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Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Weihnachtsglanz und Liebeszauber

Titel: Weihnachtsglanz und Liebeszauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sissi Flegel
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Wie immer warfen wir die Taschen in die Ecke, zogen die Anoraks aus, wuschen die Hände – unsere Mutter achtete streng auf Sauberkeit – und setzten uns auf die Bank. Die Orangen waren in Griffweite. Nick rutschte hin und her und sagte nichts. Seine Hosentaschen beulten sich nicht aus, auch sein Pulli lag normal am Körper an. Aber als er nach dem Essen vor mir die Treppe hochging, fielen mir die geschwollenen Knöchel auf; die standen nämlich meilenweit ab.
    Ich folgte ihm in sein Zimmer und warf ihn aufs Bett. Das war keine besondere Leistung; vom Mistschippen und Heuschaufeln waren meine Muskeln ziemlich trainiert; ein kleiner Neunjähriger war für mich ein Klacks. »Raus aus den Socken mit den Orangen«, zischte ich leise, damit Rese in ihrem Zimmer nichts mitbekam.
    Was blieb Nick übrig? Die Tatsachen sprachen gegen ihn. Er pulte die Orangen aus den Socken und legte sie aufs Bett.
    »Du hast die Schinkenwurstbüchse, das Brot und alles andere auch geklaut. Stimmt’s?«
    Er nickte. »Nicht petzen, Ally!«, flehte er.
    Mir war klar, dass er das Diebesgut nicht selbst gegessen hatte. »Für wen klaust du? Und warum? Und wehe, du machst den Mund nicht auf!«
    Er bockte. Erst als ich zur Tür schritt, kapierte er, dass es mir ernst war.
    »Für Sam«, flüsterte er. »Die haben echt kein Geld für nix. Weil doch sein Vater arbeitslos ist. Und seine Mutter im Krankenhaus war. Die sind arm, Ally!«
    »Das Hilfe-für-den-Nachbarn-Geld ist wohl auch zu Sam gewandert?«, forschte ich weiter.
    »Ja.«
    Ich verstand meinen Bruder wirklich nicht. »Du Idiot! Ma hätte einen Fresskorb für die Familie gerichtet, wenn sie von deren Not gewusst hätte. Warum hast du nichts gesagt?«
    Nick hob die Schultern. »Ich hab’s ja auch erst so nach und nach mitbekommen, wie schlimm es dem Sam und seinen Eltern geht. Das musst du mir glauben, Ally!«
    »Aha. Deshalb hast du immer wieder ein paar Sachen geklaut. Bist einfach reingerutscht in den Schlamassel.« Ich dachte nach. »Und jetzt? Sind sie immer noch so arm?«
    »Ja.«
    »Die Decke? Die gefütterten Handschuhe? Wanderten die Sachen auch zu Sam?«
    »Ja. Klauen geht jetzt nicht mehr, was?«
    »Ausgeschlossen. Nick, es hilft alles nichts. Geh runter und –« Mir fiel noch was ein. »Was ist mit der Girlande samt Lichterkette passiert? Die hast aber nicht du – ?«
    Nick riss die Augen auf. »Die Girlande? Mensch, Ally, überleg doch –«
    Rese war Weltmeister im Stören: Immer im allerungeeignetsten Augenblick tauchte sie auf. »Was geht hier vor?«, erkundigte sie sich misstrauisch.
    »Weihnachtsgeheimnisse«, sagte ich sofort und schob die zwei Orangen unter Nicks Kopfkissen. »Was ist?«
    »Es geht um Giselbert. Kommst du mal mit, Ally?«
    Was blieb mir übrig? Ich folgte Rese in ihr Zimmer.
    »Es geht nicht um Giselbert; es geht um seinen Bruder«, sagte sie dann gleich.
    »Um Clemens? Ich denke, der knutscht mit Clarissa.«
    »Knutschen ist nicht das Thema. Clemens posaunt überall herum, dass Jan mir Geschenke macht. Das ärgert den Giselbert. Ist ja klar. Er ist zwar meine Übergangslösung, aber mit dem Jan geht es einfach nicht vorwärts«, klagte sie.
    »Pech für dich. Wem hast du von den Geschenken erzählt?«
    »Nur meinen besten Freundinnen. Warum auch nicht?«
    »Bist du noch bei Trost!«, schrie ich sie an. »Du Schwachkopf weißt doch gar nicht sicher, ob sie tatsächlich von Jan sind, oder?«
    Rese ließ den Kopf hängen. »Ich denk’s mir halt so …«
    Ich atmete tief ein und tief aus. Drei Mal, vier Mal, fünf Mal. Dann war meine Wut nicht mehr ganz so schlimm. »Du vermasselst dir wirklich alles. Nimm mal an, die Geschenke sind von einem Jungen, an den du überhaupt nicht denkst. Von einem, der dir auf dem Geschenkeweg sagen will, dass er dich ganz toll findet.«
    Rese nickte brav. »Und?«
    »Nimm mal weiter an, er denkt jetzt, die Geschenke machen keinen Sinn, weil du nur den Jan im Kopf hast. Aber ob Jan dich im Kopf hat, ist ungewiss. Du gibst ja selbst zu, mit dem gehe es nicht vorwärts. Es fehlen die Beweise. Richtig?«
    »Na ja. Eigentlich schon«, gab sie zu.
    »Eben. Also –« O Gott, was konnte ich nur tun, damit Giselbert bei der Stange blieb? Wo ihn doch die paar Euro schon so wurmten.
    »Also?«, wiederholte Rese.
    Ich dachte fieberhaft nach. Und dann… dann … dann hatte ich einen Geistesblitz! »Ruf einfach den Giselbert an und sag ihm, sein Bruder wäre nur sauer, weil du nichts von ihm wissen willst. Klar, du bekämst

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