Weine ruhig
neugierig und fragte, was wir wollten. Vater fragte, ob wir eintreten dürften, und der Mann nickte. Er sagte, dass wir ein Versteck suchten, und fragte, ob er uns helfen und uns beherbergen könne. Natürlich würden wir dafür bezahlen.
Das Haus bestand aus einem einzigen Zimmer und war spärlich möbliert. Die junge Frau des Bauern sah nach einem Säugling, der in einer Ecke des Zimmers in einer Wiege lag und schlief. In der Ecke gegenüber stand ein sehr breites Bett, hoch beladen mit Federkissen und Decken, so wie es in den Häusern der Bauern üblich war. Außerdem gab es eine Holztruhe. An einer Stelle des Zimmers befand sich eine Nische mit einem Gasherd und einem Abzugsrohr. Ein paar Küchenutensilien hingen an der Wand hinter den Kochplatten. Trotz der Ärmlichkeit wirkte das Zimmer angenehm warm, wir entspannten uns sogleich und fühlten uns wie zu Hause - ein Gefühl, das wir fast vergessen hatten. Im Ofen brannte ein Feuer. Die züngelnden Flammen warfen tanzende Schatten an die Wände und trugen zur Beleuchtung des dunklen Zimmers bei, in dem eine Petroleumlampe trübes Licht verbreitete. Die Wände waren kahl, bis auf ein großes Kruzifix.
Der Mann willigte sofort ein, uns für einige Zeit bei sich aufzunehmen. Er werde mit seiner Frau in der Scheune auf Stroh schlafen, und wir könnten in ihrem Bett nächtigen.
Wir trauten unseren Ohren nicht. Wir waren unendlich erleichtert und zutiefst dankbar. Einen Moment überlegten wir, ob es sich um eine Falle handelte. Aber wir merkten, dass er ehrlich war und uns helfen wollte. Er und seine Frau reichten uns etwas zu essen, und wir schlangen das Brot und den Käse gierig in uns hinein. Vater bot Jozef, so hieß der Bauer, Geld für Unterkunft und Verpflegung an. Jozefs Augen leuchteten, als er die Summe hörte, die Vater ihm offerierte, und war sofort einverstanden. Er versprach, uns so viel Proviant mitzugeben, wie er auftreiben könne. Er war auch bereit, uns für mehr als eine Nacht zu beherbergen, »bis der Krieg hoffentlich bald zu Ende ist und ihr in euer eigenes Haus zurückkehren könnt«, sagte er freundlich.
Er und seine Frau gingen zur Scheune, die gleichzeitig als Stall für ihre Kuh diente, um ihr Nachtlager zu richten. Als wir allein waren, sahen wir einander an, konnten unser Glück kaum fassen. Wir waren froh, die Nacht nicht unter den Sternen verbringen zu müssen. Dann legten wir uns erschöpft auf das breite Bett und dankten Gott, dass er uns auf unserem Weg geleitet und zu diesem Zufluchtsort geführt hatte.
Wir blieben eine Woche oder vielleicht zehn Tage bei diesem mitfühlenden und hilfsbereiten Bauern. Seine Frau erbot sich, unsere Kleidung zu waschen. Sie kochte uns eine schmackhafte Kaninchensuppe, doch Vater weigerte sich weiterhin, nicht koscheres Essen anzurühren, und begnügte sich mit Brot, Milchprodukten und Gemüse. In dieser Woche regnete es ununterbrochen, und wir hatten wirklich großes Glück, ein Dach über dem Kopf zu haben und nicht im Wald hausen zu müssen.
In der Zeit, die wir bei ihnen verbrachten, bekamen unsere Gastgeber keinen Besuch, vielleicht lag es an dem schlechten Wetter und der Herbstkälte. Wir halfen, Erbsen zu pulen und Getreide zu sieben. Jeden Abend bezahlte Vater die vereinbarte Summe, und alles verlief ruhig.
Aber eines Tages platzte Jozef in heller Aufregung ins Haus. Er hatte schlechte Nachrichten: Wir müssten heute noch gehen, weil deutsche Truppen ins Dorf gekommen seien. Sie seien auf dem Rückzug von der Front und beabsichtigten, für einige Zeit im Dorf zu bleiben. Sie würden sich selbstverständlich nach Unterkünften umsehen, und wir wären alle in großer Gefahr, wenn sie uns fänden.
Schweren Herzens beschlossen wir, das Haus zu verlassen, das uns seine Tür geöffnet hatte, so wie seine Bewohner uns hernach ihre Herzen geöffnet hatten. Jozef sagte, er werde uns ein Stück begleiten und uns den Weg zum Nachbardorf zeigen, das Jarok hieß. Dort würden wir sicherlich jemanden finden, der uns hilft. Als die Nacht hereinbrach, nahmen wir tränenreich Abschied von seiner Frau. Sie gab uns etwas zu essen mit auf den Weg und auch das kleine Bündel mit den Kleidern, die sie für uns gewaschen hatte. Wir verließen das Haus und waren äußerst niedergeschlagen.
In Jozefs Begleitung brachen wir auf. Wir waren alle sehr bewegt. Meine Schwestern weinten und flehten Mutter und Vater an, in dem Haus bleiben zu dürfen, das wir in der kurzen Zeit alle sehr lieb gewonnen hatten. In der
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