Wasser-Speier
dich von mir etwas ablenken?« fragte sie sä u selnd.
Hiatus schnitt eine Grimasse. »Ich weiß, daß du eine bloße An i mation des Philters bist und daß du mir nicht dabei helfen wirst, ihn zu finden. Warum verschwindest du nicht einfach?«
»Aber ich könnte doch sehr nett zu dir sein, wenn du mich läßt«, wandte sie ein.
»Die einzige, von der ich mir das wünsche, ist die echte Desiree, nicht irgendeine seelenlose Imitation.«
»Und wenn er eine falsche wollte, der er vertrauen könnte, würde ich das schon erledigen«, ergänzte Mentia und nahm die Gestalt der Dryade an.
Hiatus ließ den Blick von der einen zur anderen schweifen und reagierte beunruhigt. Er konnte sie nicht auseinanderhalten! Ang e nommen, daß er nun glaubte, mit Mentia zusammenzusein, wä h rend es in Wirklichkeit Desi war?
»Ich…«
»Guter Einwand«, meinte Mentia und nahm wieder ihre gewoh n te Gestalt an. »Ich husche mal schnell zu den anderen rüber und sehe nach dem Rechten. Der da darfst du nicht über den Weg trauen.« Sie verschwand.
»Aber…«, protestierte er.
Da spürte er den Druck ihrer unsichtbaren Hand auf seiner Schulter. Mentia verließ ihn also nicht wirklich, sie tat nur so als ob, um festzustellen, was Desi jetzt unternehmen würde. Das war sehr beruhigend. Doch Hiatus behielt seine bekümmerte Miene bei, damit Desi nichts merkte. Natürlich konnte sie seine Geda n ken lesen – aber vielleicht tat sie das im Augenblick ja gerade nicht.
»Ich könnte dir dabei helfen, ihr zu helfen«, schlug Desi vor.
»Mentia braucht keine Hilfe.«
»Ich sprach von Desiree. Hat sie nicht Probleme mit ihrem Baum?«
»Ja. Der Wahnsinn verpaßt ihm Quadratwurzeln, aber er braucht runde Wurzeln, um zu gedeihen.«
»Und dein Talent besteht darin, runde Wurzeln wachsen zu la s sen.«
»Mein Talent besteht darin, Ohren, Augen, Münder und Nasen wachsen zu lassen. Aber wenn ich es hier im Wahnsinn versuche, bringt der alles durcheinander.«
»Hier im Wahnsinn besteht dein Talent darin, runde Wurzeln wachsen zu lassen«, wiederholte sie. »Und genau das braucht der Baum der Dryade!«
Verblüfft blieb Hiatus stehen. »Du hast recht! Ich kann ihrem Baum tatsächlich helfen!«
»Und dann wirst du gewiß ihre Liebe gewinnen, um bis in alle Ewigkeit glücklich bei ihr bleiben zu können. Vielleicht solltest du sofort zu ihr gehen, um gleich mit deinem Glück anzufangen.«
»Stimmt!« rief Hiatus.
Da spürte er wieder die unsichtbare Hand an seiner Schulter, die ihn ermahnte.
»Nein«, entschied er schließlich. »Erst, wenn Garys Auftrag hier erledigt ist.«
»Du bist vielleicht ein Blödmann«, meinte Desi. »Ohne deine Hilfe wird der Dryadenbaum absterben, und die Dryade gleich dazu. Und wenn ihr hier erst einmal gescheitert seid – welchen Trost soll es dir noch geben, wenn du bei der Rückkehr ihren a b gestorbenen Baum erblickst?«
Ihre Worte zermarterten ihm das Herz, weil er fürchtete, daß sie recht behalten könnte. Andererseits wußte er aber auch, daß Desi ihn nur loswerden wollte. Und das wiederum könnte bedeuten, daß der Philter befürchtete, Hiatus könnte gerade im Begriff st e hen, ihn zu entdecken. Also setzte er seinen Marsch fort.
»Vielleicht fällt dir dann ein, die Dämonin beim Wort zu ne h men, was ihr Angebot angeht, Desiree für dich nachzuahmen«, fuhr Desi fort. »Aber sobald ihr das Gebiet des Wahnsinns verla s sen habt, nimmt sie wieder ihre alte Gestalt an und benimmt sich völlig verantwortungslos und verrückt. Folglich wird sie sich an keine Abmachung mehr halten. Dann sitzt du aber schön in der Patsche.«
Hiatus ging weiter, ohne zu reagieren, obwohl ihre Worte ihm einmal mehr gnadenlos präzise zu sein schienen.
»Andererseits kannst du einen Teil deines Verlangens durch mich erfüllen«, fügte Desi hinzu. »Dann hast du wenigstens eine Vorste l lung davon, wie es mit der echten Desiree hätte werden können. «
»Du bist aber nicht sie«, versetzte er, obwohl ihn die bösartige Versuchung durchaus verlockte.
»Aber du brauchst sie doch überhaupt nicht! Dein Problem b e stand doch nur darin, daß du nie eine Frau finden konntest, die so schön ist wie sie. Aber jetzt hast du ja eine – ich bin schließlich genauso schön. Schöner sogar, weil ich deiner Erinnerung an sie zu ihrer Blütezeit entspreche.«
Da hatte sie schon wieder recht. Doch er wußte, daß er ihr nicht trauen durfte. Also ging er weiter.
»Wir nähern uns dem Bahnhof«, fuhr Desi fort. Sie wirkte gän z
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