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Weihnachtskatze gesucht

Titel: Weihnachtskatze gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Weile gebraucht, um ihn wiederzufinden. Natürlich hatte der arme Kerl den Rückweg aus dem Ziegenstall – pfui, rochen die streng – nicht selbst gefunden. Den ganzen Abend hatte er zitternd neben ihr in der Schachtel gelegen.
    »Ich mochte die Stimme der Frau nicht«, hatte er schließlich erklärt. »Die wollte nur mit meinem Pelz angeben.«
    »Ich pass auf, dass sie dich nicht mitnehmen«, versprach SueSue und putzte ihm ein Spinnweb von den Ohren.
    »Das kannst du nicht, SueSue. Das hier ist nur eine Unterbringung für einige Zeit. Sie wollen, dass wir wieder eigene Menschen bekommen.«
    »Quatsch!«
    »Doch, das ist so. Mac weiß das, der ist schon eine ganze Weile hier. Aber einen Dreibeinigen wie ihn will keiner.«
    »Bist du ganz sicher?«
    »Die Jungen und Gesunden verschwinden zuerst. Dich werden sie auch bald mitnehmen.«
    »Mich nicht, ich hab viel zu kleine Ohren.«
    »Ich glaube nicht, dass das jemanden außer dir stört. Die Frau hätte mich sogar genommen, obwohl ich blind bin.«
    |71| »Wieso bist du überhaupt hier, Ormuz? Verzeih, aber die Frage geht mir schon die ganze Zeit durch den Kopf. Du bist doch so ein schöner Kater.«
    »Mag sein, dass man der Meinung sein könnte.« Ormuz brummte ein bisschen und drehte sich in Erzählhaltung, was bedeutete, dass SueSue sich an seinen grauen Pelz schmiegte und die Ohren spitzte. »Ich wurde als Kater einer alten Familie geboren, genau wie du, SueSue. Eine, von denen die Menschen einen Stammbaum führen. Ein Menschenpaar nahm mich zu sich, und im Großen und Ganzen ging es mir bei ihnen ziemlich gut. Hin und wieder nahmen sie mich zu diesen Ausstellungen mit. Ich besaß einen komfortablen Käfig und wurde von Leuten bewundert. Nur diese Wichtigtuer wollten mich ständig untersuchen, aber sie fanden nie ein falsches Haar an mir, und so durfte ich dann auf Podesten posieren. Mit Schleifen.« Er klang ein bisschen belustigt.
    »Ah ja, Schleifen. Na, wenigsten das ist mir erspart geblieben. Aber Posieren macht doch Spaß.«
    »Mhmm.«
    »Jeder Katze!«
    »Mhmm.«
    »Ich hab’s auch gemacht«, schnurrte SueSue. »Auf diesem Friedhof. Da gab es prima Stellen für so etwas. Steine und Säulen und so. Es war auch oft ein Mann da, der uns mit seinem künstlichen Auge beobachtet hat. Für den habe ich mich manchmal besonders anmutig hingesetzt.« SueSue kicherte ein bisschen. »Einmal waren da so weibliche Jungmenschen, die einen Korb voll Futter dabei hatten. |72| Nicht für uns Katzen, das Zeug wollten sie selbst essen. Aber es roch unheimlich gut, und darum hab ich ihnen etwas davon – na ja, geklaut. Aber ich hab es auch wieder gutgemacht. Also erst habe ich die Hälfte von dem Hühnerbein aufgegessen, dann für den Mann posiert und mir ganz zierlich den Bart geleckt. Und die Pfoten. Und ihn angelächelt. Und er kniete vor mir nieder, wie es sich gehört.«
    »Mit diesem künstlichen Auge machen sie Bilder von uns. Meine Leute haben die über meinen Korb gehängt.«
    »Ah ja? Nun, er hat mir keine Bilder von mir gezeigt. Aber ich weiß ja, wie ich aussehe. Mir hat seine Aufmerksamkeit gefallen. Und eigentlich wollte ich ihm die Ratte schenken.«
    »Ratte?«
    »Na, als ich da so auf der Stele saß und mir den Latz putzte, kam eine Ratte aus dem Gestrüpp und machte sich über das restliche Hühnerbein her. Das konnte ich mir natürlich nicht gefallen lassen. Ich habe das Mistvieh gejagt. War harte Arbeit, weil diese Ratten ihr Nest in dem Maus-o-leum hatten. Aber ich habe sie gekriegt und totgebissen. Der Mann war weg, also habe ich sie den Mädchen als Dankeschön für das Hühnerbein in den Korb gelegt. Aber die haben sich gar nicht darüber gefreut. Die haben gequiekt und geschrien, als hätte die Ratte sie noch lebendig angesprungen.«
    Mac war dazu gekommen und setzte sich vor die Schachtel.
    |73| »Ratten fangen ist gar nicht so leicht«, bemerkte er mit gewisser Achtung. »Mich hat so ein Biest mal gebissen.«
    »Ja, ich habe wohl Glück gehabt, das war noch eine junge Ratte. In dem Maus-o-leum trieben sich auch ein paar alte rum, denen ich nicht in die Quere kommen wollte. War auch nicht notwendig, der Sommer war gut, das Futter reichlich.«
    »Ja«, sagte Ormuz. »Der Sommer war schön. Aber für mich war das Licht erloschen.«
    »In diesem Sommer? War es ein Unfall?«, wollte Mac wissen.
    »Nein, meine Augen wurden einfach immer schlechter und schlechter. Die Menschen ließen mich untersuchen und verabreichten mir Tropfen, aber es nützte nichts.

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