Weil wir glücklich waren - Roman
den Schienbeinen meiner Mutter vergraben, ein Loch durch ihre Leggings und ihre Haut buddeln.
Als sie ihre Stiefel anzog, hielt ich ihn fest, und als ich in meine schlüpfte, hielt sie ihn. In weniger als einer Minute waren wir fertig und Bowzer unter dem zugeknöpften Mantel meiner Mutter. Bevor ich die Tür aufmachte, hakte sie ihren Arm unter meinen.
»Ich liebe dich«, sagte sie und schaute auf den Boden. Sie scherzte nicht. »Ich will, dass du das weißt. Okay? Ich finde, dass du richtig toll bist.«
»Mom.« Ich beugte mich zu ihr. »Ich liebe dich auch. Aber ehrlich, es ist bloß falscher Alarm.«
Draußen im Flur - in dem wirklich keine Rauchschwaden waren - ging meine Mutter langsam und mit gesenktem Kinn, um Bowzers Kopf nach unten zu drücken. Überall wurden Türen geöffnet. Mädchen in Schlafanzügen traten schimpfend auf den Flur und hielten sich die Ohren zu.
»Ich muss vorgehen«, schrie ich. Im Flur war die Sirene noch lauter. »Vielleicht gehst du Marley suchen und nimmst sie mit. Sie hat kein Auto.«
Gerade als wir an Marleys Tür vorbeigingen, wurde sie aufgemacht. Meine Mutter drehte sich einen Moment lang zu mir um. Da sie beide Hände voll hatte, nickte sie mir nur kurz zu.
Also war es Marley, die mit ihr die Treppe hinunterging, und es war auch Marley, die mir später erzählte, wie Bowzer genau in dem Moment, als alle durch die Doppeltür hinausströmten, seinen Kopf aus dem Mantel meiner Mutter gestreckt hatte. Der Typ vom Sicherheitsdienst, sagte Marley, sei ausgesprochen unfreundlich gewesen. Sie kenne seinen Namen nicht - es sei der mit dem Nasenring und der hübschen Freundin gewesen. Es habe so ausgesehen, als ob meine Mutter ihn kenne. Er habe versucht, ihr den Hund wegzunehmen, doch sie habe es nicht zugelassen. Er habe zu ihr gesagt, dass sie nicht weggehen dürfe, sondern mit ihm kommen müsse. Und er habe sie ständig Mom genannt.
Marley war überrascht von dem, was meine Mutter als Nächstes getan hatte, ich allerdings nicht. Sie war furchtlos geworden, aber sie war nicht dumm. Als Jimmy seine große Hand auf ihren Ellbogen gelegt hatte, hatte sie getan, was vielleicht jede Frau in mittleren Jahren, die vor nicht allzu langer Zeit Krafttraining gemacht hatte, zumindest versucht hätte, wenn sie mit einem Hund in den Armen von dem rachsüchtigen Sicherheitsbeamten eines Studentenwohnheimes zur Rede gestellt worden wäre: Sie hatte mit dem Finger über seine Schulter gezeigt, war in die Menge eingetaucht und weggerannt.
Gordon Goodman rieb sich die Augen und stützte sich mit einem Ellbogen auf dem Tisch ab. Er trug sein weißes T-Shirt verkehrt herum, und das Etikett schaute unter seinem Kinn aus dem Kragen hervor.
»Man darf im Wohnheim keine Hunde halten«, sagte er. Er drehte sich um, schaute aus dem Fenster und blinzelte in die aufgehende Sonne. Erst vor einer halben Stunde hatten die Feuerwehrwagen - die wieder umsonst gekommen waren - ihre Blaulichter abgestellt und waren weggefahren. Ich fragte mich, ob er es an einem Morgen wie diesem bereute, seinen Beruf als Anwalt aufgegeben zu haben.
»Ich weiß«, erwiderte ich. »Es tut mir leid.«
Er drehte sich wieder um und sah mich verstimmt an. Wir wussten beide, dass er nicht mit mir schimpfte, sondern mit sich selbst redete und versuchte, sich die Problematik der Situation zu vergegenwärtigen. Ich hatte ihm schon erzählt, dass meine Mutter aus ihrer Wohnung geworfen worden war und nicht wusste, wohin sie sollte.
Leider hatte ich es damit gleichzeitig auch Jimmy Liff verraten, denn der befand sich auf der anderen Seite der Scheibe und tat so, als müsste er am Schreibtisch Formulare ausfüllen. Vielleicht machte er das sogar wirklich - einen Bericht über mich und meine Mutter. Er stand genau auf der anderen Seite der Scheibe, mit gesenktem Kopf und so nah, dass sein Scheitel beinahe das Glas berührt hätte. Als ich ihn dort entdeckte, blickte er auf und lächelte. Da wusste ich, dass er jedes Wort gehört hatte.
Gordon zupfte an seinem Bart. »Ihr habt keine Verwandten in der Nähe?«
Ich schüttelte den Kopf.
»Freunde? Irgendjemand, bei dem sie bleiben kann?«
»Ich glaube, es ist ihr peinlich. Und es ist schwer wegen dem Hund.«
Auf der anderen Seite des Fensters schnitt Jimmy eine Grimasse. Es wirkte total übertrieben, wie eine Karikatur, als wollte er sich über sich selbst lustig machen, darüber, was für ein Ekel er sein konnte. Gordon sah, wie sich mein Gesichtsausdruck veränderte, und folgte
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