Weiberregiment
Bluse.
»Wie du wünschst, Herr!«, erwiderte Jackrum. »Karborund! Der erste
Mann, der dort durch die Tür gelaufen kommt… Ich möchte, dass du
ihn an die Wand nagelst!« Er bemerkte den Blick des Leutnants und
fügte hinzu: »Aber nicht zu hart!«
…und jemand klopfte an die Tür.
Maladikt zielte mit zwei Armbrüsten. Karborund hob jeweils zwei
Piken in beiden Händen. Pol y holte mit ihrem Knüppel aus, eine
Waffe, mit der sie umzugehen verstand. Die anderen Jungen – und
Mädchen – hielten die Waffen bereit, die Dreistück Skallot ihnen
gegeben hatte. Stille herrschte. Polly sah sich um.
»Herein?«, schlug sie vor.
»Ja, genau, natürlich«, sagte Jackrum und rollte mit den Augen.
Die Tür öffnete sich, und ein kleiner, eleganter Mann trat vorsichtig
ein. Von Statur, Hautfarbe und Frisur her ähnelte er Mala…
»Ein Vampir?«, fragte Polly leise.
»Oh, verdammt«, sagte Maladikt.
Die Kleidung des Neuankömmlings war ungewöhnlich. Er trug einen
altmodischen Frack ohne Ärmel und mit vielen aufgenähten Taschen.
Vor ihm, an einem Gurt um den Hals, hing ein großer schwarzer
Kasten. Entgegen al er Vernunft lächelte er beim Anblick von einem
Dutzend Waffen, die perforierten Tod in Aussicht stellten.
»Wunderrvol !«, sagte er, hob den Kasten und entfaltete drei Beine
unter ihm. »Aberr… könnte derr Trrol ein wenig nach links trreten,
bitte?«
»Was?«, brummte Karborund. Die Rekruten wechselten verblüffte
Blicke.
»Ja, und wenn derr Feldwebel so nett wärre, mehrr ins Zentrrum des
Bildes zu trreten, und hebt die Schwerrterr ein wenig«, fuhr der Vampir
fort. »Grroßarrtig! Und du Herr, wenn du mirr ein Grrrh geben
könntest…?«
»Grrrh?«, wiederholte Bluse.
»Ausgezeichnet! Siehst jetzt rrichtig grrimmig aus…«
Es blitzte, und ein kurzer Schrei erklang: »Oh, Mi…« Dann klimperte
zerbrechendes Glas.
Wo eben noch der Vampir gestanden hatte, erhob sich ein kleiner
Kegel aus Staub. Pol y blinzelte und beobachtete, wie er nach oben
wuchs, menschliche Gestalt annahm und wieder zum Vampir wurde.
»Meine Güte, ich dachte, derr neue Filterr würrde endlich
funktionierren«, sagte er. »Na, man lerrnt nie aus.« Er bedachte die
Truppe mit einem strahlenden Lächeln und fügte hinzu: »Und nun…
werr von euch bitte ist Hauptmann Horrentz?«
Eine halbe Stunde war vergangen, doch die Verwirrung fiel nicht von
Pol y ab. Das Problem war nicht, dass sie nicht verstand, was geschah.
Es bestand vielmehr darin, dass sie viele andere Dinge verstehen
musste, bevor sie das Geschehen verstehen konnte. Dazu gehörte ein
Konzept namens »Zeitung«.
Bluse wirkte abwechselnd stolz und besorgt, aber die ganze Zeit über
nervös. Pol y beobachtete ihn aufmerksam, auch deshalb, weil er mit
dem Mann sprach, der hinter dem Ikonographen hereingekommen war.
Er trug einen langen Ledermantel und eine Reithose und war die meiste
Zeit damit beschäftigt, in sein Notizbuch zu schreiben. Gelegentlich
richtete er einen verwunderten Blick auf die Rekruten. Maladikt, der gut
hören konnte, stieß sich schließlich von der Wand ab, an der er gelehnt
hatte, und schlenderte zu den anderen.
»Na schön«, sagte er leise. »Es ist ein bisschen kompliziert, aber…
Weiß jemand von euch über Zeitungen Bescheid?«
»Ja, mein Vetter fweiten Gradef in Ankh-Morpork hat mir davon
erfählt«, sagte Igor. »Feitungen find wie Verlautbarungen der
Regierung.«
»Äh… in gewisser Weise. Allerdings werden sie nicht von der
Regierung geschrieben, sondern von gewöhnlichen Leuten, die…
Dinge aufschreiben«, sagte Maladikt.
»Wie ein Tagebuch?«, fragte Toller.
»Äh… nein…«
Maladikt versuchte es zu erklären. Die Gruppe versuchte zu
verstehen. Es ergab keinen Sinn. Für Pol y klang es nach einer Art
Kasperletheater. Und warum sol te man etwas Geschriebenem trauen?
»Mütter von Borograwien!« traute sie gewiss nicht, und das war
Geschriebenes von der Regierung ! Und wenn man der Regierung nicht
trauen konnte, wem dann?
Nun, fast al en, wenn man genauer darüber nachdachte…
»Herr de Worde arbeitet für eine Zeitung in Ankh-Morpork«, sagte
Maladikt. »Er meint, wir verlieren den Krieg. Er meint weiter, dass
unsere Verluste immer größer werden und viele Soldaten desertieren
und Zivilisten in die Berge fliehen.«
»W-warum sollten wir ihm glauben?«, fragte Reißer.
»Wir haben viele Verletzte und Flüchtlinge gesehen, und Korporal
Strappi lässt sich nicht mehr
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