Weiberabend: Roman (German Edition)
bevorstehenden, unberechenbaren Stürme, die das Leben bringen wird. Mein Vertrauen auf meine eigene Gesundheit ist geradezu dürftig, wenn ich daran denke, wie lange ich noch da sein muss, um Aaron daran zu erinnern, dass er sich vor dem Abendessen die Hände waschen soll, sofort den Wagen zu wenden, weil ein wichtiges Vorzeigestück für das »Show-and-tell« vergessen wurde, in der Halbzeit mit einer Flasche Gatorade aufs Spielfeld zu rennen, mit Jamie ihren ersten BH kaufen zu gehen und das perfekte Kleid für den Abschlussball auszusuchen, Aaron seinen ersten Rasierer zu kaufen und beide daran zu erinnern, dass Safer Sex wichtig ist.
Liz ist die Einzige unter uns, die genug Weitsicht besaß, um ihr Leben so zu ordnen, dass die Welt sich weiterdrehen wird, wenn sie stirbt. Vielleicht kann man sie mit Moses vergleichen – Gott wählte ihn aus, um das jüdische Volk aus Ägypten zu führen, und er sagte: »Warum ich? Ich bin nur ein bescheidener, stotternder Schäfer. Such dir jemand anderen.« Und Liz hat sich Lily gesucht.
Wir übrigen, tollkühne Pilger, geblendet von der unbegründeten Überzeugung, dass »alles gut gehen wird«, marschieren blindlings weiter und verschwenden keinen Gedanken daran, wer für uns übernehmen wird, falls wir straucheln und fallen sollten.
Vielleicht könnten wir alle etwas von Liz lernen, die die Mutterschaft nicht verehrt, als sei sie in Stein gemeißelt, von einer himmlischen Macht diktiert, unersetzlich wie ein Seelengefährte, sondern sie eher so behandelt wie ein Lieblingskleid, das man nach Gutdünken selbst tragen oder verleihen kann. Und das wäre sicher sehr nützlich an jenen Tagen, wenn wir uns krank fühlen.
Alle, die Alkohol nicht ablehnen, haben ein Glas Schnaps in der Hand. »Auf unsere Gesundheit«, sage ich.
Wir stoßen an und trinken. Wie ein köstlicher Schuss karamellisiertes Morphium brennt der Likör bis runter in den Bauch.
Fünf Minuten später halte ich Helens Kopf über der Kloschüssel, während sie meine Butternuss-Ricotta-Pfannkuchen, das Thai-Curry ohne Koriander, Sushi, Salat und sogar die wunderbaren Artischocken wieder von sich gibt, die jetzt nicht mehr so appetitlich aussehen wie vorhin.
Der allgemeinen Überzeugung zum Trotz werden Mütter eben doch krank. Vor allem von einem Cocktail aus Erdbeer-Daiquiri und Karamell-Likör.
13 Was werden nur die Nachbarn sagen?
E in wenig bleich kehre ich von der Toilette zurück. Kotze und ich vertragen uns nicht gut, trotz meiner zahlreichen Begegnungen mit dieser schleimigen, gelegentlich auch klumpigen oder bröckeligen Masse. Aber das Erbrochene meiner eigenen Kinder kann ich viel besser ertragen als das von irgendjemandem sonst. Sogar das meiner geliebten Helen. Mir ist jetzt selbst ziemlich schlecht.
»Wie geht es ihr?«, erkundigt sich Ereka.
»Sie wird schon wieder, aber das war gerade ziemlich übel«, sage ich schaudernd.
»Es hat eben Konsequenzen, wenn man so viel isst«, sagt Liz von oben herab.
»Ach, spring doch von der Klippe«, sage ich.
»Wie Thelma und Louise«, plappert CJ dazwischen.
Ach ja. Thelma und Louise – je nachdem, wie man es betrachtet, ist dieser Film entweder ein großartiges feministisches Statement, oder eine traurige Feststellung der Tatsache, dass Frauen sich lieber in den Abgrund stürzen würden, als an männliche Beherrschung gefesselt zu werden. Ich persönlich fühlte mich gerächt und bestätigt, weil Thelma und Louise so deutlich machten, dass es Konsequenzen hat, wenn Männer sich falsch verhalten. Sich zum Beispiel nicht für eine sexistische Geste entschuldigen wollen oder eine Frau ohne deren Einwilligung berühren. Zugegeben, jemandem mehrere Kugeln in die Brust zu schießen oder seinen Lastwagen in die Luft zu sprengen, könnte, wenn man unbedingt Haare spalten möchte, als geringfügig übertrieben ausgelegt werden. Aber vielleicht auch nicht.
Eine Freundin von mir ist einmal absichtlich rückwärts ins Auto eines Mannes gefahren, weil er ihr an den Hintern gefasst hatte, als sie an ihm vorbeiging. »Es war pure Seligkeit«, sagte sie verträumt, als ich fragte, wie sich das angefühlt hatte. »Die Versicherung hat den Schaden bezahlt, also hat es mich nichts gekostet, aber sein Gesichtsausdruck, als meine zerbeulte alte Karre in seinen neuen BMW gekracht ist – also, der war unbezahlbar.« Ich bin sicher, dass ich früher einmal – vor den Kindern – auch zu solcher Empörung und Wut auf jeden Fremden fähig gewesen wäre, der es gewagt
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