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Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Weihnachtsgeschichten am Kamin 04

Titel: Weihnachtsgeschichten am Kamin 04 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwe Friedrichsen , Ursula Richter
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ungeschmückten Tannenbaum erblickten. In jenem Jahr bin ich nicht mit ihnen fortgegangen, denn ich war sehr traurig, fühlte mich keiner Schuld bewußt, war einsam und verlassen.
    Was nutzte es mir, daß ich an einem der nächsten Tage den «Auerbachs Kinderkalender» mit der neuesten Mätzchen-Mohr-Geschichte, einige Kästen Zinnsoldaten, Wagen für meine Eisenbahn und nützliche Sachen auf meinem Tisch vorfand.
    Das alles war gewiß nicht vom Weihnachtsmann dort abgestellt. Das hatte Mutter getan.
    Mir war der Glaube zerstört, denn ich war von nun an kein Kind mehr. Daran war der «verpfefferte Heiligabend» schuld.

    Sigrid Preiss-Puntigam

Der Maler und das Weihnachtslicht

    Advent, Weihnachten — Zeit der Stille, der Besinnung, Fest der Liebe und wie sie alle heißen, diese großen hehren Worte. Ich konnte sie nicht mehr hören!
    Alljährlich versuchte ich, dem Weihnachtskonsumterror zu entfliehen, statt dessen mein Verhältnis zur christlichen Bedeutung des Festes zu klären und einen neuen zeitgemäßen Standpunkt zu beziehen. Und wie alljährlich passierten die gleichen Pannen: vier Wochen vorher schon große Hektik, allabendliche Diskussion darüber, wem was geschenkt werden könnte, Päckchen, Briefe und Karten drängten zur Post, um rechtzeitig ihren Bestimmungsort zu erreichen; die Atmosphäre in den eigenen vier Wänden sollte auch vorweihnachtlich gemütlich strahlen, also verteilte ich Tannengrün in den Räumen, illuminierte sie mit Kerzen und, um die anheimelnde Stimmung noch zu steigern und die Geruchs- und Geschmacksnerven auch zufriedenzustellen, durchströmte der Duft des Weihnachtsgebäcks die Wohnung.
    Irgendwann mittendrin in meinem geschäftigen Tun ertappte ich mich, daß auch ich wieder der Konsumhölle und der von ihr gesteuerten Gefühlsduselei auf den Leim gegangen war. Denn von Ruhe, Stille, Besinnung — keine Spur. Ganz im Gegenteil, eigentlich löste das Wort Weihnachten und sein Anhang nur Stress und Horror vor den anstrengenden leeren Ritualen aus, und die Zeit vor dem Fest war keine stille Zeit, sondern laut, lärmend und rastlos. Trotzdem lief mein Vorbereitungsprogramm wie automatisch weiter. Nervös dachte ich an Herrn D., einen alten Maler — was sollte ich ihm diesmal bloß schenken? Es war schwierig, denn Herr D. paßte so überhaupt nicht in unsere Zeit. Er war ein hagerer, dürrer Mann mit energisch blitzenden Augen, dem man schon als Kind auf Grund eines Magenleidens einen baldigen Tod prophezeit hatte; nun war er mittlerweile durch strenge Diät, asketische Lebensführung und eisernen Willen ins biblische Alter von zweiundachtzig Jahren gekommen. Leibliche Genüsse fielen also als Geschenkidee weg. Für körperliche Wärme sorgten schon die selbstgestrickten Pullover und Socken seiner Schülerinnen. In meinen Gedanken erschien das Bild seiner Wohnung vor Augen: winzige zweieinhalb Zimmer, die überquollen vor Bildern, so daß er keinen Platz mehr zum Malen fand und nur noch auf einen kleinen Tisch in der Stube zum Zeichnen aus weichen konnte. Ja, selbst in seinem Schlafzimmer blieb nur der Raum, den sein Bett einnahm, , den Weg dahin mußte man sich durch einen bahnen. Da es nur die notwendigsten Möbel gab, weil seine Leidenschaft, sein Leben und die Malerei die Wohnung total bestimmte und vereinnahmte, fiel auch jeder überflüssig herumstehende Nippes und Tand weg. Erfolg und Reichtum waren ihm bisher versagt geblieben, und trotzdem hatte er unter kargen, ärmlichen und harten Verhältnissen ein Leben lang um sein Ziel gekämpft, es verfolgt und wie besessen gemalt und gemalt. Er malte die Welt aus seinem Kopf, denn Reisen blieb ihm wegen seines Gesundheitszustands versagt: er war kaum je über den Stadtrand hinausgekommen. Und Bücher, die für ihn die Welt bedeuteten, hatte ich ihm zu oft geschenkt. Ich überlegte weiter — erstaunt innehaltend — woher nahm er seine Bilderwelt? Mir fielen die Schilderungen von seinen häufigen Besuchen im Tierpark, im Botanischen Garten und anderen Parks ein, seine daraus entstehenden Naturstudien, und plötzlich war meine Geschenkidee geboren: Es sollte ein wunderschöner bunter Blumenstrauß sein, den er sozusagen als Heimstudienobjekt verwenden konnte, denn im Winter verließ er die Wohnung kaum noch, weil für ihn mit seinen fünfundvierzig Kilogramm die Witterung und der Wind draußen zu rauh geworden waren. Froh über meinen Einfall —, eine schöne Kerze wollte ich noch hinzufugen meldete ich

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