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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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ihrem Mund. Offensichtlich kaute sie schon wieder Kaugummi. Sie machte eine Blase und ließ sie zerplatzen. Sie war kein Typ für Kaugummi.
    »Mom, das ist eine wunderschöne Lampe. Und sie hat ihr gehört. Du kannst sie nicht zu Goodwill bringen.«
    Sie spielte mit den Autoschlüsseln herum. »Ich kann tun und lassen, was ich will«, sagte sie.
    »Dann nehme ich sie. Bring sie nicht zu Goodwill. Ich möchte sie haben.«
    »Nein.«
    »Was? Warum nicht?« Bowzer wandte den Kopf, warf mir einen trüben Blick zu und wackelte mit seinen silbrigen Augenbrauen.
    »Lass es einfach.« Ihre Stimme war leise, aber fest. Es war dieselbe Stimme, die sie benutzt hatte, um mir zu befehlen, einen Legostein aus dem Mund zu nehmen, als ich klein war. »Okay, Veronica? Lass es einfach gut sein.«
    Sie schaute nicht in meine Richtung, sondern nach vorne. Dabei kaute sie den Kaugummi schnell und angestrengt; ihr Mund war geschlossen, an ihrer Schläfe pulsierte eine Ader.
    Ich reichte ihr Bowzer. Er kuschelte sich in ihren Schoß und legte sein Kinn auf ihren linken Arm.
    »Tschüss, Liebes«, verabschiedete sie sich. »Ich hab dich lieb.« Sie schaute mich nicht an. Wir hatten überhaupt nicht daran gedacht, bei einem Abfallcontainer zu halten, um den Müll loszuwerden, aber etwas an ihrem Gesicht verriet mir, dass ich das jetzt lieber nicht erwähnen sollte. Ich stieg aus, öffnete die hintere Schiebetür, nahm beide Mülltüten heraus und trug sie zum Eingang des Wohnheims. Draußen war es noch nicht dunkel, trotzdem wartete sie mit laufendem Motor, bis ich im Haus war.
    Ein paar Minuten später dämmerte es mir. Als ich im Fahrstuhl stand, war mir dann immerhin schon klar, dass sie bei mir nie auf Bewährung gewesen war. Sie war meine Mutter und würde immer meine Mutter sein. Also hätte sie mich auch wegen Jimmy und seinem Haus löchern können, wenn sie denn gewollt hätte. Und das wusste sie. Sie ließ mir meine Geheimnisse nicht aus schlechtem Gewissen, Achtung oder irgendeinem anderen Grund, der etwas mit mir zu tun hatte. Vielmehr hatte sie heute einfach einen Präzedenzfall geschaffen und keinen Ärger provoziert, weil sie ihre eigenen Geheimnisse hatte.

Kapitel 9
    Clyde-vom-dritten-Stock wartete vor meiner Tür.
    Als er meine Schritte hörte, drehte er sich um, und einen Moment lang freute ich mich, ihn zu sehen. Er war einfach so ein hübscher Anblick mit den Haaren, die sich um seine Ohren lockten, und dem unbeschwerten, fröhlichen Lächeln. Er sah aus, als ob er auf die Leinwand gehörte - sieben Meter groß -, um jemand Schönes aus einem schönen Land zu spielen, und nicht wie jemand, der einfach vor meinem Zimmer in einem Studentenheim in Kansas auftauchte.
    Und trotzdem kam es darauf nicht an.
    Ich begann gleich draußen auf dem Flur mit meinen Erklärungen. Es war sowieso kein Mensch in der Nähe, und angesichts dessen, was ich zu sagen hatte, wäre es komisch gewesen, ihn in mein Zimmer zu bitten. Und es erschien mir sinnlos, wenn nicht sogar gemein, ihn zuerst reden zu lassen, weil nichts, was er sagen könnte, auch nur den geringsten Unterschied machen würde. Es wäre egal, wenn sich herausstellen würde, dass er nicht nur der Adonis des Studentenwohnheims, sondern dazu auch noch nett, klug oder witzig war. Mir wäre es egal. Das sagte ich ihm, wobei ich mich bemühte, ihm in die Augen zu schauen und nicht stattdessen auf die gelben Betonziegelwände oder den grauen Teppichboden zu starren, um nicht wie ein Feigling auszusehen. Ich verschränkte die Hände vor der Brust, dann hinter meinem Rücken. Die Abfalltüten hatte ich im Müllraum im ersten Stock gelassen; meine Bücher waren hinter mir in meinem Rucksack, und ich wünschte, ich hätte irgendetwas gehabt, um mich daran festzuhalten. Ich sagte ihm, dass ich vorletzte Nacht einen Fehler gemacht hätte und dass es mir peinlich sei, was aber nichts mit ihm zu tun habe. Dann erzählte ich ihm von meinem Freund und davon, dass ich mir - obwohl ich diese Beziehung wahrscheinlich vergeigt hätte - nicht sicher sei, ob es völlig aus wäre. Ich wolle nicht noch mehr anrichten und meine Chancen noch weiter verschlechtern.
    Marleys Tür stand offen. Ich konnte ihren Schatten auf dem Flurboden sehen; sie war gleich um die Ecke und bekam alles mit.
    »Okay«, erwiderte er ruhig. Schon wandte er sich zum Gehen. »Kein Problem. Ich verstehe das.«
    Ich sah ihm nach und befürchtete, dass er es ganz und gar nicht verstand. Es war fast schon ein alter Witz, jemanden

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