Was wir unseren Kindern in der Schule antun
Kinder haben so stets die Möglichkeit, noch eigenes einzubringen und meine Auswahl zu bereichern. Die erste Stunde ist so gut wie immer eine Eröffnung des gesamten Themas, nur bei wenigen Themen wähle ich einen sehr direkten hinführenden Weg, wenn mir das sinnvoller erscheint. In den darauffolgenden Stunden befassen wir uns immer mit einigen Details genauer, stets im Zusammenhang mit dem Ganzen. Welcher Aspekt wann vertieft betrachtet wird, wann welche Materialien verwendet werden, das kann trotz vorheriger Strukturierung flexibel entschieden werden, je nachdem, welche Fragen die Kinder stellen, was sie selbst einbringen, wie die Beschäftigung mit dem Thema verläuft. An den geeigneten Stellen setze ich dann Arbeitsblätter oder Hefteinträge ein, die dazu dienen, erarbeitete Inhalte festzuhalten oder durch eine Ãbung zu vertiefen. Begriffe, Fakten und Inhalte, die Kinder beherrschen sollen, wiederhole ich, so oft es sinnvoll möglich ist, in möglichst unterschiedlichen Variationen. Eine sehr zielgerichtete Prüfungsvorbereitung halte ich hier sogar für äuÃerst sinnvoll. Manche Dinge müssen Kinder einfach wissen. Wenn ich es nicht in der Schule mache, bleibt es den Eltern daheim überlassen, und dann ist nicht dafür gesorgt, dass alle Kinder dieses Wissen tatsächlich beherrschen. Es hat wenig Sinn, beispielsweise
die Bundesländer durchzunehmen und die Kinder diese daheim auswendig lernen zu lassen. Das Einzige, was man in der darauffolgenden Prüfung abprüft, ist, welche Eltern Zeit zum Lernen hatten. Deshalb mache ich das lieber mit allen Kindern gemeinsam in der Schule, sodass alle eine Chance darauf haben, diese Inhalte zu können. Denn allein lernen können Kinder in diesem Alter noch nicht.
Bei immer weiterführenden oder sich zunehmend vertiefenden und ausdifferenzierenden Themen, wie beispielsweise beim Rechnen, beim Rechtschreiben und in der Grammatik, gilt es von Anfang an eine fundierte Vorstellung zu schaffen, die eine stetige Ausweitung und Vertiefung auf der Basis grundlegender Prinzipien ermöglicht. Die Zugänge sind unterschiedlich. Bei Inhalten, die unser Leben ständig durchweben, wie beispielsweise die Rechtschreibung und die Grammatik, muss mit der Zeit ein Erkenntnisvermögen geschaffen werden, sodass die Kinder in diesem Bereich immer besser differenzieren können. Das ist ein Prozess, der auf sehr lange Zeit angelegt werden muss, da die Inhalte sehr komplex sind. Die Kinder lernen erst mit der Zeit die zahlreichen Begriffe und Strategien zu kategorisieren und zu unterscheiden. Es hat wenig Sinn, einzelne Rechtschreibfälle oder grammatikalische Strukturen durchzunehmen und detailliert zu betrachten, wenn nicht vorab ein Bewusstsein über zugrunde liegende Funktionen und Zusammenhänge geschaffen worden ist.
So beginne ich am ersten Schultag schon zu den ersten Wörtern, die Kinder zu einem Buchstaben finden, zu sprechen: âApfel ist ein Namenwort. Es ist der Name für ein Obst. Das Wort Apfel hat zwei Begleiter (so bezeichnen wir die Artikel in dieser Lernphase noch), der Apfel, ein Apfel und wir können es in die Mehrzahl setzen, die Ãpfel.â Ich sage das ganz nebenbei, ohne groà die Aufmerksamkeit darauf zu lenken. Kinder müssen auch noch gar nicht verstehen, was ich ihnen da sage, und doch bekommen sie mit der Zeit ein Gefühl dafür, dass diese aneinandergereihten Buchstaben Worte mit unterschiedlichen Funktionen sind, bekommen Lust, sich damit genauer zu beschäftigen und wollen auch etwas über die anderen Wortarten
lernen. Ausgehend von einer erworbenen Kompetenz, in diesem Fall dem Erkennen von Namenwörtern, werden dann weitere Unterscheidungen vorgenommen, stets auf dem ganzen Feld der Sprache.
In der Mathematik ist einer der entscheidendsten Faktoren, dass ich die sinnvollsten Anschauungsmaterialien wähle und damit so arbeite, dass die Kinder die zugrunde liegenden Strukturen intuitiv aufnehmen. So habe ich beispielsweise für das Einmaleins Perlenketten gebastelt, wie sie auch Maria Montessori verwendet hat. Ich beginne bereits ein paar Wochen vor der eigentlichen Sequenz, indem ich beispielsweise drei Fünferketten auf den Overheadprojektor lege. Problemlos rechnen die Kinder 3 à 5 = 5 + 5 + 5 = 15. Alle paar Tage beschäftigen wir uns wenige Minuten mit ein paar Aufgaben, damit sich die Kinder einfach schon daran gewöhnen können. Das Einmaleins
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