich vor, dass der andere auch nur ein Mensch ist, einer, der hinter seiner Fassade manches verstecken muss. Sie brauchen andere Bilder von sich selbst und vom anderen, damit das Gespräch gelingt. Von sich selbst haben Sie offensichtlich ein geringes Selbstbild. Vielleicht drückt es sich aus in Worten wie: Ich bin nicht richtig. Ich bin klein und unbegabt. Ich genüge nicht den Ansprüchen. Und auch vom anderen haben Sie ein unrealistisches Bild: Der hat viel Macht. Er durchschaut mich. Er ist mir überlegen. Ich genüge nicht seinen Erwartungen. Suchen Sie sich nicht irgendwelche beliebigen Bilder aus, sondern Bilder, die für Sie und den anderen stimmen und die Beziehung realistischer werden lassen. Dann werden nicht

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