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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wechselte nur mein Hauptfach. Das, was Elise vorhatte, war wesentlich drastischer.
    Elise schüttelte den Kopf. »Weißt du, was Teilzeit in einer Anwaltskanzlei bedeutet, Mom? Circa fünfzig Stunden die Woche. Eigentlich würde ich mein Kind ganz gern kennen. Und wir können es uns leisten. Die Lebenshaltungskosten sind hier viel niedriger.« Sie legte den Kopf zur Seite und sah meine Mutter ruhig an. »Gibt es einen Grund, warum du willst, dass ich arbeite? Ist irgendwas los mit dir?«
    Meine Mutter senkte den Blick. »Ich bin nur ein bisschen überrascht«, antwortete sie.
    »Ich verstehe nicht, warum.« Elise nahm noch einen Bissen Pizza und wischte sich dann mit der Serviette diskret den Mund ab. »Ich habe immer hundert Prozent gegeben, egal, was ich gemacht habe. Ich verstehe nicht, warum es dieses Mal anders sein sollte.« Sie schaute aus dem Fenster auf die dicken Schneeflocken, die langsam herabfielen und über den Boden wirbelten. An ihrem gelassenen Gesichtsausdruck merkte man, dass die Angelegenheit damit für sie erledigt war.
    Meine Mutter beugte sich vor und stützte ihre Ellbogen auf den Tisch. »Es geht um das Geld«, erklärte sie.
    Aus der Jukebox ertönte Jingle Bell Rock.
    »Geld ist kein Problem«, wiederholte Elise. »Das habe ich dir gerade gesagt.«
    »Dein Geld. Du brauchst dein eigenes Geld.«
    Elise setzte sich kerzengerade auf. »Unsere Ehe ist total in Ordnung. Ich bin nicht du. Charlie ist nicht Dad.« Sie biss in ihre Pizza. Meine Mutter aß immer noch nicht. Aber Elise hatte - wie mein Vater - kein Problem damit, gleichzeitig zu essen und zu diskutieren. Für sie war Diskutieren wie Atmen.
    »Du weißt nicht, was die Zukunft bringt.« Die Stimme meiner Mutter war nicht laut, aber ihr Ton war so entschieden, so fest, dass sich an einem der anderen Tische jemand umdrehte. Sie richtete ihren Blick auf Elise. »Du solltest weiterhin arbeiten. Wenigstens Teilzeit.«
    Elise tat die Worte mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Du hast nie als Anwältin gearbeitet. Du weißt nicht, wovon du sprichst.«
    »Und du hast keine Scheidung hinter dir. Du weißt nicht, wie das läuft, Elise.«
    Elise hörte auf zu kauen und legte ihr Stück Pizza auf den Teller. Sie wischte sich den Mund mit der Serviette ab und schaute weg.
    »Liebes, ich versuche doch nur ...«
    »Du verwechselst mich mit dir«, behauptete Elise. Sie sah wieder meine Mutter an. »Ich bin es, die unser Geld anlegt. Mein Name steht auf jedem Dokument. Ich führe unsere Konten. Es ist eine Partnerschaft. Eine gleichberechtigte Partnerschaft. Und so wird es auch noch sein, wenn ich zu Hause bleibe.«
    Meine Mutter legte die Hände über ihre Augen. Nach einer Weile warf Elise mir einen besorgten Blick zu. Ich schaute weg. Seit sie mich zum letzten Mal aus Kalifornien angerufen hatte, war eine Menge passiert. Es gab vieles, von dem sie nichts wusste. Ich glaubte nicht, dass unsere Mutter verrückt war. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie im Unrecht war.
    Elise, deren Gesichtsausdruck jetzt milder war, fasste über den Tisch und drückte ihren Arm. »Du bist so eine Heuchlerin«, sagte sie mit einem kleinen Lächeln. »Ich möchte einfach eine genauso gute Mutter sein wie du. Und du warst toll, Mom. Erzähl mir nicht, dass du es bereust.«
    Ich beugte mich vor, schüttelte den Kopf und versuchte, Elises Blick einzufangen. Sie glaubte, dass sie etwas Nettes sagte, weil sie nicht wusste, wie schlimm die Dinge standen. Sie hatte nicht die gesamte Habe unserer Mutter in dem Van gesehen.
    Meine Mutter blickte auf und schüttelte den Kopf. Sie wirkte nicht besonders betroffen. »Nein«, erwiderte sie. »Nein, ich bereue nicht, was ich getan habe. Aber ich will nicht, dass du es auch so machst.«
    Elise ließ sich langsam zurücksinken. Ihr Lächeln wurde zu einem Grinsen. Ihrer Meinung nach hatte sie die Diskussion gerade für sich entschieden. »Das ergibt doch überhaupt keinen Sinn«, behauptete sie.
    Meine Mutter zuckte die Achseln und sah erst Elise, dann mich an. Sie schob ihre halb aufgegessene Pizza weg.
    »Nein, das tut es nicht«, sagte sie. »Ich weiß.«
    Kurz nach dem Abendessen hatte Elise mit meinem Vater so ziemlich dieselbe Auseinandersetzung - bloß lauter. Die arme Susan O'Dell saß da und starrte in ihren Eierpunsch, als sich mein Vater immer mehr über die Vorstellung aufregte, dass Elise eine nichtberufstätige Mutter werden würde. Er stand auf, lief im Esszimmer hin und her und hätte beinahe den Tisch mit der

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