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Weihnachtskatze gesucht

Titel: Weihnachtskatze gesucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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du schon mal einen Putzlumpen gesehen, der in einen Reißwolf geraten ist?«
    »Oha, der Wolf erwacht.«
    »Zumindest meine verbalen Reißzähne habe ich noch.« Dann grinste er, und Salvia hatte das Gefühl, als ob sich ihre Nackenhaare sträubten. Es fühlte sich – prickelnd an.
    »Tut nicht not«, murmelte sie. »Ich hatte meinen Auftritt.«
    »Vermutlich sah er danach aus, als hätte ihn jemand durch eine Dornenhecke geschleift.«
    »Mhm, ja. Zumindest hat er sich nie wieder bei mir gemeldet. Aber das änderte nichts daran, Steve. Ich fühlte |84| mich erbärmlich verletzt und gedemütigt. Es wurde erst besser, als SueSue zu mir kam. Sie war so lieb und tröstlich. Kurz vorher hatte ich schon angefangen, für Rudolf zu arbeiten. Das ist der Besitzer des Blumenladens. Erst bat er mich, eben mal kurz im Laden einzuspringen. Aber dann merkte ich, dass die Beschäftigung mit den Pflanzen mir gut tat. SueSue kam auch immer mit in den Laden und spielte Verstecken zwischen den Pflanzen oder schlief in einer Schachtel neben der Kasse.«
    »Und dann verschwand sie ebenfalls.«
    »Kam einfach nicht wieder.«
    »Und du fühltest dich einmal mehr verlassen. Weshalb du dir einredest, sie sei tot.«
    »Ja, wahrscheinlich hast du recht. Aber die Vorstellung, dass sie irgendwo eingesperrt langsam verhungerte, macht mich auch nicht besonders glücklich.«
    »Natürlich nicht, doch was, wenn sie sich nur verlaufen hat und nicht zurückfand? Wenn sie in einem anderen Haus aufgenommen wurde?«
    »Katzen verlaufen sich nicht.«
    »Du sagst, sie war eine besondere Rassekatze? Könnte sie jemand geklaut haben?«
    Ein kleiner Hoffnungsfunke durchzuckte Salvia.
    »Daran habe ich noch nie gedacht.«
    »Von dem sie dann weggelaufen ist, um den Weg zu dir zurück zu suchen?«
    »Steve, mach mir nicht solche Hoffnungen!«
    »Dabei ist sie auf diesem Friedhof gelandet und hat sich dem Rudel angeschlossen?«
    |85| »Du meinst, es könnte wirklich SueSue sein?«
    »Ich habe deine Katze nie kennengelernt. Aber ich habe noch mehr Aufnahmen von dieser kleinen Braunen. Ich bringe sie dir. Schau dir die Bilder genau an.«
    »Und wenn sie es ist?«
    »Dann weißt du, dass sie zumindest im Oktober noch recht vergnügt gelebt hat.«
    »Bring mir die Bilder.«

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    |86|
14. Verantwortung
    Z iemlich nachdenklich saß Steve spät in der Nacht vor seinem Bildschirm und betrachtete sich all die Aufnahmen, die er den Sommer über von den Katzen auf dem Friedhof gemacht hatte. Das Glas mit dem Whiskey stand neben ihm, aber er hatte es kaum angerührt. Es waren Hunderte von Aufnahmen, wenige jedoch nur genügten seinen strengen Ansprüchen. Allerdings offenbarten sie ihm in ihrer Gesamtheit die vielfältige Kultur des Katzenlebens. Herumtollende Kleinkatzen, lauernde Jäger, Kämpfer und Feiglinge, wilde, leidenschaftliche Paarungen, trauliches Miteinander, einfallsreiche Spiele, gewagte Balanceakte oder Sprünge, sorgsame Fellpflege und immer wieder herrlich selbstbewusstes Posieren an den erstaunlichsten Stellen zeigten die Bilder.
    Ja, man könnte einen lebendigen Fotoband dazu machen. Sogar einige Texte gingen ihm schon durch den Kopf.
    Dann aber konzentrierte er sich wieder auf die kleine Braune. Als das zehnte Bild aus dem Drucker kam, hielt er inne.
    Er war ja verrückt.
    Eigentlich war er doch verrückt. Warum sollte er sich |87| auf die Suche nach einer Streunerin machen, die wer weiß wohin verschwunden war? Nur weil eine dornige Floristin ihrer verschwundenen Katze nachjammerte?
    Sie hatte so eine leise Trauer um ihre Augen.
    Er knurrte vor sich hin. Verantwortung übernahm man am besten nur für sich selbst. Alles andere brachte einem lediglich Schwierigkeiten ein.
    Er schaltete den PC aus und trank noch einen Schluck von seinem Whiskey.
    Schmeckte ihm nicht.
    Ob die Futterfrauen auf dem Friedhof diese braune Katze in der letzten Zeit gesehen hatten?
    Egal.
    Zu Bett.
     
    Es war frostig, als Steve am nächsten Morgen aus dem Fenster schaute. Aber sein Schlaf war unerwartet tief und traumlos gewesen, weshalb er auch nur mit mehr oder minder gespieltem Grollen auf die Forderungen seiner Haushälterin reagierte.
    »Sie haben kein Brot mehr im Haus, die Milch ist über das Verfallsdatum, die letzten zwei Eier reichen nicht mal für ein Omelett, und ein paar Orangen müssten Ihren Speisezettel auch noch ergänzen. Zeit, einkaufen zu gehen, Steve.«
    »Wozu habe ich Sie eingestellt, Hertha?«
    »Um diesen verlotterten Haushalt zu führen.

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