Weiberabend: Roman (German Edition)
Bechern, bitte‹.«
Sie beobachtet meine Aktion auf ihrem Teller mit gelassenem Blick.
»Und dann, damit sie den Salzstreuer aus der Schokolade fischt«, fügt Ereka hinzu.
»Und mit dem Wischmopp anrückt!«, kröne ich das Ganze.
Wir alle kichern.
»Dabei gehe ich so gern in Restaurants essen …« jammert Helen.
»Kinder-Geburtstagspartys. So etwas mache ich nicht mehr«, sagt Liz. Sie hat sich Wein nachgeschenkt und nippt langsam daran.
»Deine Kinder feiern aber doch Partys«, sagt Helen gedankenlos.
»Outsourcing«, sagt Liz. »So etwas findet in meinem Haus nicht mehr statt. Es ist nicht meine Vorstellung von einem netten Nachmittag, die Gastgeberin für eine Horde kleiner Menschen zu spielen, die total überdreht vor lauter Zucker und künstlichen Farbstoffen, Schokoglasur auf meine Möbel schmieren, Saft auf meinem Teppich verschütten und sich am Ende noch über die Lutscher beschweren, weil ›Jasper einen roten gekriegt hat, und so einen will ich auch‹.«
»Ich finde Kindergeburtstage zu Hause ganz schön«, sagt Dooly leise und lässt den Blick umherschweifen, auf der Suche nach – was wetten wir? – Schokolade.
»Die Leidensfähigkeit des menschlichen Geistes überrascht mich immer wieder«, sagt Liz.
»Müde Kinder kann ich auf den Tod nicht ausstehen«, sagt Helen. »Meine Kinder schaffen es sogar, müde aufzuwachen. Und wisst ihr, woher ich das weiß? Wenn sie in Tränen ausbrechen, weil ich irgendetwas anderes gesagt habe als ›ihr dürft den ganzen Tag lang Fernsehen und Mist essen‹.«
»Oder Kindern Augentropfen verabreichen«, sagt Fiona. »Jetzt mal im Ernst, es muss doch eine andere Möglichkeit geben, eine Bindehautentzündung zu behandeln. Warum hat nicht längst jemand einen Sirup dagegen erfunden, der nach Schokolade schmeckt?«
Wir glucksen zustimmend. Ich reiche CJ ihren Teller; das Artischockenherz, von den Härchen befreit, erwartet sie.
»Danke«, sagt sie. Sie greift nach dem Herz, tunkt es in die Sauce und kaut. »Gut …«, sagt sie. Obwohl unsere Sprache über Wörter wie köstlich oder exquisit verfügt, bringt sie nur ein »gut« zustande?
»Versuch mal, nachmittags um fünf mit einem Mandanten zu telefonieren«, sagt CJ. »Vielen Dank, dass Sie zurückrufen, würdest du bitte den Hamster wieder in den Käfig stecken? Entschuldigen Sie, ja, ich habe Ihnen einige Nachrichten hinterlassen, nein, du kannst jetzt kein Eis am Stiel haben, wir reden später darüber. Entschuldigung, wo war ich gerade? Haben Sie meine E-Mail bekommen? Später, habe ich gesagt, nicht jetzt!«, ahmt sie sich selbst nach.
»Kinder versuchen eben, deine Aufmerksamkeit zu erregen, wenn du telefonierst«, sagt Tam in tadelndem Ton. »Das ist eine weitere risikobehaftete Situation, auf die man vorbereitet sein muss.«
»Tam, ich habe ein Leben zu leben, ich habe keine Zeit, alles zu planen und auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein – das ganze verdammte Leben ist risikobehaftet«, erwidert CJ grimmig.
»Ich sage dir ja nur, was die Experten meinen«, schießt Tam zurück. »Aber wenn es dich nicht interessiert …«
»Weißt du noch, wie wir im letzten Schuljahr versucht haben, die Läuse aus Jamies und Sarahs Haar zu kriegen?«, sage ich zu Helen gewandt. Diese qualvolle Prozedur mit einem sehr feinzinkigen Kamm dauerte volle sechs Monate.
»Gott weiß schon, was er sich dabei gedacht hat, als er solches Ungeziefer in die zehn Plagen aufgenommen hat«, brummelt Helen.
»Gott?«, frage ich. »Hast du gerade Gott gesagt?«
»Ich muss betrunken sein«, sagt sie. »Ich brauche sofort noch einen Daiquiri.« Damit beugt sie sich zu der Schüssel vor.
»Ich finde die Wartezimmer von Ärzten sehr stressig mit Kindern«, sagt Dooly.
»Kranke Kinder sollte man so unter Drogen setzen, dass sie schlapp und völlig gefügig sind, damit man sie leichter herumzerren kann«, sagt Liz.
»Du machst Witze, oder?«, fragt Tam.
»Nein, ich meine das ernst«, erwidert Liz.
»Ganz deiner Meinung«, sagt CJ zu Liz.
»Ich freue mich immer schon auf den Moment, wenn die Empfangsdame mich zu sich ruft und höflich nachfragt, ob mein Kind wohl damit aufhören könnte, Wasser aus dem Wasserspender laufen zu lassen und sämtliche Plastikbecher zu verbrauchen«, sagt Ereka lachend. Ihr Artischockenherz ist schon beinahe in Sicht. Entschlossen hält sie durch.
»Kieran liest so gerne, dass er sogar die Infobroschüren aus den Wartezimmern sammelt. Beim Aufräumen stoße ich dann auf diese
Weitere Kostenlose Bücher