Weiberregiment
obwohl sie darunter eine Hose trug. Sie hatte sich vom Jungen in
ein Mädchen verwandelt, al ein mit ihren Gedanken, und es war so…
so leicht gewesen. Sie brauchte Zeit, um darüber nachzudenken. Sie
brauchte Zeit, um über viele Dinge nachzudenken. Und sie vermutete,
dass Zeit Mangelware bleiben würde.
Bluse saß immer noch da, die Kniehose halb angezogen. Er starrte sie
an.
»Könntest du das noch einmal wiederholen, Perks?«, bat er. »Du hast
Feinde gefangen genommen ?«
»Nicht nur ich, Herr, ich habe nur zwei erwischt«, sagte Pol y. »Es
haben, äh, al e mitgeholfen.«
» Schwere Dragoner? «
»Jaherr.«
»Das ist das persönliche Regiment des Prinzen! Sie haben
angegriffen?«
»Ich glaube, es war nur eine Patrouille, Herr. Sieben Männer.«
»Und es ist niemand verletzt worden?«
»Neinherr.«
»Gib mir mein Hemd! Oh, verflucht!«
Pol y bemerkte den Verband an Bluses rechter Hand. Er war rot von
Blut. Der Leutnant sah ihren Gesichtsausdruck.
»Ich fürchte, ich habe mir die Wunde selbst beigebracht, Perks«, sagte
er nervös. »Beim ›Auffrischen‹ meiner Kenntnisse des Schwertkampfs
nach dem Abendessen. Nichts Ernstes. Bin nur ein wenig ›eingerostet‹,
weißt du. Komme mit Knöpfen nicht gut zurecht. Wenn du so
freundlich wärst…«
Pol y half dem Leutnant in den Rest seiner Kleidung und verstaute
seine übrigen Sachen in einem Beutel. Nur ein besonderer Mann
brachte es fertig, sich die Schwerthand mit dem eigenen Schwert zu
verletzen, dachte sie.
»Ich muss meine Rechnung bezahlen…«, murmelte der Leutnant, als
sie die dunkle Treppe hinuntergingen.
»Geht nicht, Herr. Sie sind al e fort, Herr.«
»Viel eicht sol te ich eine Nachricht hinterlassen. Ich möchte nicht,
dass die Leute glauben, ich hätte ›die Fliege gemacht‹ ohne…«
»Sie sind alle weg, Herr!«, sagte Pol y und schob ihn zur vorderen Tür.
Vor der Kaserne blieb sie stehen, rückte seine Jacke zurecht und sah
ihm ins Gesicht. »Hast du dich gestern Abend gewaschen, Herr?«
»Es gab kein…«, begann Bluse.
Er reagierte automatisch. Obwohl sie fünfzehn Monate jünger war,
hatte sie Paul zu lange bemuttert.
»Taschentuch«, verlangte sie. Und da einige Dinge schon ganz früh
ins Gehirn programmiert werden, holte Bluse eins hervor.
»Spucken!«, befahl Pol y. Dann wischte sie dem Leutnant mit dem
feuchten Taschentuch einen Fleck aus dem Gesicht. Während sie damit
beschäftigt war, begriff sie, womit sie beschäftigt war. Es gab kein
Zurück. Sie konnte den eingeschlagenen Weg nur fortsetzen.
»Na schön«, sagte sie schroff. »Hast du alles?«
»Ja, Perks.«
»Bist du heute Morgen auf dem Abort gewesen?«, fuhr der Mund fort,
während sich ihr Gehirn vor Angst vor dem Kriegsgericht duckte. Ich
stehe unter Schock, dachte sie, und er ebenfal s. Man hielt sich an
Vertrautem fest. Und man konnte nicht aufhören…
»Nein, Perks«, sagte der Leutnant.
»Das solltest du nachholen, bevor wir ins Boot steigen, in Ordnung?«
»Ja, Perks.«
»Und jetzt geh durch diese Tür, sei ein guter Leutnant.«
Pol y lehnte sich an die Wand und schnappte einige Male nach Luft,
als Bluse die Kaserne betrat. Dann folgte sie ihm hastig.
»Offizier zugegen!«, rief Jackrum. Die Rekruten waren bereits
angetreten und standen mehr oder weniger stramm. Der Feldwebel
salutierte vor Bluse, was den jungen Mann zurückwanken ließ.
»Wir haben einen feindlichen Spähtrupp gefasst, Herr! Gefahren auf
Schritt und Tritt, Herr. Wegen der kritischen Natur der kritischen
Situation, Herr, und da du keinen Unteroffizier hast, weil Korporal
Strappi abgehauen ist, und da ich ein angesehener alter Soldat bin, hast
du nach dem Reglement der Herzogin, Vorschrift 796, Abschnitt 3 [a],
Paragraph II, das Recht, mich als Hilfskraft einzuziehen, Herr, vielen
Dank, Herr!«
»Was?«, erwiderte Bluse, blickte sich benommen um und stellte fest,
dass eine Welt plötzlichen Durcheinanders eine große rote
Uniformjacke enthielt, die zu wissen schien, worauf es ankam. »Oh. Ja.
Gut. Vorschrift 796, sagst du? Völ ig klar. Ausgezeichnet.
Weitermachen, Feldwebel.«
»Führst du hier das Kommando?«, fragte Horentz scharf und stand
auf.
»In der Tat, Hauptmann«, bestätigte Bluse.
Horentz musterte ihn von Kopf bis Fuß. » Du?«, fragte er, und
Verachtung strömte aus diesem Wort.
»Ja«, erwiderte Bluse und kniff die Augen zusammen.
»Na schön, wir müssen eben tun, was wir können. Der dicke Mistkerl
da…«
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