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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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die Turmglocken läuteten. Auf der anderen Straßenseite arbeiteten zwei Männer auf Leitern, um mit Tauen einen riesigen Adventskranz über dem Eingang von Strong Hall aufzuhängen. Die Männer redeten nicht miteinander, aber ihre Bewegungen schienen aufeinander abgestimmt zu sein, und der Kranz hob sich langsam und pendelte sich über dem Tor ein. Ich setzte mich auf eine Bank und schaute zu. So etwas konnte ich mir nun leisten. Es war vorbei. Es gab nichts mehr zu büffeln, keinen Termindruck mehr, der drohend über mir schwebte. Es gab keinen Ort mehr, an dem ich jetzt sein musste.
    Und dann kehrte der Schmerz in meiner Brust zurück. Während der Prüfung - und zwar nur während der Prüfung - war ich frei von der tiefen Trauer gewesen, mit der ich am Vorabend zu Bett gegangen war. Doch jetzt gab es nichts mehr, was mich abgelenkt hätte. Die Bank war aus Beton, und je länger ich da saß, desto kälter wurde es. Aber ich stand nicht auf. Der Adventskranz verschwamm vor meinen Augen, und ich zog mir meine Mütze tief ins Gesicht.
    »Wie ist es denn gelaufen?«
    Ich blickte auf. Tim stand vor mir, ohne Jacke, in demselben Pullover, den er schon gestern Abend getragen hatte, die Hände tief in seine Jeanstaschen gesteckt. Ich wollte lächeln, aber der Ausdruck auf seinem Gesicht hielt mich davon ab. Sein dunkles Haar war gebürstet, sein Kinn glatt rasiert, aber ich konnte ihm an seinen Augen ansehen, dass er nicht geschlafen hatte.
    »Ich war in der Bibliothek.« Er deutete mit dem Kopf hinter sich. »Ich habe dich gesehen und dachte, ich komme kurz vorbei, um zu fragen, wie es gelaufen ist. Die Prüfung, meine ich.«
    Ich schüttelte den Kopf. Es war furchtbar, dass ich der Grund war, warum er so müde und traurig aussah. Wenn ich die Hand ausstreckte oder auch nur versuchte, mich ihm zu nähern, würde er mich daran hindern, das wusste ich. Aber er sah mich weiter an und wartete. Er wollte wirklich wissen, wie es mir bei dem Test ergangen war.
    »Schlecht«, antwortete ich.
    Er schüttelte den Kopf. »Bestimmt war es nicht so ...«
    »Doch. War es. Wirklich. Aber das ist schon okay. Es macht mir nichts aus.« Ich starrte auf den Bürgersteig neben seinen Füßen und bemühte mich, nicht zu weinen. Wenn ich das täte, würde er Mitleid mit mir haben, und das wäre nicht richtig. Ich tat so, als müsste ich gähnen.
    Er verlagerte sein Gewicht und verschränkte die Arme. Er bedeutete mir, ein Stück zur Seite zu rücken, setzte sich so weit wie möglich von mir entfernt auf die Bank und fing an, in seiner Büchertasche zu kramen. Dann nahm er einen Taschenrechner heraus, noch einen Taschenrechner, ein Buch mit dem Titel Thermo-Fluid-Systeme, eine Dose Cola, den Sportteil einer Tageszeitung und eine Orange. »Ich dachte, dass ich vielleicht ein Taschentuch dabeihätte«, erklärte er. »Vor ein paar Wochen hatte ich doch diese Erkältung.«
    Ich lächelte und wischte mir die Wangen mit dem Handrücken ab. »Danke, dass du nachgeschaut hast«, sagte ich und schaute von ihm weg, auf die andere Straßenseite. Der Kranz hing jetzt über dem Eingang. Die Arbeiter standen darunter und schauten ihn an. Einer von ihnen zeigte auf die rote Schleife.
    »Wenn du nicht bei mir einziehen wolltest, hättest du es ruhig sagen können.« Tim warf mir aus dem Augenwinkel einen Blick zu. »Falls das wirklich das Problem war.«
    Ich nickte, starrte aber immer noch auf den Kranz. Letztes Jahr um diese Zeit waren meine Eltern noch verheiratet gewesen, und ich machte mich gerade bereit, um über die Winterferien nach Hause zu fahren. Vielleicht war der Dachdecker schon im Spiel gewesen, aber ich hatte es damals noch nicht gewusst. Am ersten Weihnachtsfeiertag hatte meine Familie morgens Geschenke ausgepackt, wir hatten im Esszimmer Truthahn gegessen und waren dann zu Mr. Wansings Nachbarschafts-Kuchenparty gegangen - genau wie jedes Jahr. Als wir klein waren, waren es noch beide Wansings gewesen, Mann und Frau. Mrs. Wansing starb, als ich in der dritten Klasse war, aber ich kann mich noch gut daran erinnern, wie sie sich vorsichtig vor mich kauerte, mir in die Augen sah und ganz ernst fragte, ob ich Kürbis- oder Nusskuchen wolle. Nach ihrem Tod glaubte meine Mutter nicht, dass Mr. Wansing immer noch alle zu sich einladen würde. Doch er tat es. Er kaufte die Kuchen im Geschäft, und obwohl sie nicht so gut waren wie die selbst gebackenen von Mrs. Wansing, war alles andere wie immer. Er deckte den Tisch mit poliertem Silberbesteck und

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