Weber David - Schwerter des Zorns - 2
konnte
er seinem Herrn nicht den Gehorsam verweigern, also verbeugte er
sich knapp und ging hinaus.
Er stampfte durch die Eingangshalle der Burg, und jeder, der ihm
begegnete, schlug nach einem Blick in sein Gesicht einen großen Bo
gen um ihn. Festian bemerkte es zwar, aber es kümmerte ihn nicht.
Nicht, während sich diese beiden jungen Idioten anschickten, etwas
loszutreten, das nur in einem Desaster enden konnte! Mathian hatte
sich offenbar zu viel mit aufregenden Balladen und zu wenig mit
ernsthafter Geschichte beschäftigt. Sein Kopf war voll gestopft mit
flatternden Bannern und tollkühnen Attacken, und diese Fantasien
hatten offenbar die Erinnerung daran verdrängt, dass die Pferdedie
be unter dem Großvater des derzeitigen Prinzen von Hurgrum die
Burg von Kleinharrow geschliffen und bis auf die Grundmauern
niedergebrannt hatten. Wenigstens war er bereit, zuerst mit Herrn
Kelthys zu reden. Festian klammerte sich an diesen Gedanken, denn
das war bisher der einzige tröstliche Aspekt dieses Abends.
Herr Kelthys Lanzenträger war ein Cousin zweiten Grades von
Baron Tellian. Als drittgeborener Sohn hatte er keinen Landbesitz
geerbt, doch seine Geschicklichkeit im Umgang mit Waffen und
auch als Stratege, hatte ihm viel Ruhm eingebracht. Er hatte fünf
zehn Jahre lang die Kavallerieeinheiten der Sothôii im Dienste der
Königlich-Kaiserlichen Armee kommandiert, und war als steinrei
cher Mann ins Königreich der Sothôii zurückgekehrt. Als Baron Tel
lian »vorschlug«, Mathian möge Herrn Kelthys das Anwesen von
Tiefwasser zum Lehen geben, blieb dem Lordhüter von Kleinharrow
nichts anderes übrig, als diesem »Wunsch« zähneknirschend Folge
zu leisten. Man musste dem Baron jedoch zugestehen, dass sich die
ses Arrangement sehr vorteilhaft ausgewirkt hatte.
Tiefwasser war längst nicht der größte Besitz in Kleinharrow. Das
Gutshaus war unter seinem früheren Besitzer verwahrlost. Unter
Herrn Kelthys sorgfältiger Leitung jedoch hatte es sich zu einem
blühenden und ertragreichen Landgut entwickelt, dessen Pacht zu
dem Mathians Kassen füllte. Nur wenige Lords von Mathians Rang
waren jemals mit einem derartig erfahrenen und geschickten Vasal
len wie Herrn Kelthys gesegnet gewesen. Festian vermutete sogar,
dass Tellian auf diesem Lehen bestanden hatte, um dafür zu sorgen,
dass Mathian einen älteren und weiseren Kopf zur Seite hatte, der
ihn lenkte. Allerdings war Festian ebenso davon überzeugt, dass un
ter dem höflichen Umgang zwischen Mathian und Keltyhs ein bitte
rer Groll gärte, was zum Teil durchaus verständlich war. Angesichts
Mathians Jugend und seiner fehlenden militärischen Erfahrung
musste sich der junge Mann unter den wachsamen Augen eines Va
sallen, der ein kampferprobter Veteran war, unwohl fühlen. Das war
jedoch nicht alles, und nicht einmal Herrn Keltyhs Verwandtschaft
zu Baron Tellian war der Ausschlag gebende Punkt. Denn Kelthys
war ein Windreiter, Mathian dagegen nicht.
Festian wusste, wie sehr das den jungen Mann wurmte. Die Götter
wussten, wie sehr Festian selbst sich danach gesehnt hatte, Windrei
ter zu werden. Aber diese Rennpferde wählten zu ihrem Reiter nur,
wen sie wollten, und keine Macht der Welt konnte sie dazu bringen,
jemanden gegen ihren Willen auf ihrem Rücken zu dulden. Mathian
wusste das so gut wie jeder andere, doch das hielt ihn nicht davon
ab, seinem Vasallen dessen Glück zu neiden.
Wenigstens hatte er eingewilligt, Kelthys zu verständigen. Was
auch immer er für den Mann empfinden mochte, er wusste, wie
wertvoll Kelthys' Rat und Meinung waren. Festian schickte ein laut
loses Stoßgebet zu den Göttern, gleichgültig wer von ihnen gerade
zuhören mochte, dass sie Mathian genug Klugheit verliehen, um auf
den Rat seines Vasallen zu hören.
Marglyth Bahnakstochter band die Schärpe um ihre Robe und ver
suchte, das große, leere Bett hinter sich zu vergessen, als sie achtlos
mit einer Bürste durch ihr Haar fuhr. Ihr Gemahl Jarthûl komman
dierte ein Bataillon unter der Führung ihres Bruders Barodahn bei
dem Flankenangriff, der von Sondur aus geführt wurde und Na
vahk wie eine stählerne Klammer umfassen sollte. Die südlichen
Blutklingen waren zurückgetrieben worden und wurden von einem
Heeresflügel von Prinz Bahnaks Armee beschäftigt, der von Prinz
Uralak aus Gorchcan kommandiert wurde. Trotzdem hatte Chur
nazh es geschafft, zwei Drittel seiner gesamten Streitmacht zu kon
zentrieren, um diesem entscheidenden Vorstoß Einhalt zu gebieten.
Er und seine obersten
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