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Weil wir glücklich waren - Roman

Weil wir glücklich waren - Roman

Titel: Weil wir glücklich waren - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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den Boden kehren oder so etwas. Ich könnte die Fenster putzen. Dann wäre es hier heller.«
    »Das geht schon so«, wehrte ich ab. »Du musst gar nichts machen.«
    Sie schaute mich an. »Ich arbeite erst wieder ab Donnerstag.«
    »Oh«, sagte ich. »Okay.«
    »Meine Abteilungsleiterin hat mir ein paar Tage frei gegeben.« Sie schob sich ihre Haare hinter die Ohren. »Ich habe am Samstagabend, nachdem ich alles im Van verstaut hatte, noch gearbeitet.« Sie redete schnell und verdrehte die Augen, als wäre sie gelangweilt von ihrer eigenen Geschichte. »Ich kam natürlich zu spät, und als ich endlich da war, sah ich wohl ein bisschen ... zerzaust aus.« Sie nahm sich einen Bagel aus der Tüte. »So nannte sie es, meine Abteilungsleiterin. Sie ist ein bisschen älter als du. Oder vielleicht auch jünger.« Sie lächelte. »Lindsay. Sie schlug vor, ich solle mir ein paar Tage frei nehmen.« Dann brach sie ein Stück von dem Bagel ab, beugte sich vor und hielt es Bowzer hin. »Ich glaube nicht, dass sie ein Nein von mir akzeptiert hätte.«
    Bowzer wandte seine Schnauze von dem Bagel ab. Meine Mutter runzelte die Stirn, betrachtete das Stück, das er abgelehnt hatte, und steckte es sich selbst in den Mund.
    »Wie auch immer ...« Sie hielt sich beim Kauen höflich eine Hand vor den Mund. »Keine Sorge. Ich gehe tagsüber irgendwohin, in ein Café oder so. Für heute bist du mich los. Ich komme erst spät zurück.« Erneut runzelte sie die Stirn. »Ach, übrigens, weißt du was? Ich glaube, ich habe mein Handy verloren. Vielleicht ist es in einer der Taschen. Kannst du mich bitte kurz anrufen?«
    Ich biss ein Stück von meinem Bagel ab und hob einen Finger, um ihr zu sagen, dass sie kurz warten müsse. Ich überlegte, was ich ihr sagen sollte. Es wäre keine gute Idee, ihr zu verraten, dass Jimmy Liff ihr Handy hatte. Lieber sollte sie denken, dass sie es verloren hatte, bis ich es ihr zurückgeben konnte. Außerdem, wenn ich jetzt anfing, ihr die ganze Geschichte zu erzählen, würde ich nie aus dem Zimmer kommen.
    »Du kannst es von dort versuchen«, schlug ich vor und zeigte mit dem Kopf auf das Festnetztelefon an der Wand. »Ich muss den Bus erwischen.«
    »Entschuldige«, erwiderte sie. »Ich wollte dich nicht aufhalten.«
    Ich wickelte meinen Schal um den Hals und ging schnell zur Tür. Als ich sie aufmachte, stand Marley Gould vor mir. Sie trug ihr Rüschennachthemd, aber sie hatte rosa Lippenstift und Rouge aufgetragen. Sie legte den Kopf zur Seite und versuchte, an mir vorbeizuschauen.
    »Ist deine Mom noch da?«
    »NEIN«, sagte ich laut und stellte mich vor sie. »MEINE MOM IST WEG. SIE IST NICHT MEHR HIER.«
    Hinter mir hörte ich das Öffnen der Schranktür und das Klimpern von Bowzers Halsband. Ich blickte Marley mit einem breiten Lächeln starr in die Augen, bis ich hörte, wie die Schranktür geschlossen wurde.
    »Oh.« Sie schaute auf meine Tür. »Mit wem hast du gesprochen?«
    »Ich habe telefoniert. Brauchst du etwas?« Sie hatte ihr Haar schon zu Zöpfen geflochten, um jedes Ende eine rosa Schleife gebunden, und sie roch leicht nach Orangensaft. Ich fragte mich, ob sie schon unten gewesen war, um zu frühstücken. Manche Studenten gingen im Nachthemd oder Schlafanzug in die Kantine, als ob sie immer noch zu Hause lebten und nur nach unten schlurfen müssten, um Pfannkuchen mit ihren Eltern zu essen - und nicht in eine öffentliche Kantine gehen, in der täglich viertausend Menschen ihre Mahlzeiten einnahmen.
    »Ich dachte bloß, ich hätte deine Mutter gehört«, sagte Marley. »Wahrscheinlich klingt deine Stimme wie ihre.« Forschend sah sie mich an. »Gestern Abend habe ich sie kennengelernt. Sie war echt nett, hat mich alles Mögliche über Musik gefragt. Hat sie dir das erzählt?«
    »Sie hat es erwähnt«, antwortete ich. Ich schob meinen Mantelärmel hoch und sah auf die Uhr. Ein normaler Mensch hätte das als Aufforderung verstanden, aus dem Weg zu gehen.
    »Und sie ist sehr hübsch. Unglaublich, dass sie deine Mutter ist.« Sie schüttelte den Kopf und hielt sich einen Zopf beschämt vor die Augen. »Nicht, weil sie hübsch ist, meine ich. Ich meine, weil sie so jung aussieht.«
    Ich gab den Versuch auf, an ihr vorbeizugehen, lehnte mich mit verschränkten Armen an meinen Türrahmen und versperrte so nach wie vor den Eingang. Aber ich lächelte, womit ich sie mehr oder weniger aufforderte, weiterzureden. »Ja!«, stimmte ich zu, wobei meine Stimme nur ein kleines bisschen lauter war als

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