Weibliche Lust ohne Tabus
des Kapitels) und die Frau sich nicht in der Lage fühlt, das zu erfüllen. Muss sie auch nicht, wenn diese »Verkehrsordnung« ihr das Gefühl gibt, stupide Fließbandarbeit zu verrichten, anstatt sexuell befriedigt zu werden. Weniger ist nämlich manchmal mehr.
Oft geht es auch um sexuelle Praktiken wie Bondage, Oralsex oder Analverkehr, an denen sich die Geister scheiden. Wenn eine Frau nicht gefesselt werden möchte und lieber oben sitzt, als sexuell degradiert zu werden, darf sie ruhig »nein« sagen. Wenn es ihr wehtut, dass er am liebsten durch ihr »Hintertürchen« kommt, ist wohl auch eher kein Lustgewinn zu erwarten. Und wenn sie sich davor ekelt, an seinem Schwanz zu lutschen und sein Sperma in den Mund zu nehmen, gibt es keinen Anlass, das zu tun. Wie eingangs gesagt: Sex kommt von »Wollen« und nicht von »Müssen«.
Ob begründet oder unbegründet, manchmal empfinden wir bestimmte intime Details einfach als abstoßend: Sei es der haarige Pelz auf den Schultern, sein Körpergeruch oder der Austausch von Körperflüssigkeiten wie Speichel, Schweiß und Sperma: Es steht nirgendwo geschrieben, dass all das uns unbedingt antörnen muss. Zwar bewies eine kürzliche Studie der Universität Groningen mit 90 jungen Frauen, dass sexuelle Erregung tatsächlich die Ekelschwelle senkt. Manchmal kehrt sich das Ganze sogar ins Gegenteil um: Wir finden nun behaarte Schultern plötzlich unerklärlicherweise aufregend, das Bierbäuchlein sexy, Speichel im Bauchnabel erotisierend und verteilen sein Sperma auf unseren Brüsten wie ein kostbares Anti-Aging-Elixier.
Voraussetzung dabei aber ist: Ohne sexuelle Erregung funktioniert das nicht. Darum erwächst aus einem Ekelgefühl, das Sie bei intimen sexuellen Kontakten mit einem Mann empfinden, wahrscheinlich höchst selten erfüllte Lust. Freilich: Bevor man es nicht ausprobiert hat, weiß man es natürlich auch nicht. No risk, no fun! Aber wenn’s danach dabei bleibt, sollten Sie ehrlicherweise sagen: »Tut mir leid. Ich habe einfach keine Lust!« (Aber seien Sie so taktvoll und ersparen Sie ihm Details bei der Begründung.)
Seitensprung: Gelegenheit macht Liebe
Es ist ein bisschen wie in der Leichtathletik: Beim Weitsprung und beim Dreisprung ist es wichtig, nicht allzu viel Staub … Verzeihung … Sand aufzuwirbeln. Und beim Hochsprung und Stabhochsprung kommt es darauf an, wohlbehalten auf der Matte zu landen und die Latte möglichst dort liegen zu lassen, wohin sie gehört. Der Seitensprung ist zwar keine olympische Disziplin, aber auch da geht es in gewisser Weise um ähnliche Fertigkeiten, und die Bilanz ist durchaus rekordverdächtig: Jeder zweite Deutsche (Männer wie Frauen) bekennt sich nämlich zu dem einen oder anderen Seitensprung. Und das war offenbar auch vor fast 100 Jahren so. Hollywood-Diva Mae West, die in den 1930er-Jahren für ihr loses Mundwerk und ihr offenes Verhältnis zum Sex berühmt war, sagte nämlich schon damals: »Das Schönste am Seitensprung ist der Anlauf!«
Mit dem »Anlauf« meinte sie wahrscheinlich das aufregende Kribbeln im Vorfeld, den Reiz des Verbotenen und oft auch die Planung solch einer Expedition ins Unbekannte. Denn bei einem Seitensprung wird meist ein gewisses Maß an Anonymität verlangt. Und das ist auch gut so. Denn einen One-Night-Stand geht es schließlich nichts an, ob man verheiratet ist oder nicht, was man beruflich tut, wo man wohnt oder ob man Kinder hat. Und von ihm will man das meist auch gar nicht unbedingt wissen. Im Gegenteil: Viele Männer und Frauen legen sich dafür sogar mit Absicht eine andere Persönlichkeit, eine erfundene Biografie oder einen anderen Look zu.
Dieses gewisse Maß an Anonymität ist auch eine Art Schutz vor Eingriffen in eine bestehende Beziehung und die Privatsphäre, macht aber andererseits auch einen besonderen erotischen Reiz aus. Der Unterschied zwischen One-Night-Stand und Seitensprung ist der, dass man sich ersteren als Single gönnen kann (ohne dass das unbedingt ein »Nachspiel« haben muss), während der Begriff »Seitensprung« nur auf Menschen zutrifft, die ansonsten in einer festen Beziehung oder in einer Ehe leben und damit durchaus ein Risiko eingehen. Denn oft wird bei einem Seitensprung die Loyalität zum Lebenspartner gar nicht in Zweifel gezogen.
Es gibt vielerlei Gründe, warum man ein sexuelles Abenteuer trotz scheinbar intakter Partnerschaft sucht: sexueller Frust, alltägliche Langeweile, das Gefühl, als Frau vom Partner nicht mehr »gesehen« zu
Weitere Kostenlose Bücher