Weiberregiment
danach und berührte etwas Weiches: ein
Bündel aus Wol e. Ihre Finger erforschten es.
»Ein Paar Socken ?«, fragte sie.
»Ja. Trag sie«, sagte die mysteriöse Stimme heiser.
»Danke, aber ich habe selbst welche…«, begann Pol y.
Es seufzte in der Dunkelheit. »Nicht an den Füßen. Schieb sie dir
vorn in die Hose.«
»Wie bitte?«
»Du hast dort keine Beulen, wo keine sein sollen, und das ist gut so«,
erklärte das Flüstern geduldig. »Aber es fehlt dort eine, wo es eine
geben sol te. Verstehst du? Weiter unten?«
»Oh! Äh… ich… aber… Ich dachte, es würde niemandem auffallen«,
sagte Pol y und glühte vor Verlegenheit. Man hatte sie entlarvt! Aber es
gab kein Gezeter, keine zornigen Zitate aus dem Buch Nuggan. Jemand half ihr. Jemand, der sie gesehen hatte…
»Es ist eine komische Sache«, sagte die Stimme. »Die Leute bemerken
eher das, was fehlt, als das, was da ist. Nur ein Paar, wohlgemerkt.
Werd nicht zu ehrgeizig.«
Polly zögerte. »Äh… ist es offensichtlich?«, fragte sie.
»Nein. Deshalb habe ich dir die Socken gegeben.«
»Ich meine, dass ich kein… dass ich…«
»Nein, eigentlich nicht«, sagte die Stimme im Dunkeln. »Du machst
das ziemlich gut. Du kommst als ängstlicher Junge rüber, der versucht,
groß und tapfer zu wirken. Du könntest öfter in der Nase bohren. Ist
nur ein Tipp. Nur wenige Dinge interessieren einen jungen Mann mehr
als der Inhalt seiner Nasenlöcher. So, und jetzt muss ich dich
meinerseits um einen Gefal en bitten.«
Ich habe dich nicht um einen Gefal en gebeten, dachte Pol y und
ärgerte sich, dass man sie für einen ängstlichen Jungen hielt, wo sie
doch sicher war, cool und unerschütterlich zu wirken. Doch sie
erwiderte ruhig: »Und der wäre?«
»Hast du Papier?«
Wortlos holte Polly »Von den Müttern Borograwiens« unter ihrem
Hemd hervor und reichte das Pamphlet nach oben. Sie hörte, wie ein
Streichholz entzündet wurde, und der schweflige Geruch machte den
Gestank ein wenig erträglicher.
»Sehe ich hier das Wappen Ihrer Hoheit vor mir?«, sagte die
flüsternde Stimme. »Nun, es wird nicht mehr lange vor mir sein.
Verdufte… Junge.«
Schockiert, benommen, verwirrt und halb erstickt eilte Polly in die
Nacht hinaus und schaffte es bis zur Tür des Schuppens. Sie hatte sie
kaum hinter sich geschlossen und blinzelte in der Finsternis, als sie
wieder aufgerissen wurde. Herein kamen Wind, Regen und Korporal
Strappi.
»Aufwachen, ihr Jammerlappen! Raus aus den Federn und rein in die
Klamotten! Hopp, hopp…«
Um Pol y herum sprangen Leute auf und fielen durcheinander. Ihre
Muskeln schienen direkt der Stimme zu gehorchen, denn kein Gehirn
konnte so schnel in Gang kommen. Korporal Strappis Reaktion
gehorchte dem Gesetz der Unteroffiziere und machte die Verwirrung
noch verwirrender.
»Lieber Himmel, alte Weiber könnten sich schnel er anziehen als ihr!«,
rief er voller Zufriedenheit, als Rekruten mit den Armen fuchtelten, auf
der Suche nach Mänteln und Stiefeln. »Antreten! Zum Rasieren! Jeder
Mann im Regiment muss ordentlich rasiert sein, das ist ein Befehl!
Anziehen! Reißer, ich habe dich im Auge! Bewegung! Bewegung!
Frühstück in fünf Minuten! Wer als Letzter kommt, kriegt keine Wurst!
Meine Güte, was für ein trauriger Haufen!«
Die vier geringeren Reiter der Apokalypse namens Panik, Konfusion,
Ignoranz und Geschrei übernahmen die Kontrol e im Raum, zur
hämischen Freude von Korporal Strappi. Pol y duckte sich durch die
Tür, zog einen kleinen Blechbecher aus ihrem Rucksack, tauchte ihn in
eine Wassertonne, stel te ihn auf ein altes Fass hinter dem Gasthaus
und begann, sich zu rasieren.
Auch das hatte sie geübt. Das Geheimnis lag in der sorgfältig
abgestumpften Klinge des langen Rasiermessers. Der Rest war nur
Schaum und Seife. Trage viel Schaum auf, streiche mit dem Messer viel
Schaum fort, fertig ist die Rasur. Ja, kein Zweifel, Herr, fühl nur die
glatte Haut…
Polly war halb fertig, als eine Stimme an ihrem Ohr schrie: »Was
machst du da, Soldat Pimmel?«
Sie konnte von Glück sagen, dass die Klinge so stumpf war.
»Perks, Herr!«, erwiderte Pol y und rieb sich die Nase. »Ich rasiere
mich, Herr! Und ich heiße Perks, Herr!«
» Herr ? Ich bin kein Herr, Pimmel, sondern ein verdammter Korporal, Pimmel. Was bedeutet, dass du mich gefälligst mit ›Korporal‹
ansprichst, Pimmel. Und du benutzt beim Rasieren einen offiziellen
Regimentsbecher, den du nicht bekommen hast,
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