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Weiberabend: Roman (German Edition)

Weiberabend: Roman (German Edition)

Titel: Weiberabend: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joanne Fedler
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Kindern rücksichtsvolles Benehmen beibringt; wie man seinen Kindern zuhört, mit ihnen kommuniziert und sie liebt, und zwar alles auf einmal, ohne dabei den Blick für den großen Plan oder den Verstand zu verlieren. Zu jeder Nuance der Kindererziehung gibt es Theorien, bis hin zum elterlichen Gebrauch der Grammatik. Anscheinend liegen, psychologisch betrachtet, Welten zwischen den Sätzen »Das war dumm von dir« (der eine dauerhafte emotionale Narbe hinterlässt) und »Da hast du etwas Dummes getan« (völlig akzeptabel). Was mich angeht, kann ich nur sagen: Wenn sich ein Kind vorkommt wie eine Idiotin, nachdem es sich die Haare abgeschnitten hat, »weil ich aussehen will wie Barbie als Rapunzel«, dann ist das ein erzieherischer Sieg.
    Halbwissen (über das Mittelkindsyndrom, ADHS, Autismus und Dabrowskis Theorie der Übererregbarkeit) ist gefährlich, weil es unsere Fehler weniger verzeihlich erscheinen lässt als die unserer Eltern, die sich einfach aus Unwissenheit nicht darum geschert haben. Bedauerlicherweise ist es all diesen Erziehungsratgebern nicht gelungen, mein Verhalten als Mutter zu beeinflussen (ich schreie, klapse und drohe immer noch). Die Fortschritte der Psychologie zwingen diese Elterngeneration dazu, aufmerksamer, informierter und geradezu neurotisch selbstkritisch zu sein – wir sind Eltern, die bei den Kindern an der Rute sparen und uns dafür selbst damit geißeln. Denn uns ist die einzige Zuflucht geraubt worden: Unwissenheit.
    Unwissenheit wird meiner Meinung nach stark unterschätzt. Denn andersherum betrachtet, ist sie Romantik pur, ohne jeden Zynismus. Der ganze Zyklus der Elternschaft ruht auf diesem schlammigen Grund. Wenn man die Entscheidung fällt, Kinder zu bekommen, ist man immer unzureichend informiert. Nichts kann einen auf die waghalsige Einwilligung vorbereiten, sein Leben mit jemandem zu verbringen, den man noch gar nicht kennt. Wer wäre schon so verrückt, einer Hochzeit mit einem Blind Date zuzustimmen – vor der ersten Verabredung? Oder einen Fremden in sein Gästezimmer einziehen zu lassen mit dem Versprechen, er dürfe so lange bleiben, wie er will? Doch genau das tun wir, wenn wir Kinder bekommen. Spiegeln wir uns nicht selbst vor, wir hätten die Sache gut durchkalkuliert: Eine Mami plus ein Papi plus ein Baby ergibt drei? Kinder zu bekommen, ist ebenso wenig eine einfache Gleichung wie ein Rezept – Butternusskürbis + Ricotta = Butternuss-Ricotta-Pfannkuchen. Alchemie gehört zu jedem Schöpfungsakt, ob dieser nun in der Gebärmutter oder in einer Bratpfanne stattfindet. Alles und jeder wird bei diesem Prozess verändert, und dann kann man nicht mehr sagen, wo der Butternusskürbis aufhört und der Ricotta anfängt, oder welche Rolle das Muskat dabei gespielt hat. Wenn man die Resultate unserer genetischen wie unserer kulinarischen Anstrengungen beurteilen will, gilt das, was Helen immer sagt: »Hoffe das Beste, aber rechne mit dem Schlimmsten.«
    Liz beugt sich vor, offenbar sucht sie etwas. Ist es möglich, dass sie tatsächlich einen Nachschlag möchte? Sie zögert, gibt nach. Ich kann mir das Grinsen kaum verkneifen. Endlich habe ich Liz’ frigiden Appetit verführt.
    »Wisst ihr, was ich wirklich hasse?«, fragt CJ, die buchstäblich den Teller abschleckt.
    »Leute, die im Park die Hundescheiße nicht aufsammeln?«, vermutet Fiona. Ich kann mir nur vorstellen, wie furchtbar sie das ärgern muss.
    »Nein, äh, doch, das hasse ich auch, aber was ich sogar noch mehr hasse, sind …«
    »Männer, die sich nicht binden wollen?«, schlägt Tam vor, die wieder einmal anderen Sorgen unterstellt, die sie sich lieber selbst eingestehen sollte.
    »Männer im Allgemeinen?«, mutmaßt Ereka. Sie hat ihren zweiten Pfannkuchen entrollt und gräbt mit der Gabel in der Füllung herum wie auf Goldsuche. Wenn sie fragt, sage ich es ihr einfach: Es ist die Orangenschale.
    »Lunchboxen«, sagt CJ.
    Wie alle nicken. Du brauchst kein weiteres Wort zu sagen, Schwester. Wir verstehen dich auch so. Auf einer Stufe mit chauvinistischen Frauenhassern (und rassistischen Witzen, CJ). Ach ja. Diese kleinen Tupperbehälter mit den Namen unserer Kinder darauf, die jeden verdammten Morgen wieder vor einem stehen, mit einem undefinierbaren Brei aus abgepellter Eierschale, zermatschter Banane, halb gegessenen Erdbeermarmelade-Sandwiches und einem Apfel mit einem einzigen braun vertrockneten Biss daran. Pausenbrot-Tupper sind die Bestätigung dafür, dass für Mütter das Murmeltier wirklich

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