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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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auf den Staubsauger, der wieder auf ein paar Decken auf dem Rücksitz lag.
    Sie öffnete die Beifahrertür für mich und ging dann zur Fahrerseite hinüber. Mein Sitz war mit einer halb leeren Schachtel Wheaties-Frühstücksflocken und leeren Diätcola-Dosen übersät. Auf der Fußmatte stand Bowzers Fressnapf, daneben ein alter Joghurtbecher mit Wasser. Ich schob die Sachen mit meiner freien Hand beiseite und stieg, Bowzer immer noch auf dem Arm, ein. Sobald meine Mutter im Auto saß, winselte er und versuchte, über den Schalthebel hinweg auf ihren Schoß zu springen, aber ich hielt ihn fest. Resigniert legte er sein Kinn auf meinen Arm. »Schon gut«, tröstete ich ihn und streichelte seine Brust. Seine Fetttasche hatte er immer noch, aber davon abgesehen war er schrecklich dünn. Ich konnte seine Knochen unter dem Fell fühlen.
    Ich war sechs gewesen, als mein Vater ihn in einem Plastikkorb mit nach Hause gebracht hatte, mit seinem leisen Kläffen, seinen großen Welpenpfoten und der roten Schleife um den Hals. Meine Mutter war gar nicht begeistert gewesen. Sie hatte keinen Hund gewollt. Eine Katze, hatte sie zu meinem Vater gesagt, vielleicht eine Katze, aber ein Hund sei zu viel Arbeit. Doch in dem Moment, als Bowzer mit seiner roten Schleife um den Hals aus dem Korb kroch, war sie überstimmt gewesen. Elise und ich hatten gequietscht vor Freude und waren nach draußen gelaufen, um mit ihm zu spielen. Es war ein sonniger Herbstnachmittag gewesen, und die Luft hatte nach verbranntem Laub gerochen. Mein Vater schnitzte auf der hinteren Veranda an einem Kürbis, während Elise und ich im Kreis herumliefen und uns von dem noch nicht abgerichteten Welpen jagen und nach den Fersen schnappen ließen.
    Irgendwann kam meine Mutter mit einem Geschirrtuch in der Hand zur Hintertür heraus. Sie lächelte zuerst meinen Vater und dann uns an. Sie stützte ihre Ellbogen auf das Verandageländer und schaute uns lange beim Spielen zu, die Nase in die frische Herbstluft gereckt. Bald darauf schnitt sich mein Vater mit dem Schnitzmesser, und es gab ein großes Geschrei, ein blutgetränktes Geschirrtuch und eine überstürzte Fahrt in die Notaufnahme. Aber ich erinnere mich, dass sie davor, als sie auf der Veranda stand und uns allen zuschaute, glücklich ausgesehen hatte.
    Wir fuhren eine Weile, ohne zu sprechen. Die Straßen waren trocken, aber meine Mutter war wie immer vorsichtig und nahm die Kurven langsam. Hinter uns hupte jemand, aber sie schien es gar nicht zu hören.
    An einer Ampel blieben wir stehen. Außer Bowzers rasselndem Atem und dem Surren des Motors war kein Laut zu hören. Ich schaute meine Mutter an und grübelte. Vielleicht war sie gerade dabei, umzuziehen. Vielleicht zog sie irgendwohin und wollte nicht, dass ich es wusste - zum Beispiel zu einem Freund, irgendeinem Freund, zu jemandem, der nicht mein Vater war. Vielleicht war der schlafende Dachdecker wieder da. So ergab alles einen Sinn. An diesem Morgen hatte sie das unordentliche, gehetzte Aussehen eines Menschen gehabt, der nachts nicht in seinem eigenen Bett geschlafen hat. Es war mir egal, ob es der Dachdecker war oder ein anderer. Sie hatte die Nacht bei einem Mann verbracht, der nicht mein Vater war, und ich wollte nichts davon wissen.
    Die Ampel sprang um, und wir fuhren weiter. Sie stellte das Radio an, Countrymusik. Ich langte an Bowzer vorbei und drehte das Radio aus.
    »Was soll das ganze Zeug im Wagen? Ziehst du um? Ziehst du an einen Ort, den du geheim halten willst?«
    »Du hast nicht über das Radio zu entscheiden.« Sie streckte eine Hand aus und schaltete es wieder an. Es lief gerade Werbung, und sie drehte weiter. Es war der Collegesender, Eminem, aber das schien sie nicht zu interessieren. »Ich fahre. Es ist mein Wagen. Ich entscheide, ob das Radio läuft oder nicht.«
    Bowzer zitterte leicht. Ich schlang die Decke wieder um ihn. Die Heizung im Van funktionierte immer noch nicht.
    »Ich will nur ein paar Sachen zu Goodwill bringen«, antwortete sie mir dann. »Keine große Affäre.« Sie fuhr auf den Parkplatz des Wohnheims. Vor dem Haus standen ein paar Leute herum. Ich hielt den Atem an und schaute mich nach Clyde um.
    »Ich bin dabei, ein bisschen zu entrümpeln, verstehst du?« Ihre Stimme war ausdruckslos. »Mein Leben einfacher zu gestalten.«
    Ich drehte mich um und begutachtete die Kartons und die Möbelstücke, die auf den Rücksitz gequetscht waren. »Du willst Omas Lampe zu Goodwill bringen?«
    Ihre Zunge bewegte sich in

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