Weil wir glücklich waren - Roman
übernachten, hatte sie mich angeschaut, als sei ich nicht ganz bei Trost. »Etwas Schlimmes passiert nur dann, wenn man ständig daran denkt. Dann zieht man es praktisch an«, hatte sie mit der rechtmäßigen Autorität einer Person gesagt, die es geschafft hatte, sich mit weniger als fünfzig Dollar zwei Wochen lang in Kalifornien durchzuschlagen.
Der Fahrer drehte sein Fenster herunter und spähte zu mir hinaus. Er trug eine John-Deere-Kappe.
»Was machst du denn da?« Seine Stimme klang beruhigend freundlich.
Ich zog die Kapuze unter mein Kinn, so, dass mein Mund wieder frei war. »Ich hatte einen Unfall mit meinem Auto.« Mein Auto, dachte ich. Ich hatte einen Unfall mit meinem Auto gehabt. An Jimmy wollte ich nicht denken.
»Was?« Er legte eine Hand hinter sein Ohr.
Ich hielt meine Hände wie einen Trichter vor meinen Mund. »ICH HATTE EINEN AUTOUNFALL!«
»Ach so«, sagte er. »Du und alle anderen. Willst du mitfahren?«
Ich schüttelte höflich den Kopf, als würde ich einen Becher heiße Schokolade ablehnen. »Aber könnten Sie vielleicht die Autobahnpolizei für mich anrufen?«
»Klar.« Er legte eine Hand auf den Fensterrahmen. »Wird aber 'ne Weile dauern.« Er nickte mit dem Kopf unbestimmt nach hinten. »Die haben heute jede Menge Arbeit.«
Ich schaute zurück und nickte auch, sagte aber nichts. Wir standen da wie zwei Farmer, die sich über das Wetter unterhielten. Der Regen peitschte hart gegen mein Kinn. Ich schnürte meine Kapuze wieder fest zu. Der Motor des Lasters ächzte und knurrte, und beim Einatmen schmeckte ich Öl.
»Du wirst hier draußen ganz schön frieren. Wo soll's denn hingehen?«
»Bloß zu der Tankstelle da.« Ich hob einen Arm und zeigte zu ihr hinüber, als ob es eine andere Richtung gegeben hätte, in die man hätte gehen können.
»Komm schon, steig ein. Wir sind in ein paar Minuten da.«
Ich schaute zu ihm hinauf. Er war glatt rasiert, lächelte und schien nicht viel älter zu sein als ich. Wie ein Killer sah er nicht aus. Es musste frustrierend sein, wenn man ein netter Mann war, dachte ich, nett und hilfsbereit, und sich die Frauen trotzdem immer fragten, ob man sie nicht ermorden wollte.
»Du erfrierst hier draußen«, sagte er. »Und es ist gefährlich, zu Fuß auf der Autobahn zu gehen.« Dann lachte er auf eine Art, die erkennen ließ, dass er tatsächlich frustriert war. Er dachte wie ich. Mein Verhalten war albern. Ich machte ein paar zaghafte Schritte auf die Fahrerkabine zu, und die Tür sprang auf. Ich hatte Probleme, mich hochzuhieven - das Trittbrett schien für jemanden mit weit größerer Schrittlänge gedacht zu sein. Aber als ich endlich oben ankam, war da ein Beifahrersitz mit Sicherheitsgurt. Ich spürte den warmen Luftstrom einer guten Heizung, schloss die Tür und rutschte mit einem Seufzer auf den Sitz.
»Besser?« Er legte den Gang ein und lächelte, sodass sich um seinen Augenwinkel Lachfältchen bildeten. Die Kabine roch nach Zwiebeln, und ein Paar schwarze Socken lag zum Trocknen auf dem Armaturenbrett, aber die Wärme fühlte sich gut an. Eine Plastiktüte, die mit Fastfood-Packungen und leeren Pappbechern vollgestopft war, baumelte direkt über meinen Knien an einem Halter.
»Viel besser.« Es war mir peinlich, dass ich zunächst gezögert hatte. Ich hoffte, es mit Dankbarkeit wiedergutmachen zu können. »Vielen Dank«, sagte ich. »Das ist wirklich sehr nett von Ihnen.« In der Kabine war es fast unangenehm warm. Ich schob meine Kapuze zurück und nahm meine Mütze ab.
Er schaute kurz zu mir herüber und dann wieder auf die Straße. Ich konnte hören, wie Eis an die Scheibe schlug, aber ihm schien es nichts auszumachen - nicht einmal, als der Laster schneller wurde. Er trug Jeans und ein Flanellhemd, als ginge ihn das Wetter draußen nichts an.
Er nickte mit dem Kopf in die Richtung meiner Büchertasche. »Du gehst zur Uni?«
»Ja.« Ich staunte, wie weit oben wir saßen. Noch nie zuvor war ich in einem LKW mitgefahren. »Kansas University.«
»Klasse.« Er schnippte mit den Fingern und ahmte mit Daumen und Zeigefinger eine Pistole nach. »Rock Chalk Jayhawk.« Das war das Uni-Maskottchen.
»Hipp, hipp, hurra!«, entgegnete ich und hob müde einen Arm.
»Das ist in Lawrence, stimmt's?«
Ich nickte.
Er warf mir einen Blick zu, der mir wieder das Gefühl gab, albern zu sein. »Das liegt direkt auf dem Weg. Wohnst du da? Ich kann dich hinbringen.«
Ich machte den Mund auf, aber wieder fiel mir nicht ein, was ich sagen sollte.
Weitere Kostenlose Bücher