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Way Out

Way Out

Titel: Way Out Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Besuch abzustatten. Damit rechnen sie sicher nicht.«
    »Allein?«, fragte Pauling. »Das ist Wahnsinn.«
    »Ich muss sowieso hin«, sagte Reacher. »Ich habe Hobarts Geld noch nicht. Dort draußen gibt’s achthundert Riesen zu holen. Die darf ich nicht verkommen lassen.«
     
    Taylor und Pauling hielten weiter Wache, und Reacher holte sich die große topographische Karte aus dem Handschuhfach des Minis. Er schob Jades letzte Zeichnungen auf dem Küchentisch zusammen, stapelte sie auf einem Stuhl und breitete an ihrer Stelle die Landkarte aus. Dann begutachtete er sie gemeinsam mit Jackson. Jackson kannte diese Gegend seit etwa einem Jahr, was weniger war, als Reacher sich gewünscht hätte, aber immerhin besser als gar nichts.
    Die meisten Fragen zum Gelände beantwortete die Karte durch ihre schwach orangeroten Höhenschichtlinien, die weite Abstände und nur sanfte Kurven aufwiesen. Flaches Land, vermutlich die flachste Gegend Englands. Wie ein Billardtisch. Die Grange Farm und Bishops Pargeter lagen etwa in der Mitte eines Dreiecks, das im Osten von der aus Norwich nach Süden – nach Ipswich in Suffolk – führenden Straße begrenzt wurde, während seine Westgrenze die Straße nach Thetford war, die Pauling und Reacher schon dreimal gefahren waren. Anderswo in diesem Dreieck gab es schmale Landstraßen und abgelegene Farmen. Hier und da hatten geschichtliche Zufälle an Kreuzungen kleine Siedlungen entstehen lassen, die auf der Karte als winzige graue Quadrate und Rechtecke eingezeichnet waren. Einige dieser Rechtecke verkörperten kurze Häuserzeilen, während größere Gebäude einzeln dargestellt waren. Das Einzige in annehmbarer Entfernung von Bishops Pargeter war der mit PH gekennzeichnete Pub Bishop’s Arms.
    Dies ist der einzige Pub weit und breit, mein Junge, hatte der Farmer an der Bar gesagt. Wäre er sonst so überfüllt, glauben Sie?
    »Denken Sie, dass sie dort sind?«, fragte Reacher.
    Jackson antwortete: »Waren sie zuerst in Fenchurch Saint Mary und sind dann nach Bishops Pargeter weitergefahren, können sie nur dort vorbeigekommen sein. Aber vielleicht befanden sie sich weiter im Norden. Um Norwich herum gibt’s eine Menge Möglichkeiten.«
    »In Norwich kann man keine Waffen kaufen«, sagte Reacher. »Nicht, wenn Sie dafür nach Holland mussten.«
    »Dort oben gibt’s Schrotflinten«, sagte Jackson. »Nichts Schwereres.«
    »Also waren sie vermutlich nicht dort«, erklärte Reacher. Er erinnerte sich an den Autoatlas. Die Stadt Norwich hatte als geschlossener Fleck in der rechten oberen Ecke der Ausbuchtung gelegen, die East Anglia bildete. Als ihr nordöstlicher Abschluss. Nicht auf dem Weg nach anderswo.
    »Ich glaube, sie sind in der Nähe geblieben«, sagte er.
    »Dann könnten sie im Bishop’s Arms sein«, meinte Jackson.
    Fünf Meilen, dachte Reacher. Zu Fuß sind das fünf Stunden für Hin- und Rückmarsch. Bis Mitternacht wieder da.
    »Ich sehe mal nach«, sagte er.
     
    Er machte einen Umweg durch die Abstellkammer und holte sich zwei Reservemagazine für sein G-36. Fand Paulings Umhängetasche in der Küche und borgte sich ihre kleine Maglite. Faltete die Karte zusammen und steckte sie ein. Dann traf er sich mit den anderen in der Dunkelheit vor der Haustür und vereinbarte mit ihnen ein Kennwort. Er wollte nicht erschossen werden, wenn er zurückkam. Jackson schlug Canaries vor – den Spitznamen der Norwicher Fußballmannschaft, die in Gelb spielte.
    »Taugt sie was?«, fragte Reacher.
    »Früher war sie gut«, antwortete Jackson. »Vor zwanzig Jahren war sie echt klasse.«
    Genau wie ich, dachte Reacher.
    »Pass gut auf dich auf«, sagte Pauling und küsste ihn auf die Wange.
    »Ich komme wieder«, versprach er.
    Zuerst ging er hinter dem Haus nach Norden. Dann wandte er sich nach Westen, blieb parallel zur Straße und achtete auf ungefähr eine Feldbreite Abstand. Am Himmel hielt sich noch ein Rest Abenddämmerung. Ausgefranste Wolkenfetzen, über denen blasse Sterne funkelten. Die Luft war kalt und etwas feucht. Unmittelbar über den Feldern lag eine nur kniehohe Nebeldecke. Der Boden war weich und nachgiebig. Er trug sein G-36 am Griff, linkshändig, um es bei Bedarf sofort in Schussposition hochreißen zu können.
    Reacher, in der Nacht allein.
    Der Grenzgraben der Grange Farm war dreieinhalb Meter breit und hatte in ungefähr zwei Meter Tiefe eine schlammige Sohle. Dränung fürs flache Land. Nicht gerade ein Kanal wie in Holland, aber doch nicht leicht zu überwinden.

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