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Weihnachtsbote auf vier Pfoten

Weihnachtsbote auf vier Pfoten

Titel: Weihnachtsbote auf vier Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheila Roberts
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er ausgerechnet hier bei diesem Menschen gelandet war, kam ihm mit jäher, blendend greller Klarheit zu Bewusstsein, als der Mann sein Essen vorbereitete.
    Â»Halte durch, Junge!«, hatte er gesagt, als Ambrose um seine Hosenbeine gestrichen war, um ihn daran zu erinnern, dass er dem Hungertod nahe war.
    Halte durch, mein Junge! Halte durch!
    Die Worte versetzten Ambrose schlagartig in die Vergangenheit zurück. Es war Weihnachten in seinem zweiten Leben. Überall brausten große weiße Lastwagen mit den Buchstaben FedEx an der Seite herum. Er hatte sich um seinen eigenen Kram gekümmert und wollte gerade die Straße überqueren, als einer dieser Wagen direkt auf ihn zugeschossen kam und seinem Vokabular ein neues Wort hinzufügte: Patsch!
    Aus dem Nichts erschien ein Fremder und hob ihn auf, legte ihn auf einen Autositz und raste mit ihm in die nächste Tierklinik. »Halte durch, mein Junge! Halte durch!«
    Diese Gelegenheit war es also gewesen, bei der er diesen Mann schon mal gesehen hatte. Kein Wunder, dass sein Gesicht ihm bekannt vorgekommen war. Es war dasselbe Gesicht, das sich ihm in jenem anderen Leben mit solcher Besorgnis zugewandt hatte. Der Mann war älter geworden – und größer –, aber er und dieser fürsorgliche junge Bursche waren ein und derselbe. In einem anderen Leben, als Ambrose noch unschuldig und vertrauensvoll gewesen war, hatte dieser Mann versucht, ihm das Leben zu retten.
    Daher war es bestimmt kein Zufall, dass ihre Wege sich gekreuzt hatten. Zum zweiten Mal nun schon. Es war an der Zeit, sich zu revanchieren.
    Aber wie konnte Ambrose es dem Mann vergelten? Offenbar musste er gerettet werden, die Frage war nur, wovor? Es schien ihm doch ganz gut zu gehen.
    Ambrose musterte seinen neuen Menschen prüfend und betrachtete ihn aus vielen unterschiedlichen Blickwinkeln: von der Kommode, vom Fußende des Bettes, vom Kaminsims, vom Boden und natürlich auch vom Schoß des Mannes aus. Wie all die anderen Menschen, die Ambrose in seinen vergangenen Leben gekannt hatte, verbrachte dieser hier viel Zeit damit zu schlafen, sich zu pflegen und mit seinem Essen herumzuspielen – alles gute Beschäftigungen, wie jede Katze bestätigen konnte. Aber er verschwendete auch viel Zeit und Energie darauf, Teile seines Hauses zu zerstören und durch neue zu ersetzen. Und in sein Mobiltelefon zu sprechen.
    Ambrose mochte diese Dinger nicht. Eine Frau, die eins benutzt hatte, hatte ihm eines seiner Leben genommen.
    Sie hatte in einem Auto gesessen, in dieses Ding gequatscht und woandershin gesehen, und bevor Ambrose aus dem Weg hatte springen können, hatte es einen dumpfen Knall gegeben, und das war das Ende seines Lebens Nummer drei gewesen. Diese Mobiltelefone waren gefährliche Spielzeuge, wenn man Ambrose fragte. Sprachen Menschen nicht ohnehin schon genug miteinander? Warum mussten sie auch noch ihre Telefone überall mit hinnehmen?
    Aber so sehr Ambrose sie hasste – ihm war doch bewusst, dass er beim Zuhören viel erfahren konnte, wenn ein Mensch mit einem dieser Dinger spielte. Deshalb blieb er in der Nähe und lauschte, während der Mann in sein Handy sprach. Meist schien er dann mit Frauen zu reden.
    Die eine war »Mom«. Ambrose wusste, was eine Mom war. Bei seinem Umgang mit Familien hatte er festgestellt, dass meistens Mom die Person war, die ihn fütterte. Sie bereitete auch das Essen für die anderen Menschen zu und hielt das Haus sauber. (Manchmal halfen die Männer, aber gewöhnlich verrichteten die Frauen die meiste Arbeit.) Moms machten viel Aufhebens um ihre Jungen und paarten sich häufig mit dem erwachsenen Mann. Trotz all dieser Paarungen brachten Moms jedoch nur selten einen richtigen Wurf zustande. Die wenigen, denen es gelang, erschienen im Fernsehen oder in den Zeitungen. Der Rest schaffte es gelegentlich, einen einzigen kleinen Menschen, den sie »Baby« nannten, hervorzubringen, und wenn das geschah, war es kaum zu glauben, was die Menschen für ein Theater darum veranstalteten. Menschliche Babys brauchten ewig, um zu Kindern heranzuwachsen. Und Kinder … Puh! Die konnten eine echte Plage sein. Sie taten einem Kater alles Mögliche an, angefangen dabei, ihn am Schwanz zu ziehen, bis hin zu der schrecklich erniedrigenden Idee, ihm Puppenkleider anzuziehen. Trotzdem liebten Moms ihre Kinder, egal, wie die ihre Katzen behandelten, und auch die Kinder waren ihren Moms

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