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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht an all die langen Tage und Nächte zu denken, die ich damit verbracht hatte und in denen ich mich mehr angestrengt hatte als je zuvor in meinem Leben. Doch jetzt war all die Arbeit, all die Mühe und Sorge, umsonst gewesen: Ich hatte versagt.
    Auch das Gemeinschaftszentrum war festlich geschmückt. Blinkende Lichter und große Fahnen wünschten allen frohe Weihnachten, beziehungsweise ein schönes Kwanzaa- und Chanukka-Fest. Von dem Wechselgeld, das ich in dem Laden bekommen hatte, kaufte ich mir Kaffee und Pistazien. Ich fand einen leeren Sessel am Fenster, das so groß war, dass ich den Himmel sehen konnte, die ersten Wolken des kommenden Schnees am westlichen Horizont. Dann sah ich auf meine Uhr. Ich hatte Marley versprochen, einige Stunden wegzubleiben und war noch keine Dreiviertelstunde unterwegs. Ich schlug meine Beine übereinander, stellte sie nebeneinander, schlug sie wieder übereinander. Dabei betrachtete ich den Himmel. Immer wenn mein Vater sich einen seiner seltenen Urlaube gegönnt hatte - an Feiertagen und in den Sommerferien -, hatte er sich genauso verhalten, zappelig und nervös, unschlüssig, was er mit sich anfangen sollte.
    Aber ich musste mich bloß daran gewöhnen. Den Rest des Nachmittags verbrachte ich mit Lesen. Middlemarch war genauso dick wie mein Chemiebuch, dennoch blätterte ich eine dünne Seite nach der anderen um. Im Sommer vor zwei Jahren hatte ich mir mit meiner Mutter und Elise die Verfilmung angeschaut, kurz vor Elises Hochzeit. Wir waren alle entsetzt gewesen, als Dorothea den gefühllosen, alten Mann heiratete, und litten mit ihr, als ihr bewusst wurde, was für einen Fehler sie begangen hatte. Bei der nächsten Werbepause schnalzte Elise mit der Zunge. »Eine Scheidung kam damals nicht infrage. Sie hängt fest. Ein Jammer.« Aber meine Mutter kannte das Buch und riet Elise, abzuwarten. Und tatsächlich, fast gleich nachdem der Film weiterging, starb der gruselige, alte Mann, zum Glück - denn Glück war es wirklich.
    Als der Nachspann lief, klatschte Elise in die Hände. »Dann wird sie am Ende also doch noch glücklich. Schön!« Sie verschränkte die Hände hinter ihrem Kopf. Ich dachte immer noch an den letzten Satz: Aber ihre Wirkung auf die Menschen in ihrer Umgebung war unermesslich weitreichend; denn das Gute in der Welt hängt zum Teil von Taten ab, die in keinem Geschichtsbuch stehen. Der Text war länger gewesen, aber den Rest hatte ich schon vergessen.
    Meine Mutter stand von der Couch auf und streckte sich. »Ich weiß nicht, ob ich sagen würde, dass sie glücklich ist.« Sie sah zur Treppe und runzelte die Stirn. Mein Vater war schon zu Bett gegangen. »Ihr solltet das Buch lesen«, empfahl sie uns.
    Und das tat ich fast den ganzen kalten Nachmittag lang, als ich im Gemeinschaftszentrum saß. Schon am Anfang war in dem Film sehr viel weggelassen worden. Seit sie sich erinnern konnten, hatte es eine Mischung aus Kritik und Ehrfurcht in Celias Haltung gegenüber ihrer älteren Schwester gegeben. Die jüngere hatte stets ein Joch getragen, aber gibt es ein unterjochtes Geschöpf ohne persönliche Meinung? Ich unterstrich Sätze und machte Eselsohren in die Seiten. Hier findet sich eine Mine an Wahrheit, die, sosehr sie auch ausgebeutet werden mag, unsere Kohlevorkommen vermutlich überdauern wird. Als ich aufblickte, schien mir die untergehende Sonne hell in die Augen. Der Himmel war klar, mit nur wenigen orange und rot gesäumten Wolkenfetzen. Es hatte noch nicht geschneit, und vielleicht würde es auch nicht schneien.
    Aber Inez hatte recht gehabt. Das konnte ich sehen, als ich auf dem Heimweg um die letzte Ecke bog. Selbst auf dem verdorrten Gras und dem matschigen Boden waren die Luminarias schön, vielleicht, weil es so viele waren. All die flackernden, tanzenden Lichter säumten die Gehwege rund um das Wohnheim. Einige Leute spazierten still um sie herum, und über mir sah ich an Hunderten von Fenstern Gesichter, die sich an die Scheiben pressten, und Hände, die Augen abschirmten.
    Der Feueralarm ging kurz vor Tagesanbruch los. Meine Mutter tastete sich zu meinem Bett und packte in der Dunkelheit meinen Arm.
    »Schon gut.« Ich gähnte, bevor ich die Augen aufmachte. Dann setzte ich mich langsam auf und knipste meine Lampe an. »Das ist bestimmt wieder ein Fehlalarm. Die haben wir ständig.«
    Ich musste alles zweimal sagen. Die Sirene war so laut, dass sogar Bowzer sie hören konnte; er stand zitternd da und sah aus, als würde er sich am liebsten in

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