Weil wir glücklich waren - Roman
runzelte die Stirn und hörte auf, ihre Tüte mit Sand zu füllen. »Mist«, sagte sie. »Du hast recht.«
Meine Mutter nahm sich noch eine Hand voll Sand. »Recht womit?«
»Ich weiß nicht, ob man es uns erlaubt«, erklärte ich. »Nicht auf dem Gelände. Kerzen sind praktisch verboten.«
»Es besteht keine Brandgefahr«, beteuerte Inez. Sie streckte ihr Kinn vor und fixierte mich mit einem harten Blick. »So ein Quatsch. Bei uns zu Hause macht das jeder.«
Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich behauptete nicht, etwas über Luminarias zu wissen, und ich war noch nie in Albuquerque gewesen. Ich wusste nur, dass die Vorschriften in Bezug auf offenes Feuer sehr streng waren. »Wir können versuchen, sie draußen aufzustellen«, schlug ich vor. »Mal sehen, ob jemand was sagt.«
»Vergiss es.« Inez stützte sich auf ihre Hände und starrte auf ein Stück Zeitung, das auf dem Boden lag. »Ich hasse es hier. Es ist blöd, auch nur zu versuchen, etwas zu verbessern.« Sie blickte auf und schaute aus dem Fenster. Ihre braunen Augen schimmerten feucht, aber ihr Gesicht war völlig unbewegt. »Ich kann die Ferien kaum noch erwarten. Sobald ich meine letzte Prüfung hinter mir habe, bin ich weg. In meinem Auto. Auf dem Heimweg.«
Zuerst sah ich auf den Boden und dann in ihr Gesicht. Hier war jemand, der das Wohnheim genauso hasste wie ich - vielleicht sogar noch mehr. Dabei war dieses Mädchen jünger als ich und in vielerlei Hinsicht weiter weg von zu Hause. Und ich hatte es schlimm gefunden, ein bisschen älter als alle anderen zu sein!
»Machen wir doch einfach weiter«, entschied meine Mutter. Ihre Hände bewegten sich unaufhörlich. »Ich weiß nicht, was wir sonst mit all dem Sand anfangen sollen.« Sie griff nach der nächsten Tüte. »Wir überlegen uns später, was wir damit machen.«
Diesen Satz hatte ich schon oft von ihr gehört. All die Jahre - an kalten Nachmittagen und bei Pfadfindertreffen - war jeder, der sich in der Obhut meiner Mutter befand, ermutigt worden, mehr Kekse zu backen, als man essen konnte, mehr Dekoration zu basteln, als man aufhängen konnte, und mehr Kerzenhalter herzustellen, als man verschenken konnte. Und wenn unsere Werke verbrannten, zerbrachen oder einfach nur albern aussahen - kein Problem! Für meine Mutter ging es nur um das Anfertigen. Das Endergebnis hatte sie nie besonders interessiert.
Aber Inez wirkte jetzt lustlos, als sie neuen Sand in eine Tüte packte, und ihr Gesichtsausdruck zeigte, dass sie nur weitermachte, um nicht unhöflich zu sein. Wir arbeiteten schweigend. Ich konnte das Geräusch von rieselndem Sand und knisternden Papiertüten hören. Gretchen verlagerte ihr Gewicht und seufzte.
Meine Mutter stupste mich an. »Hast du keine Weihnachtsmusik?«
Ich blickte von meiner Papiertüte auf. »Weihnachtsmusik?«
Sie nickte.
Ich schüttelte den Kopf. Sie wirkte überrascht, aber nein, ich hatte keine Weihnachtsmusik. Ich war Junior am College und lebte praktisch in einer Schuhschachtel mit hoher Decke. Aber sie schien enttäuscht zu sein, als hätte ich endlich zugegeben, dass ich mich trotz all der Jahre sorgfältiger Erziehung nicht schriftlich für Geschenke bedankte oder mir die Hände wusch, nachdem ich auf der Toilette gewesen war. Meine Mutter hatte jede Menge Weihnachtsmusik. Ihre Lieblinge waren Händels Messias und ein Album, das mit Judy Garlands schwermütiger Stimme und dem Lied Have Yourself a Merry Little Christmas endete. All das und mehr hatte ich in meiner Kindheit jeden Dezember immer wieder gehört. Die CDs waren jetzt vielleicht in einem Pappkarton verstaut, wahrscheinlich draußen im Van.
Ein Mädchen hob eine sandige Hand. »Ich habe die CD von den Jingle Cats.«
Alle starrten sie an. Sie war hübsch, mit langem, lockigem, rotem Haar. Als sie lächelte, sah man ihre Zahnspange.
»Ihr wisst schon, diese Katzen, die singen. Es sind richtige Katzen. Meowy Christmas?« Sie sah uns ungläubig an. »Oh mein Gott! Ihr kennt das nicht? Meine ganze Familie steht darauf. Und wir sind Juden.« Achselzuckend schüttelte sie eine Tüte mit Sand. »Hava Nagila ist auch drauf.«
Die Katzen halfen tatsächlich. Ich schob die CD in meinen kleinen Apparat, und es war gleich von Anfang an komisch. Nicht so komisch, dass man sich halb totgelacht hätte, aber es war schwer, zuzuhören und keine Miene zu verziehen. Am Schluss von Stille Nacht rang sich sogar Inez ein Lächeln ab. Wir arbeiteten alle weiter und füllten die Tüten, die sich glatt und
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